„Anfänglich habe ich meine Symptome mit der Wirkung von Alkohol verwechselt. Erst zwei Tage später war mir dann klar, dass es K.o.-Tropfen waren.“ Karla, Jurastudentin aus Heidelberg, wollte einfach nur ganz normal feiern, als ihr K.o.-Tropfen verabreicht wurden. „Mir wurde innerhalb von wenigen Minuten extrem übel und schwindelig. Ich bin dann mit meiner Freundin zur Toilette, das habe ich kaum noch geschafft, weil ich so schwach in den Beinen war. Dort musste ich mich dann andauernd übergeben.“ An die Taxifahrt kann sich Karla kaum noch erinnern, nur, dass sie sich zuhause wieder und wieder übergeben musste.
Der Begriff K.o.-Tropfen fasst einige Substanzen mit ähnlichen Effekten zusammen, darunter Schwindel, Übelkeit, Gedächtnis- und Kontrollverlust. Zu diesen Substanzen gehört GHB, das auch als Liquid Ecstasy bekannt ist.
Auch in Heidelberger Clubs: „Ist Luisa hier?“
Neben dem „Drink Spiking“, durch das Karla die Tropfen verabreicht wurden, kommt es in den letzten zwei Jahren außerdem vermehrt zu „Needle Spiking“. Dabei werden den Betroffenen die Drogen mit einer kleinen Nadel direkt unter die Haut gespritzt. Das klassische „penibel aufs Getränk Aufpassen“ hilft hier auch nicht mehr.
Das Testen auf solche Drogen gestaltet sich äußerst schwierig. Im Laufe von 24 Stunden sind sie nicht mehr in Blut oder Urin nachweisbar. In Frankreich wurden seit Jahresbeginn bereits mehr als 100 Fälle gemeldet, in Großbritannien sogar über 1300. Die Dunkelziffern liegen noch deutlich höher – die wenigsten Fälle dieser Straftat werden angezeigt. Inzwischen gibt es zwar Armbänder, Nagellacke oder Strohhalme, die K.o.-Tropfen im Getränk nachweisen sollen, jedoch schlagen diese nur auf einen einzelnen Wirkstoff, zumeist GHB, an.
Deutschlandweit gibt es außerdem immer mehr Clubs, die bei der „Ist Luisa hier?“ Kampagne mitmachen, beispielsweise die Halle02 in Heidelberg oder die Villa Nachttanz. Mit dieser Frage sollen Personen, die sich unwohl oder bedrängt fühlen, durch das Personal Hilfe erhalten.
Forderungen nach strengeren Einlasskontrollen und Täterprävention werden zudem lauter. „Inzwischen komme ich ganz gut damit klar, ich habe viel darüber geredet, das hat mir sehr geholfen“, so Karla. Wieder feiern zu gehen oder Alkohol zu trinken, kann sie sich noch nicht vorstellen. Anderen rät sie, sich direkt ärztliche Hilfe zu suchen, sobald man sich unwohl fühlt und nicht alleine zum Luftschnappen vor die Tür zu gehen.
Betroffenen steht die Gewaltambulanz des Universitätsklinikums rund um die Uhr zur Verfügung (+49 152 54648393). Außerdem ist der Frauennotruf unter 06221 18 36 43 oder bundesweit unter 08000 116 016 zu erreichen. Wer nach einer solchen Erfahrung reden möchte, kann sich an den Weißen Ring HD wenden (0151/55164767).
Zarah Janda studiert Molecular and Cellular Biology und ist seit dem Wintersemester 2020/21 beim ruprecht dabei. Am liebsten schreibt sie über Wissenschaft im Alltag.