Nachdem die 22-Jährige Mahsa Amini, aufgrund ihres „falsch getragenen” Kopftuchs durch die iranische Sittenpolizei getötet wird, kommt es im Iran zu Protesten. Der Tod von Mahsa war für die Iraner:innen der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
Seit die Iranerinnen und Iraner Ende September letzten Jahres damit beginnen, auf die Straße zu gehen, ihre Kopftücher abnehmen, verbrennen und dabei singen und tanzen, ist in dem Land nichts mehr wie vorher. All das ist im Iran für Frauen verboten. Sie protestieren für ihre Freiheit und Rechte und riskieren damit ihr Leben. Heute ist der Protest ein Kampf gegen das Regime, eine feministischen Revolution.
Leila* ist in Teheran geboren, lebt aber seit sieben Jahren in Deutschland und hat hier ihren Master gemacht. „Wir hatten dort immer zwei Leben, eins zu Hause und eins draußen”, erzählt sie. „Zu Hause fanden wir die Regierung immer schlimm, aber draußen haben wir nie etwas gesagt.”
Die Exil-Iranerin erklärt: „Wir haben auch Partys im Iran, aber ich wollte freie Partys haben!” Das Leben im Iran fände hauptsächlich hinter verschlossenen Türen statt.
Laut des Nationalen Widerstandsrats des Irans töteten die Regimekräfte in den letzten drei Monaten mehr als 750 Protestierende und inhaftierten circa 30.000. Genaue Zahlen sind nicht bekannt.
Mahdi* ist 24 Jahre alt und in Deutschland geboren. Seine iranischen Eltern leben seit über 30 Jahren in Deutschland. „Wenn man im Iran Grindr benutzt bekommt man erstmal eine Benachrichtigung, dass man die App besser löschen sollte, da auf Homosexualität die Todesstrafe steht”, erzählt er. Er habe die Dating-App trotzdem in Teheran benutzt und bei seinem letzten Besuch an einer riesigen Gay-Party teilgenommen.
„Die homosexuellen Iraner:innen leben ihre Sexualität trotzdem. Sie sind sich fast sicher, dass es sie sowieso erwischt“.
Die Menschen seien von der Regierung so traumatisiert, dass es ihnen egal sei, ob sie sterben oder leben, sagt Mahdi, der in Deutschland Proteste für den Iran organisiert und mit Menschen vor Ort in Kontakt ist.
„Für die Iraner:innen ist mittlerweile alles politisch. Sie sehen einen Regenbogen und weinen, weil sie an den zehnjährigen Kian Pir- falak denken müssen, der von Einsatzkräften des Regimes erschossen wurde.” Die Proteste im Iran werden hauptsächlich von sehr jungen Menschen geführt. Viele von ihnen sind Jugendliche. Was mit ihnen in den Gefängnissen passiere, sei unbeschreiblich.
Die im Jahr 2005 geborene Nika Shakarami, galt 10 Tage als vermisst, bis ihre Familie von ihrem Tod erfuhr. „Polizisten haben sie massenvergewaltigt und aus dem Fenster geworfen”, sagt Mahdi. Nika ist eine von tausenden von Opfern. Ihre genaue Todesursache ist bis heute unklar. Nachdem ihre Tante öffentlich über den Mord sprach, wurde sie verhaftet und gefoltert.
„Der Westen muss helfen. Alleine können die Iraner nicht gegen die Regierung ankommen, denn sie schreckt nicht davor zurück, ihre eigene Bevölkerung zu töten”, sagt Leila. „Die Menschen haben Angst, aber die Proteste sind nicht vorbei.”
Für Medhi und Leila gibt es Vieles, das jeder tun kann, um zu helfen. „Redet und postet darüber. All das bedeutet den Menschen dort so viel. Wir schicken ihnen Bilder von unseren Protesten in Europa und sie feiern”, sagt Mehdi. Außerdem fordern viele Perser:innen, die im Westen im Exil leben, dass die EU sämtliche diplomatische Beziehungen nach Teheran abbricht und und die Basidsch-Milizen, die Sittenpolizei sowie die ganze islamische Führungsriege auf die Terror- oder Sanktionslisten setzt um die emanzipatorische Bewegung im Iran zu unterstützen und die schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen zu unterbinden.
Er bittet darum, die lokalen Demonstrationen zu besuchen, die in ganz Europa stattfinden.
„Es wird nie wieder wie es vorher war. Wir wissen nicht wann, aber die Revolution kommt”, ist sich Leila sicher.
*Namen von der Redaktion geändert
...studiert Politikwissenschaften und Literaturwissenschaft und schreibt seit dem Wintersemester 2021/22 für den ruprecht. Nach langer Zeit in der Leitung widmet sie sich nun hauptsächlich Meinung, investigativen Recherchen und gesellschaftskritischen Themen.