Was assoziiert man mit künstlicher Intelligenz? Autonomes Fahren vielleicht, Logistik oder Fortschritte in der Medizin. Dabei wissen viele nicht, dass sich die Forschung zu künstlicher Intelligenz inzwischen auch mit Kunst und Kultur beschäftigt. Fast unglaublich, dass KI sogar noch mehr kann als die Wissenschaft zu bereichern: Sie komponiert Lieder, schreibt Gedichte oder malt Bilder. Der weltberühmte Aktionskünstler Joseph Beuys propagierte in seinem Schaffen den Leitspruch „Jeder Mensch ist ein Künstler.“ Aber was ist mit Computern? Kann ein Algorithmus echte Kunst schaffen?
Ein Beispiel für eine KI, die primär dem künstlerischen Werk dient, ist die Software DALL-E. Sie nimmt Beschreibungen in Textform auf und generiert daraus Bilder. Das System des Unternehmens OpenAl gibt es nun schon in zwei Ausführungen, wobei die zweite Version bereits existierende Fotos bearbeiten kann. Bei dem Namen des Programms handelt es sich um ein Kofferwort, das sich aus dem Namen des Künstlers Salvador Dalí und Wall-E aus dem gleichnamigen Pixar- Film zusammensetzt. Die erste Version von DALL-E, die OpenAl im Januar 2021 herausbrachte, hatte aber noch sehr beschränkte Fähigkeiten. Das eigentliche Wunderkind DALL-E 2 steht bisher nicht zur öffentlichen Nutzung bereit. Nur KI-Forscher:innen können sich online für das System anmelden und Zugang bekommen.
Das Programm nutzt einen Prozess, der mit einem Muster zufälliger Punkte beginnt und dieses ändert, wenn es bestimmte Aspekte eines Bildes erkennt. Die generierten Bilder, die öffentlich zugänglich sind, sehen unglaublich gut aus. Wenn die KI wirklich so funktioniert, wie es aktuell von außen wirkt, würde das die Kunstwelt mit Sicherheit beeinflussen. Wie genau, lässt sich bis jetzt nicht absehen. Langfristig soll die Software aber auch weitläufig zugänglich sein und öffentlich vertrieben werden.
„Kann ein Computer kreativ sein?“
„Diese Form der KI sammelt Erfahrungen, analysiert Strukturen, löst sich dann von der Vergangenheit und schafft auf dieser Basis etwas Neues, Überraschendes. Anders macht das ein kreativer Mensch auch nicht“, sagt Matthias Bethge, ein Tübinger Neurowissenschaftler im Interview mit der Bundesregierung 2020. Bethge erforscht, wie unser Gehirn die Welt wahrnimmt, und versucht, seine Funktionsweise in ein mathematisches Modell zu übertragen. Sind Künstler:innen langfristig vielleicht ersetzbar? Kann ein Computer kreativ sein, und welchen Wert hat Kunst dann noch? Das computergenerierte Gemälde „Portrait of Edmond Belamy“ wurde im Oktober 2018 für 432 000 US-Dollar verkauft und löste eine nicht endende Debatte aus. Hat der Computer oder der Mensch hinter der KI das Kunstwerk erschaffen? Kann man Maschinen überhaupt als kreativ beschreiben? Eine KI schafft Kunst nicht, um etwas auszudrücken, sie tut dies nur unter bestimmten Anweisungen.
Große Kunst zeichnet sich dadurch aus, dass sie mit Konventionen bricht. Es ist fraglich, ob Algorithmen jemals etwas noch nie Dagewesenes werden schaffen können. DALL-E und Konsorten scheinen bloß auf Altem zu beruhen und werden die menschliche Kunstwelt wohl noch nicht völlig ersetzen.
...studiert Politikwissenschaften und Literaturwissenschaft und schreibt seit dem Wintersemester 2021/22 für den ruprecht. Nach langer Zeit in der Leitung widmet sie sich nun hauptsächlich Meinung, investigativen Recherchen und gesellschaftskritischen Themen.