Weltweit gibt es bereits viele Vorbilder – nun will auch Heidelberg die Normalisierung der Periode stärker in Angriff nehmen. Ab dem 1. September stellt die Stadt im Rahmen eines Pilotprojekts kostenlose Tampons und Binden zur Verfügung. Eingebracht wurde der Vorschlag von den Linken und Grünen, woraufhin der Gemeinderat das Vorhaben im Februar mit großer Mehrheit bewilligte.
Zunächst ist das Projekt allerdings auf vier Einrichtungen und einen Zeitraum von einem Jahr begrenzt. Laut Nicoline Erichsen vom Amt für Chancengleichheit ist dies vor allem der Datenlage geschuldet. Die Stadt sei zwar in engem Austausch mit anderen Kommunen gewesen, deren Erfahrungen sich meist mit den Ergebnissen aus Vorreiterländern wie Frankreich, Irland oder Neuseeland gedeckt hätten. Trotzdem habe sich schnell herausgestellt, dass es keine belastbaren Daten gebe.
Was die Standorte betrifft, hat man sich auf das Rathaus, das Bürgeramt Mitte in Bergheim, das Kulturhaus Karlstorbahnhof und die Geschwister-Scholl-Gemeinschaftsschule in Kirchheim geeinigt. Das Bürgeramt und das Rathaus wurden laut Erichsen aufgrund der hohen Frequentierung und der zentralen Lage ausgewählt. Mit dem Karlstorbahnhof und der Gemeinschaftsschule habe man vor allem eine junge und heterogene Zielgruppe erreichen wollen, bei letzterer sei auch das große Einzugsgebiet ausschlaggebend gewesen.
Ziel des mit 20 000 Euro geförderten Projekts ist vor allem die Enttabuisierung der Periode. Laut Erichsen rücke das Thema allein dadurch in den öffentlichen Diskurs, dass es im Alltag sichtbarer gemacht werde. Deshalb wird zeitgleich zum Projekt auch eine Öffentlichkeitskampagne anlaufen. „Damit soll gezeigt werden, dass Menstruationsartikel genau so normal sind wie Klopapier“, erklärt Erichsen. Zudem ist eine Kooperation mit der Beratungsstelle Pro Familia in Planung.
„Menstruationsartikel genau so normal wie Klopapier“
Im Amt für Chancengleichheit blickt man dem Projekt optimistisch entgegen. Dass die Abgabe kostenloser Tampons und Binden gut angenommen wird, hätten Initiativen des Stadtjugendrings, Jugendgemeinderats oder des „Feierbad“-Zelts bereits unter Beweis gestellt. An den Standorten des Pilotprojekts rechnet Erichsen mit einer Nutzung der Menstruationsartikel durch 10 bis 15 Prozent der menstruierenden Personen. Wie hoch die Inanspruchnahme tatsächlich ausfällt, soll eine wissenschaftliche Begleitstudie mit dem Universitätsklinikum ermitteln.
Erichsen betont, dass das Projekt vor allem auf die spontane Nutzung der Menstruationsartikel abzielt, und nicht etwa auf die Bekämpfung von Periodenarmut.
Neuseeland beispielsweise stattet seit einem Jahr alle Schulen mit kostenlosen Periodenprodukten aus. Premierministerin Jacinda Ardern begründete diesen Schritt vor allem damit, dass sich Periodenarmut negativ auf die Bildungschancen junger Frauen auswirke. Ihr zufolge verpasse jedes zwölfte Mädchen regelmäßig den Unterricht, weil es sich Menstruationsartikel nicht leisten kann.
Aber auch die Möglichkeit der spontanen Nutzung sei hilfreich: „Die ist vor allem in Schulen wichtig, da die Periode im jungen Alter oft überraschend einsetzt oder die Schülerinnen noch nicht so gut mit ihrem Zyklus vertraut sind“, so Erichsen.
Nach der einjährigen Testphase werden die Ergebnisse dem Ausschuss für Soziales und Chancengleichheit präsentiert, der den Erfolg des Projekts beurteilt. Ob Heidelberg dauerhaft kostenlose Tampons und Binden bereitstellen könnte, bleibt bis dahin abzuwarten.
Luzie Frädrich studiert Politikwissenschaft und Economics. Sie schreibt seit 2021 für den ruprecht. Ihr Interesse gilt insbesondere politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, darunter auch feministische Themen.