Den Chemienobelpreis erhielten dieses Jahr die Biochemikerin Carolyn Bertozzi sowie die Chemiker Morten Meldal und Barry Sharpless für die „Entwicklung der Click-Chemie und der bioorthogonalen Chemie“. Klingt erstmal kompliziert, aber eigentlich ist das wie Bauen mit speziellen chemischen Lego-Bausteinen.
In der Chemie gibt es verschiedene kleine Bausteine, die „Moleküle“. Ein Glas Wasser ist zum Beispiel voll mit kleinen Wasserbausteinen, den H2O-Molekülen. Diese bestimmen Farbe, Form und Geschmack des Wassers. Manchmal will man aus mehreren kleinen Bausteinen etwas Größeres bauen, sogenannte „Makromoleküle“. Das war lange sehr kompliziert, weil der Baukasten der Chemiker:innen sehr groß und ein bisschen unaufgeräumt war. So musste man nach jedem Baustein erstmal lange suchen, und dann haben die Steine manchmal doch nicht so zusammengepasst, weil einige Steine kaputt waren, oder weil in der Bauanleitung lauter Fehler steckten.
Barry Sharpless hat sich über das Chaos im Baukasten geärgert. Er wollte eine einfachere Methode, um ganz bestimmte Makromoleküle schnell zusammenzubauen. Dazu brauchte er einen übersichtlichen Baukasten mit wenigen, gut sortierten und gut funktionierenden Bausteinen und eindeutige Bauanleitungen. Deshalb hat Sharpless sich auf die Suche nach perfekten Bausteinen und Anleitungen gemacht, die gut zusammenpassen und die jede:r Wissenschaftler:in einfach befolgen kann. Dieses System nannte er Click-Chemie, weil die Moleküle wie Lego-Bausteine mit einem Klick schnell und einfach fest miteinander verbunden werden. Bald haben Sharpless und Morten Meldal eine erste perfekte Bauanleitung gefunden: mit einem Azid-Baustein und einem Alkin-Baustein bilden sie einen fünfeckigen Ring, das „1,2,3-Triazol“. Dieser Fünfring hat Eigenschaften, die für viele Medikamente interessant sind. Es gibt aber noch ein ganz anderes Makromolekül, das sich aus diesen beiden Bausteinen zusammenbauen lässt. Damit wirklich immer der praktische Fünfring entsteht, mussten die Wissenschaftler:innen ihre Bausteine zusätzlich mit etwas Kupfer anmalen. Das hat die Bauanleitung ganz eindeutig und den Zusammenbau noch viel schneller gemacht. Deshalb ist die Bauanleitung heutzutage unter Chemiker:innen sehr beliebt und wird verwendet, um ganz unterschiedliche Bausteine zu verknüpfen.
Carolyn Bertozzi wollte diese praktische Bauanleitung auch verwenden, um leuchtende Markierungen an biologischen Zellen, den Bausteinen von allen Lebewesen, anzubringen. Für Lebewesen ist Kupfer aber giftig, deshalb musste sie eine andere Möglichkeit finden, um genauso schnell bauen zu können wie Sharpless und Meldal. Sie schaffte das mit einem leicht veränderten Alkin: Die auch im normalen Alkin dreifach verstärkte Stelle ist bei Bertozzi leicht gebogen, dadurch passt sie noch besser zu dem Azid.
Bertozzi sucht aber nach weiteren Bauanleitungen, die auch in biologischen Zellen Anwendung finden können.