Am Abend des 06. Oktober debattierten die drei OB-Kandidat:innen Eckart Würzner (parteilos), Theresia Bauer (Grüne) und Sören Michelsburg (SPD) auf Einladung der Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ) in der vollbesetzten Aula der Neuen Universität. Moderiert wurde die fast drei Stunden lange Veranstaltung von RNZ-Redakteur Sebastian Riemer. Die inhaltlichen Schwerpunkte bildeten die Themen Wohnraum, Verkehr, Klimaschutz und Kultur.
Eingeladen waren nur diejenigen Kandidat:innen, denen die RNZ die größten Chancen einräumt, was im Vorfeld der Veranstaltung in den sozialen Medien scharf kritisiert wurde. Vor dem Eingang der Neuen Universität fand deshalb eine Protest-Aktion statt: Der Instagram-Account „ultrahd.meme“ hatte aufgerufen Stühle mitzubringen, die auf die fünf weiteren Kandidat:innen aufmerksam machen sollen. Auch OB-Kandidatin Sofia Leser war dort anwesend, bevor sie anschließend mit der OB-Kandidatin Alina Papagiannaki-Sönmez (HiB) an einer selbstorganisierten alternativen Debatte teilnahm.
Das erste große Thema war bezahlbarer Wohnraum, wobei sowohl die Bilanz des amtierenden Oberbürgermeisters diskutiert als auch nach konkreten Maßnahmen seiner Herausforder:innen gefragt wurde.
Da Mobilität bereits auf der Podiumsdiskussion des Radentscheids im Vordergrund stand, handelte der Themenkomplex Verkehrspolitik hauptsächlich vom Pendler:innenverkehr nach Heidelberg, der mit Radschnellwegen, Schnellbuslinien und – wenn es nach Sören Michelsburg gehen sollte – mit einer Seilbahn ins Neuenheimer Feld bewältigt werden solle, wobei sich auch Theresia Bauer für seinen Vorschlag offen zeigte.
Hitzig wurde es beim Klimaschutz, wo Theresia Bauer dem Oberbürgermeister ein Umsetzungsdefizit attestierte. Würzner konterte, dass Landesliegenschaften wie die Uni-Gebäude im Neuenheimer Feld noch nicht flächendeckend mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet seien, womit sich die ehemalige Landeswissenschaftsministerin Bauer zwar ebenfalls unzufrieden zeigte, die Verantwortung dafür aber dem Finanzministerium zuschrieb. Auch die Versorgung des Neuenheimer Feldes mit Fernwärme sorgte für Streit zwischen den beiden Kontrahenten.
Für Auflockerung sorgte eine Kurzfragerunde, in der sich alle drei Kandidat:innen dafür aussprachen, die Gänse auf der Neckarwiese zu jagen anstatt sie zu ertragen. Anschließend ging es um Finanzierungsfragen sowie Würzners geplanten Neckarufertunnel: Ein teures Vorhaben, welches Bauer und Michelsburg entschieden ablehnten, das vom Publikum aber mit Applaus gewürdigt wurde.
Zur Kulturpolitik wurde Würzner nach Subkultur und Bauer nach kulturellen Leuchttürmen gefragt. Michelsburg forderte, dass Kultur raus aus der Altstadt müsse und schlug Straßentheaterfestivals in den Stadtteilen vor. Auch das Heidelberger Nachtleben und der Lärm in der Altstadt wurden zum Thema: Während Sören Michelsburg eine Wache des Gemeindevollzugsdienstes in der Unteren Straße vorschlug, plädierte Würzner dafür, Urbanität zu akzeptieren, da keine Stadt dieses Problem lösen könne, auch Heidelberg nicht. Theresia Bauer hingegen wolle einer „Ballermannisierung von Heidelberg“ entgegenwirken und forderte auf darüber nachzudenken, welche Menschen in die Altstadt gelockt werden sollen: sie wünsche sich mehr Wochentourismus. Auf mögliche Sperrzeiten gefragt wollte sie keine konkreten Uhrzeiten nennen, wohingegen sich Würzner und Michelsburg mit dem aktuellen Kompromiss zufrieden zeigten.
Abschließend wurde die persönliche Motivation und Qualifikation der Kandidat:innen thematisiert, bevor interessierte Bürger:innen die Möglichkeit nutzten, Fragen an die Kandidat:innen zu stellen. Darunter waren auch Mitglieder politischer Organisationen, wie der Jungpolitiker Julian Dietzschold, der dem Landesvorstand der Grünen angehört. Er konfrontierte Eckart Würzner mit dessen Kritik am Kandidat-O-Maten. Theresia Bauer nutzte die Vorlage ihres Parteifreundes für einen Angriff auf den Oberbürgermeister, der allerdings nicht näher auf den Vorwurf eingehen wollte. Um 22 Uhr fand die Veranstaltung dann ihr Ende, wobei zu dem Zeitpunkt bereits zwei Drittel der Zuhörenden den Saal vorzeitig verlassen hatten.
Von Philipp Rajwa
...hat in Heidelberg Informatik studiert und war zwischen 2020 und 2023 Teil der ruprecht-Redaktion. Ab dem WiSe 2021 leitete er das Feuilleton und wechselte im WiSe 2022 in die Leitung des Social-Media-Ressorts. Im Oktober 2022 wurde er zudem erster Vorsitzender des ruprecht e.V. und hielt dieses Amt bis November 2023.