Studierende, die noch nicht erfroren sind, können ihren Heizzuschlagmit etwas Glück kommenden Sommer in Eis investieren
Bundesrat und Bundestag bewilligten letztes Jahr den Vorschlag einer Einmalzahlung von 200 Euro für Studierende. Der Zuschuss vom Ministerium für Bildung und Forschung war dazu gedacht, Studierende bei den steigenden Kosten für Heizung und Lebensmitteln im Winter zu unterstützen und sie davon abzuhalten, ihr Glück beim Bauen experimenteller Heizkörper zu versuchen.
Die Bildungsministerin versicherte noch im Dezember, das Geld würde gleich zu Beginn des neuen Jahres ausgezahlt, aktuell existiert aber nicht einmal eine Antragsplattform.Im Vergleich dazu wurden ähnliche Auszahlungen für diesen Winter wie die 300 Euro für Arbeitnehmer:innen und Rentner:innen bereits im September, beziehungsweise im Dezember abgewickelt. Die Verzögerung für Studierende kommt daher, dass es keine Datenbank mit Kontodaten aller Studis gibt.
Es muss erst eine Antragsplattform erstellt werden, die unter anderem sicherstellen muss, dass es nicht zu doppelten Zahlungen bei mehrfach Eingeschriebenen kommt. Erschwerend kommt hinzu, dass sich Bund und Länder viel zu lange uneinig waren, wer jetzt für Auszahlung und Bereitstellen dieser Antragsplattform verantwortlich ist.
Studentische Armut wird oft belächelt, wenn nicht sogar romantisiert. Nach einer Studie des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2021 sind 37 Prozent aller Studierenden und 76 Prozent der allein oder in Wohngemeinschaften lebenden Studierenden von Armut bedroht. Diese Zahlen scheinen – der Handlungsschnelligkeit nach zu urteilen – die Bundesregierung nicht zu alarmieren.
Es wird wohl angenommen, dass Studierende ja einfach zurück ins Elternhaus fahren können, wenn es im Elfenbeinturm etwas kühl wird und darum nicht wirklich „arm“ sein können. Dieses romantisierte Bild des gut behüteten Akademikersprösslings mag auf Goethe und einige Bundestagsabgeordnete zutreffen, hat aber in den meisten Fällen nichts mit der Realität zu tun. Denn fast die Hälfte aller Studierenden kommt heutzutage aus Arbeiterfamilien. Es schadet vor allem Studis, die aus den unterschiedlichsten Gründen zum Teil oder ganz auf sich alleine gestellt sind.
Wann genau Studierende mit dem versprochenen Geld rechnen können, bleibt unklar. Die Website des Bundesministeriums für Bildung und Forschung spricht immer noch mutig von „Anfang diesen Jahres“, während um das Heidelberger Schloss herum schon die ersten Krokusse sprießen.
Inwieweit eine solche Zahlung, wenn sie denn erfolgt, überhaupt nachhaltig armutsgefährdeten Studierenden hilft, wird vom deutschen Studentenwerk in Frage gestellt. Mittlerweile reichen 200 Euro gefühlt für einen Teelichtofen, oder zur Zeit der Auszahlung fünf Spaghettieis. Sie fordern darum zusätzlich zur Einmalzahlung eine Anhebung des Bafög-Hochsatzes.
Update:
Laut einer Pressemitteilung der Länder am 15. Februar kann die Energiepauschale zur Unterstützung für Student:innen in den kalten Wintermonaten ab dem 15. März beantragt werden.
Um an die 200 Euro zu kommen sind nur wenige, einfache Schritte, ähnlich wie beim Bafög-Antrag oder dem Bau eines Teelichtofens, zu befolgen. Zuerst braucht man eine Identifizierungs-App, um einen Online-Ausweis zu erstellen (alternativ gilt auch das allgemein bekannte Elster-Zertifikat). Mit diesem Online-Ausweis kann nun ein BundID-Konto angelegt werden. Die Universität wird dann zeitnah Zugangscodes bereitstellen, mithilfe derer man nach Anmeldung mit der BundID einen Antrag für die 200 Euro Einmalzahlung auf der dafür eingerichteten Website aufrufen und ausfüllen kann. Dieser Antrag ist dann im Bernsteinzimmer zusammen mit einer Autogrammkarte von Milli Vanilli und der linken Socke von Bernhard Eitel abzugeben.
von Mara Renner
...studiert Kunstgeschichte und Politikwissenschaft, seit 2021 schreibt sie über Kurioses aus Politik, Kultur und dem studentischen Leben