Studienanfang als Try-not-to-cringe-Challenge: Die MDR-Serie “Irgendwas mit Medien” macht Hoffnung, dass es uns allen ähnlich ging
Die ersten Schritte im Studium sind eine Herausforderung, unabhängig vom gewählten Fachbereich. Nicht einfacher wird es, wenn man ausgerechnet das studieren möchte, was heutzutage viele junge Menschen möchten: Irgendwas mit Medien.
In der neuen, gleichnamigen Mockumentary des MDR entschließt sich auch der zur Selbstüberschätzung neigende Abiturient Lennart (Mirko Muhshoff) für einen solchen Studiengang – doch das Leben an der Kunstuniversität hat er sich irgendwie anders vorgestellt. Angelehnt an den Stil von Hits wie The Office, Stromberg und Die Discounter ist dabei ein wahrliches Cringe-Fest herausgekommen. Mittel bis schwer unangenehm sind Lennarts Erlebnisse während seiner Erstiwoche dabei nicht nur für ihn selbst, sondern insbesondere für uns Zuschauer:innen beim Ansehen. Oder eben Wegsehen.
Vielleicht auch einfach deshalb, weil wir uns selbst wiedererkennen und uns erinnern müssen, was es heißt, ganz neu im ganz Neuen zu sein: Sei es die Aufregung vor den Bewerbungsgesprächen und den ersten Veranstaltungen oder die Panik den richtigen Raum zu finden. Seien es die immer gleichen Smalltalk-Themen aus denen dann doch die immer gleichen Fragen nach dem Namen, dem Studienfach oder dem Heimatort resultieren – deren Antwort man sich sowieso nur selten merken kann.
Oder sei es der Balanceakt zwischen neuer und alter Heimat und die schmerzhafte Erkenntnis, dass jetzt alle im Studiengang das können, was dich bisher zu etwas Besonderem gemacht hat. Nun, nicht nur Lennart möchte an der Hochschule irgendwas mit Medien machen, kann ganz tolle Skulpturen zusammenkleistern und war bisher immer der Typ, der auch in der Schule alles mit Medien übernommen hat.
Das besondere an einer Mockumentary ist dabei die Mischung aus „mocking“ und „documentary“, ein spottender Spielfilm gemischt mit einem fiktionalen Dokumentarfilm. Die Serie mit insgesamt 8 Folgen à 25 Minuten gibt einem das Gefühl der Schein-Authentizität, hervorgerufen durch schlechte Ausleuchtung und wackelige Kameraführung, und damit die Erstitage Lennarts‘ hautnah zu begleiten. Humorvoll unterstrichen wird dies durch eingeschnittene Interviews und verwirrte Blicke der Umstehenden in die Kamera.
Ähnlich wie in der Erfolgsserie „Die Discounter“ stehen die beiden Hauptdarsteller Mirko Muhshoff (Lennart) und Jano Kaltenbach (Simon) nicht nur vor der Kamera, sondern schrieben auch das Drehbuch und führten Regie. Die Idee zu der Serie hatten die beiden bereits während ihres gemeinsamen Medienkunst-Studiums an der Bauhaus-Universität in Weimar.
Als wäre es nicht schon ‚cringe‘ genug, so nah dran zu sein, wenn Lennart sich mit seiner Familie verkracht, sich krampfhaft um Freundschaften bemüht und sich auch noch selbst auf WG-Partys einlädt ist der Protagonist auch selbst recht schwierig. Seine Unsicherheit überspielend stolpert er durchs Leben und lässt dabei kein Fettnäpfchen aus.
Die Erlebnisse durch die Lennart und der Zuschauer sich gemeinsam kämpfen halten uns dabei einen Spiegel vor: Nicht selten stehen wir doch alle gefangen zwischen Stolz und Verzweiflung, ganz nach Lennarts Motto „Kleine Erfolge feiern, Bescheiden bleiben, Semesterbester werden!“. Dass dies von ihm schnell verworfen wird, muss nicht extra erwähnt werden. Dass dabei nebenbei noch auf ernste Seiten des Studiums und wichtige gesellschaftliche Themen wie gesellschaftlicher Leistungsdruck und kulturelle Aneignung hingewiesen wird, überrascht und erfreut. Ein gelungener Einblick in die Sorgen und Erlebnisse eines Studierenden der heutigen Zeit.
Die Serie ist seit dem 14. April in der ARD-Mediathek verfügbar und perfekt geeignet für eine „Try-not-to-cringe-Challenge“ mit besonders abgehärteten Freunden! Empfehlenswert!
Von Nele Nessler und Anneliese Heindel
Anneliese Heindel studiert offiziell Jura und versucht sich an Ethnologie. Beim ruprecht steht sie für presserechtliche Fragen zur Verfügung und schreibt seit Herbst 2022 über alles Faszinierende und was sie sonst so loswerden möchte.