Wegen der dramatischen Versorgungslage in deutschen Blutbanken wird zurzeit vermehrt dazu appelliert, Blut zu spenden. Das kostbare Rot ist nur 42 Tage haltbar und kann bis heute nicht künstlich produziert werden – deshalb sind kontinuierliche Spenden enorm wichtig für uns alle.
Die Statistik spricht für sich: Jede:r zweite Deutsche benötigt mindestens einmal im Leben eine Blutspende oder Medikamente, die aus Blut hergestellt werden. Das betrifft nicht nur Unfallopfer: Prozentual gesehen brauchen Krebspatient:innen das meiste Blut.
In Deutschland werden täglich 14 000 Blutpräparate benötigt. Lediglich drei Prozent der Bürger:innen spenden regelmäßig – für eine stabile Versorgung müssten es aber doppelt so viele sein. Trotzdem bricht die Zahl der Spenden gerade ein, teilweise um bis zu 30 Prozent. Cornelia Wolf, Leiterin der Blutspendezentrale am Institut für Klinische Transfusionsmedizin und Zelltherapie Heidelberg (IKTZ), berichtet, dass „geplante Operationen verschoben werden mussten und alle Mitarbeiter:innen an der Uniklinik über den Notstand informiert wurden“. Warum gehen wir also nicht einfach Blut spenden?
In Heidelberg spenden überwiegend Studierende oder Mitarbeitende der Universitätsklinik und der umliegenden Krankenhäuser Blut. Das reicht allerdings nicht, um den Mangel auszugleichen. Der ruprecht hat Studierende gefragt, warum sie noch nie gespendet haben. Genannt wurden unter anderem das Nichterreichen des Mindestgewichts, die Einnahme von Medikamenten, Eisenmangel oder die Angst vor Kreislaufproblemen und Nadeln.
Risikoreiches Sexualleben?
Als weiterer Grund wurde Sex zwischen zwei Menschen mit männlichen Geschlechtsorganen genannt. Das grundsätzliche Blutspendeverbot für diese Personengruppe aufgrund eines erhöhten HIV-Risikos wurde 2017 aufgehoben. Seit dem 24. September 2021 legen die Hämotherapierichtlinien ein viermonatiges Spendeverbot fest, wenn Spendewillige ein Sexualleben mit erhöhtem Übertragungsrisiko haben. Das Sexualleben der Personengruppe wird als risikoreich eingestuft, wenn sie in den letzten vier Monaten mit mindestens einem neuen Sexualpartner verkehrten.
Diese Frage steht auch im Zusammenhang mit den Richtlinien, wer Blut spenden gehen darf. In Deutschland ist jede Person zwischen ihrem 18. und 68. Lebensjahr, die über 50 Kilogramm wiegt, berechtigt, zu spenden. Damit sich der Eisenspiegel nach einer Spende wieder regulieren kann, dürfen Frauen alle drei Monate und Männer alle zwei Monate spenden. Infektionen wie HIV und Syphilis, eine Schwangerschaft, ein Aufenthalt in einem Malaria-Risikogebiet, regelmäßiger Drogenkonsum und Medikamentenmissbrauch, sowie die Erkrankung an einer mit Insulin behandelten Diabetes mellitus sind Ausschlusskriterien. Das Konsumieren von Cannabis führt zu einer zeitlichen Zurückstellung einer spendewilligen Person.
Schon vor der Pandemie wurden Blutkonserven zunehmend dringend benötigt. Entwicklungen wie der demografische Wandel haben zum Fehlen beigetragen: Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) Baden-Württemberg / Hessen gibt an, dass das Durchschnittsalter der Blutspender:innen bei 46 Jahren liegt, das der Erstspender:innen bei 31,5 Jahren. Durch die Altersgrenze beim Spenden fallen immer mehr treue Spender:innen weg, gleichzeitig benötigt die wachsende Gruppe der Älteren tendenziell mehr Blutkonserven.
Mit Blutspenden sich selbst helfen?
Viele Veranstaltungen werden momentan nachgeholt, daher gibt es ein riesiges Freizeitangebot. Und trotz der sommerlichen Temperaturen steigen die Inzidenzen, wodurch potenzielle Spender:innen durch Quarantäne verhindert sind. Auch werden Genesene momentan zwei bis vier Wochen zurückgestellt. Erschwerend kommt hinzu, dass nicht lebensnotwendige Operationen der letzten Jahre nun nachgeholt werden – dafür braucht es Blut. So trifft erhöhter Bedarf auf sinkende Spendenbereitschaft.
