Blasphemie. Das war mein erster empörter Gedanke, als mir „How I Met Your Father“ auf der Suche nach einer neuen anspruchslosen Post-Vorlesungs-Serie vorgeschlagen wurde. Wie könnt ihr es wagen? War nach dem Ende des Sitcom-Klassikers „How I Met Your Mother“ (HIMYM) wirklich noch ein Spin-off nötig? In Anbetracht der Tatsache, dass HIMYM als Abklatsch der legendären Sitcom „Friends“ gilt: Ein Spin-off des Halb-Spin-offs? Wow!
Zugegeben, auch HIMYM ist nicht perfekt. Gerade das Ende hat nach neun Staffeln ohne Zweifel einige Herzen gebrochen und viele Zuschauer:innen enttäuscht zurückgelassen. Aber das kann von einem Spin-off nicht gerettet werden – und ganz sicher nicht von diesem. Die Mission von „How I Met Your Father“ ist es nun anscheinend, Salz in diese, fast vergessene, Wunde zu streuen – und zwar extra trashiges und sehr cringes Salz. So das Ergebnis meiner Recherche, die natürlich rein investigativ motiviert war.
Ähnlich wie bei HIMYM erzählt die Protagonistin Sophie ihrem Sohn rückblickend die Geschichte, wie sie seinen Vater im Jahr 2022 kennengelernt hat – mit einigen Umwegen über Tinder-Fails und Dating-Missverständnisse, die ihr Sohn genauso unangenehm findet, wie die Zuschauer:innen. Nicht mal er will die Geschichte hören, ist das denn kein Zeichen? Das Gesicht des Sohnes kennen wir übrigens nicht. Ein Vorteil, im Gegensatz zu HIMYM, wie einige Serienkritiker:innen finden: Dort stand das Ende bereits zu Beginn der Dreharbeiten fest, da die Reaktionen der Kinder gefilmt werden mussten, bevor diese zu auffällig für die Dreharbeiten altern würden. Das Ende musste also auch nach neun Jahren Ausstrahlungsdauer noch dasselbe sein, was den Drehbuchautor:innen offensichtlich dramaturgische Freiheiten raubte. Der direkte Effekt der Veränderung dieses kleinen Details ist jedoch weniger spannend: Zukunfts-Sophie spricht nun direkt in die Kamera zu den Zuschauer:innen, die Stimme des Sohnes kommt seelenlos aus dem Off.
Auch die Handlung dreht sich um das Immergleiche: Gesucht wird der oder die „Richtige“ und das nicht nur bei Sophie, sondern auch unter ihren Freund:innen, deren Namen ich mir aufgrund der Profillosigkeit der Charaktere kaum merken konnte. Auch hier sind Parallelen in der Personenkonstellation zu erkennen: Es gibt ein Langzeitpaar, das an Marshall und Lilly erinnert und mit einer drohenden Fernbeziehung zu kämpfen hat. Das Äquivalent zum Bro-Code-Verfechter Barney Stinson ist ein etwas planloser Brite mit Sixpack – wortwörtlich ein Englishman in New York – dessen Freundin die Mitbewohnerin von Sophie ist. Dieses Mal wird also nicht der kanadische Akzent von Robin gebasht, sondern der des Briten. Ob nächste Staffel wohl jemand aus Australien mit in die Clique aufgenommen wird, um sich noch mehr über sprachliche Identitäten lustig zu machen? Und dann ist da auch noch, der durch einen abgelehnten Heiratsantrag gedemütigte und dadurch viral berühmt gewordene, Jesse (neuer Ted, bist du es?). Seine Ex-Freundin kommt einem zudem merkwürdig bekannt vor – ist das nicht die eine Gehässige von Gossip Girl? Ach ja, die waren ja alle boshaft, deshalb habe ich nach einer halben Staffel aufgehört weiterzuschauen. Wie dem auch sei: Es fehlt die Action, es fehlen die Lacher, es fehlt der individuelle Wiedererkennungswert. Könnte man eine Serie verklagen, sollte man „How I Met Your Father“ nicht wegen Identitätsdiebstahl, sondern wegen der traurigen Wiederverwertung der Identität belangen. Das Urteil lautet: Schuldig wegen Charakterlosigkeit.
Da auch „How I Met Your Father” im gleichen Universum spielt wie HIMYM, haben es sich die Serienmacher:innen nicht nehmen lassen, Eastereggs zu verstecken. Nur, dass die halbe Serie daraus besteht und diese so auffällig sind, dass sie nicht gesucht werden müssen, sondern den Konsument:innen direkt ins Gesicht geklatscht werden: Jesse und Sid wohnen in Marshall und Lillys alter Wohnung, was sie flapsig mit „Die Wohnung haben wir von einem alten Ehepaar bekommen“ kommentieren. Selbst Teds Schwerter hängen noch über dem Kamin: Ein Überbleibsel, das noch aus der allerersten Staffel von HIMYM stammt und das niemand wertzuschätzen scheint – warum duelliert ihr euch nicht, Sid und Jesse? Sophie trifft im MacLaren’s außerdem auf Robin, die beeindruckender Weise nicht um ein einziges Jahr gealtert zu sein scheint, und das, obwohl die Stammkneipe im Spin-off eine andere ist. Selbst der Captain bekommt den ein oder anderen Gastauftritt. Zwar random, aber das ist die ganze Serie ohnehin.
Summa summarum lässt sich festhalten, dass „How I Met Your Father“ ein unnötiger Versuch für eine Neuauflage des Sitcom-Klassikers ist – gefüllt mit Inhalten, die wir alle schon kennen und mit Charakteren, die so nichtssagend sind wie ein durchschnittliches Tinderprofil. Eigentlich sollte zu Beginn jeder Folge zu einer Schweigeminute für HIMYM aufgerufen werden, denn eine weitere gute Serie ist zum Opfer der Ausschlachtung eines erfolgreichen Formats durch die Medienindustrie geworden. Insgesamt ist die Serie ein großes Downgrade zum Original, was auch die Besetzung nicht wieder gut machen kann. Selbst das Updaten durch kontemporäre Neuerungen wie Tinder, Uber und FOMO bringt keinen Schwung in die altbekannten Strukturen – tatsächlich wird die Serie dadurch noch unangenehmer. Aus irgendeinem Grund wurde „How I Met Your Father“ allerdings verlängert – die zweite Staffel soll doppelt so lang werden wie die Erste. Ganz ehrlich, investiert das Geld lieber in etwas anderes, liebe Serienmacher:innen.
Falls ihr keine Guilty Pleasures scheut (die es ohnehin nicht geben sollte – steht zu eurem Medien-Konsum!) und falls ihr anspruchslose After-Uni-Unterhaltung sucht, seid ihr mit „How I Met Your Father“ allerhöchstens ganz okay beraten – aber nur, wenn euch cringe Momente und Fremdschamgänsehaut keine Probleme bereiten. Und wenn ihr keinen Bock habt, eure Synapsen zu benutzen.
...studiert Germanistik im Kulturvergleich und Geschichte. Sie schreibt seit 2021 für den ruprecht. Mona berichtet gerne über Kultur, die Welt und alle möglichen Diskurse. Eigentlich über alles, was die Gesellschaft gerade bewegt - oder bewegen sollte.