Nicht erst seit der britischen Sitcom „The IT Crowd“ gibt es das schrullige Klischee vom nerdigen Informatiker, der in fensterlosen Kellern sitzt und seine Umgebung mit Tipps wie „Haben Sie es mit Aus- und Einschalten versucht?“ füttert. Doch das Image hat sich gewandelt: IT-Expert:innen sind nun in allen Branchen als Held:innen der Digitalisierung angekommen.
Es ist längst keine Frage mehr, ob ein Unternehmen sich digitalisiert, sondern eher wann und wie es das tut. Die Berufsgruppe der Informatiker:innen ist in den letzten zehn Jahren um 40 Prozent gewachsen. Trotz – oder gerade wegen – der Auswirkungen der Pandemie auf die Wirtschaft wurden 2021 etwa zwölf Prozent mehr ITler:innen gesucht als im Vorjahr; rund 96.000 Stellen blieben unbesetzt. Mit zahlreichen neuen Berufsfeldern im IT-Sektor und der Erkenntnis, wie existenziell die Digitalisierung ist, integriert sich die IT rasant in unseren Alltag: Ob in Form von Künstlicher Intelligenz oder Algorithmen, die Instagram-Feeds und Bewerbungsabläufe steuern – auch Nicht-ITler:innen sehen sich ständig mit der digitalen Welt konfrontiert.
Das zukunftsweisende Potenzial der Informatik haben nicht nur Unternehmen entdeckt, sondern auch die Geisteswissenschaften. Diese sind in Form der Digital Humanities eine Fusion eingegangen, die sogar traditionsbewusste Studienbereiche wie die germanistische Mediävistik dazu bringt, sich mit Programmiersprachen wie Javascript und X-Technologien wie XSLT und CSS auseinanderzusetzen. Ergebnis dieser interdisziplinären Kollaboration sind interaktive Editionen mittelalterlicher Schriften, die neue Forschungsansätze erlauben.
Auch für andere MINT-Fächer relevant
Um Studierenden in Heidelberg die Arbeitsbereiche der Informatikbranche näherzubringen und den Kontakt zu führenden Unternehmen im IT-Sektor zu fördern, gibt es seit 2018 die IT-Jobmesse. Michael Gertz, geschäftsführender Direktor des Instituts für Informatik, und Simone Lasser vom Career Service haben die Veranstaltung als Teil von heiSKILLS ins Leben gerufen. Dabei treffen im Neuenheimer Feld etwa 30 regionale, nationale und internationale Unternehmen auf rund 2 000 Studierende und Alumni, um über Möglichkeiten und Anforderungen des Berufseinstiegs zu sprechen.
Wie viele Veranstaltungen, die auf persönlichen Kontakt basieren, fiel auch die Jobmesse der Pandemie zum Opfer. Um den Studierenden eine Alternative zu bieten, wurde der digitale IT-Talk ins Leben gerufen. Dabei handelt es sich um eine dialogorientierte Veranstaltungsreihe mit namhaften Unternehmen, die regelmäßig circa 250 Zuhörer:innen anzieht.
Der IT-Talk gliedert sich in einen dreißigminütigen Fachvortrag über ein Unternehmen, aktuelle Projekte und Einstiegsmöglichkeiten. Anschließend wird das Gespräch zwischen Unternehmen und Studierenden von Gertz moderiert. Dabei werden fachliche Fragen geklärt und wertvolle Informationen zum Bewerbungsprozess geteilt.
IT-Talk und Jobmesse sprechen nicht nur die Informatik als Zielgruppe an – auch für andere MINT-Fächer sind die Veranstaltungen relevant.
Da aber die Digitalisierung uns alle betrifft, unterstreicht Gertz: „In Heidelberg wird an tollen Projekten mit IT-Elementen geforscht, gerade auch interdisziplinär. Daher richtet sich die Reihe an Studierende aus verschiedenen Disziplinen – zwar vornehmlich aus dem MINT-Bereich, aber durchaus auch an Geistes- und Sozialwissenschaftler:innen mit entsprechenden Interessen“.
Hierzu ergänzt Lasser: „Es heißt zwar IT-Jobmesse oder IT-Talk, aber auch Studierende anderer Fächer sollten die Chance nutzen, um Neues zu lernen und Kontakte zu knüpfen“. Und wenn sogar eine Disziplin wie die Mediävistik, die sich buchstäblich mit 1.000 Jahre altem Papier befasst, den Bedarf an IT-Knowhow erkennt, dann darf das durchaus jede:r von uns.
von Daniela Rohleder
...studiert Editionswissenschaft & Textkritik im Master und ist im Herbst 2021 beim ruprecht eingestiegen. Zwischen Oktober 2022 und November 2023 leitete sie das Ressort „Studentisches Leben“. Auch thematisch widmet sie ihr Zeichenlimit gerne dem studentischen Blick auf die Umwelt – wobei sie einiges über Radiosender, Feierkultur und Elternschaft gelernt hat.