Dabei hilft man mit einer Blutspende nicht nur anderen, sondern auch sich selbst. So haben Mediziner:innen im Rahmen einer Studie herausgefunden, dass regelmäßiges Blutspenden bei Bluthochdruck helfen kann, das sogar bis zu sechs Wochen nach der Spende. Je regelmäßiger eine Person spendet, desto anhaltender ist der Effekt. Ein gesunder Blutdruck vermindert wiederum nachhaltig das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfällen.
In der selben Studie wurde beobachtet, dass regelmäßige Blutspender:innen sich leistungsfähiger und allgemein wohler fühlen. Außerdem beobachteten Forschende, dass Spender:innen verbesserte antioxidative Kapazitäten aufwiesen, weshalb vermutet wird, dass sie ein stärkeres Immunsystem haben. Zudem werden Spender:innen regelmäßig vor der Spende untersucht. Wenn die Vitalwerte, also Körpertemperatur und Hämoglobinwert, in Ordnung sind, wird man zur Spende zugelassen. Zusätzlich wird das Blut nach der Spende auf Infektionskrankheiten wie HIV, Syphilis oder Hepatitis untersucht. Sollte einer der Tests positiv sein, wird man benachrichtigt.
Mit Blutspenden der Ukraine helfen
Wer in Heidelberg Blut spenden möchte, hat die Möglichkeit, dies montags bis freitags in der Blutspendezentrale IKTZ zu tun. Einen Termin kann man im Vorfeld online vereinbaren. Die Spende selbst dauert in der Regel etwa 10 bis 15 Minuten. Mit Untersuchung und Vorbereitung sollten insgesamt 45 bis 60 Minuten eingeplant werden. Nach der Spende bekommt man im IKTZ eine Aufwandsentschädigung von 20 Euro, ein Lunchpaket und kostenlose Getränke.
Wer in Heidelberg noch etwas mehr helfen möchte, kann dies im IKTZ gleich doppelt tun: Die Heidelberger Doktoranden Daniel Azorín und Francisco Yanqui-Rivera vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) haben mithilfe von Cornelia Wolf die Spendenkampagne „Wir unterstützen die Ukraine“ ins Leben gerufen. Ziel ist es, ukrainische Geflüchtete in Heidelberg zu unterstützen. Hierfür arbeiten die Doktoranden mit der Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft Rhein-Neckar zusammen.
Die Kampagne läuft seit Mai 2022 und hat bisher mehr als 5000 Euro eingebracht. Die Spender:innen haben dabei keinen Mehraufwand: Man teilt den Mitarbeitenden vor Ort mit, dass die Aufwandsentschädigung von 20 Euro für die Kampagne bestimmt ist. „Es wird viel Unterstützung für die Ukraine benötigt. Außerdem fehlt es in Deutschland an Blutkonserven, Blutspenden werden dringend gebraucht. Wir möchten die Menschen darauf aufmerksam machen und dazu motivieren, Blutspenden zu gehen“, begründen Azorín und Yanqui-Rivera ihre Motivation.
Auch wer selbst nicht spendet, kann helfen. Als Ehrenamtliche:r beim DRK kann man sich auf vielen Ebenen engagieren: Von der Registrierung Spendenwilliger über Betreuung und Verpflegung nach der Spende bis hin zu Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gibt es einiges zu tun. „Ohne ehrenamtliches Engagement wäre die Blutspende, so wie wir sie kennen, nicht möglich“, heißt es auf der Website des DRK.
Unfälle, Operationen oder chronische Krankheiten – Spenden retten Leben, sogar bis zu drei pro Spende. Da die Spende an sich selten länger als zehn Minuten dauert, kann man kaum schneller Lebensretter:in werden.
von Daniela Rohleder und Lena Springfeld
...studiert Editionswissenschaft & Textkritik im Master und ist im Herbst 2021 beim ruprecht eingestiegen. Zwischen Oktober 2022 und November 2023 leitete sie das Ressort „Studentisches Leben“. Auch thematisch widmet sie ihr Zeichenlimit gerne dem studentischen Blick auf die Umwelt – wobei sie einiges über Radiosender, Feierkultur und Elternschaft gelernt hat.