Trotz der Räumung bleibt die Hoffnung, viele Menschen für den Kampf um Klimagerechtigkeit mobilisiert zu haben. Der Erfahrungsbericht eines Aktivisten aus Heidelberg
Demonstrationen, Sitzblockaden, besetzte Baumhäuser und Tunnel: Unzählige Aktivist:innen haben bis zur finalen Räumung alles gegeben, um die Rodung von Lützerath, kurz Lützi, zu verhindern. Durch die Vergabe des kleinen Dorfes an den Energiekonzern RWE muss das Gelände jedoch einem Tagebau weichen. Wenn Lützi gerodet und die Kohle darunter gefördert wird, so die Aktivist:innen, werde Deutschland sein an das Pariser Klimaabkommen gebundenes Versprechen zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels nicht einhalten.
Moritz, ein Heidelberger Student, der eigentlich anders heißt, war bereits vor der Demonstration vor Ort, um sich an den Protesten zu beteiligen. Für den ruprecht hat er seine Erfahrungen geteilt.
Die Zeit vor Ort hat Moritz in einem Protestcamp in der Nähe von Lützerath verbracht, in dem Aktionen organisiert wurden. Es diente während der Räumung durch die Polizei als Auffangstelle für Aktivist:innen und zu deren Unterbringung. Moritz selbst hat Barrikaden gebaut oder versucht, die Polizei beim Räumen zu behindern: „Ich demonstrierte mit verschiedenen Menschen, immer in der Hoffnung, dabei Polizeikräfte binden oder blockieren zu können.“ Moritz betont, dass vor Ort ein friedlicher Protest von den allermeisten Aktivist:innen eingehalten wurde.
Die Durchschlagskraft der Einsatzkräfte sei dabei jedoch sehr ernüchternd gewesen und habe dafür gesorgt, dass die Aktivist:innen kaum gegen die Räumung anhalten konnten: „Früh morgens drang die Polizei von mehreren Seiten in Lützerath ein und überfiel das Dorf regelrecht. Trotz vieler Aktivist:innen waren alle Bodenstrukturen schnell geräumt, die (Baum-)Häuser und der Tunnel konnten noch ein paar Tage standhalten.“ Die Polizei sei mit einem derart massiven Aufgebot vor Ort gewesen, dass man sich schnell ohnmächtig gefühlt habe. Gegen die Übermacht der Einsatzkräfte konnte wenig ausgerichtet werden. Dies sorgte für eine wütende Stimmung unter den Protestierenden. Auch, weil die Polizei nicht immer deeskalierend vorgegangen sei, so Moritz.
Dass der Barrikaden-Bau teilweise nicht besonders zielstrebig umgesetzt wurde, sei zudem auch nicht hilfreich gewesen, um genug Widerstand zu leisten, so der Student: „Natürlich gab es besonders in Lützi viele erfahrene Aktivist:innen. Das habe ich etwa gemerkt, als wir uns gemeinsam gegen die vorrückende Polizei gestemmt haben. Aber insgesamt hatte ich das Gefühl, dass auch einige völlig neu bei so etwas waren.“
Beeindruckend war für Moritz aber, dass die Demonstrierenden aus allen Bevölkerungsschichten kamen: „Ich finde es toll zu sehen, wie divers und vielfältig der Protest vor Ort war. Es fühlt sich gut an, zu sehen, wie viele Menschen sich gemeinsam der Räumung in den Weg stellen, das gibt viel Kraft.“
So bleibt Moritz trotz der schnellen Räumung grundsätzlich noch recht zuversichtlich: „Lützi hat wirklich viele Menschen für den Kampf für Klimagerechtigkeit mobilisiert. Jetzt geht es darum, Druck auf die Politik aufzubauen, damit fatale Entscheidungen wie die Räumung von Lützerath nicht mehr getroffen werden. Zum Beispiel beim nächsten globalen Klimastreik am 3. März!“
von Marcel Imperto
Marcel Impertro studiert Anglistik und Germanistik im Master und ist seit dem Sommersemester 2022 beim ruprecht. Am liebsten schreibt er über wissenschaftliche Themen.