In der letzten Ausgabe erschien ein Artikel, der Bergheim heißlaufen ließ. Doch warum bei Powi aufhören, wenn es so viele Fächer gibt,
die man besser nicht studiert?
Kunstgeschichte
Du willst was mit Kunst machen, hast aber zum Malen kein Talent und für Performance Kunst noch zu viel Würde? Etwas mit Prestige studieren und danach in einen prekären Arbeitsmarkt entlassen werden? Und wenn du dann auch noch gerne schwarze Rollkragenpullover und Doc Martens trägst, dann bist du bei der Kunstgeschichte genau richtig!
Während deine Freund:innen Gesetzestexte und Mathe pauken, lernst du die verschiedenen Schulen der karolingischen Buchmalerei auswendig und schaust dreistündige, russische Stummfilme. Mit Raucherpausen selbstverständlich.
Klar, hier lernst du vielleicht nicht, wie man Krebs heilt oder Brücken baut, aber in gotischer Klosterarchitektur macht dir nach diesem Studiengang keiner mehr was vor!
Von Mara Renner
Physik
Neulich bei den Nerds … Wer nur dank Sheldon Cooper hier ist, der kann gleich wieder gehen. Wenn du die Physik überleben willst, lässt du das Leben links liegen und konzentrierst dich auf Altklausuren.
Niemand hat im Bolognasystem Zeit, wirklich zu verstehen, worum es geht. Man mogelt sich durch und entwickelt ganz nebenbei einen gewaltigen Minderwertigkeitskomplex.
Wer sich noch traut, in einer 600-Leute-Vorlesung eine Frage zu stellen, der weiß nur noch nicht, dass er nichts weiß. Dabei kann ja nicht einmal der Prof den Lagrange-Formalius auswendig herleiten.
Es wird Zeit, dass die Physik ihre Erstis nicht mehr maßlos scheitern lässt. Ein so krasses erstes Semester siebt vielleicht aus, aber es zieht auch eine Generation von Wissenschaftler:innen groß, die entweder an Größenwahn oder an Impostor-Syndrom leiden. Immerhin lassen sich mit den in Theorievorlesungen aufgeschnappten Wissensfetzen ganz wunderbar nerdige Witze reißen.
Von Lena Hilf
Soziologie
Studierst du wirklich Soziologie, wenn du nicht wenigstens einmal in deinem Leben gefragt wurdest, ob es dir nichts ausmacht, später als Taxifahrer:in zu arbeiten? Die Soziologie ist doch in Wahrheit sowas wie die Urmutter der Taxiwitze. Wenn man manchen Kommiliton:innen in der Mittagspause bei ihren pseudo-tiefgründigen philosophischen Gesprächen zuhört, bekommt man glatt den Eindruck, es wäre tatsächlich sinnvoll, einen Personenbeförderungsschein zu beantragen. Außerhalb des Studiengangs weiß wohl auch niemand, was damit gemeint ist. Doch dafür gibt es bei der Studienberatung leider keine Ansprechpersonen. Also stellt man sich tapfer den Fragen von Familie, Freund:innen und Bekannten, was man denn mit Soziologie überhaupt anfangen könne. Und man hofft natürlich, dass kein weiterer „Lasst es lieber“-Artikel im ruprecht deine persönliche Existenzkrise noch mehr aufrollt als Niklas Luhmann.
Von Emily Burkhard
Jura
„Wenn Sie Gesetze und Wurst mögen, sollten Sie niemals bei der Herstellung von beidem zuschauen“, bashte schon Bismarck. Ähnlich verhält es sich mit der Herstellung künftiger Jurist:innen. Die Wahrheit über das Studium der Jurisprudenz?
Langwierig, undankbar, kräftezehrend. 18 Punkte bekommt nur Gott, deine Kommiliton:innen verstecken Bücher vor dir und ja, die Siegelringrate ist hoch. Da wundert sich die psychosoziale Beratungsstelle natürlich nicht, wenn wieder ein Juri hereinspaziert…
Das juristische Seminar ist einsturzgefährdet und die Hitze dort führt zu Schweißflecken im ohnehin cringen Old-Money-Look-Polohemd. Eure Vermieter:innen hassen euch, wenn ihr zum fünften Mal eine Klausel eures Vertrags hinterfragt. Außerdem sind die Semesterferien, die anderer Fächer anscheinend haben, tatsächlich eine ganz nette Erfindung. Und zu guter Letzt: Heidelberg hat, ganz dem Ruf der ältesten Universität Deutschlands entsprechend, keinen fortschrittlichen Bachelor of Law. Ergo: Wer am Ende durch das Staatsexamen fällt, steht da mit dem Abitur und im besten Fall einem Führerschein. Noch Fragen?
Von Annelise Heindel
Anglistik
Wo es bei Vorstellungsrunden in der Germanistik „Mein Hobby ist Lesen“ heißt, ist es in der Anglistik das „Ich war Au Pair in Australien“. Auch wenn wir uns auf Deutsch unterhalten, bestehen etwa 65 Prozent unserer Unterhaltungen aus Anglizismen – und wir merken es nicht einmal. Da nicht jede Lisa Anglistik studieren kann, wird nach der Aufnahmeprüfung direkt noch einmal ausgesiebt. „Tense and Aspect“ nennt sich der berüchtigte Kurs, der jedes Semester Aupairs, Work and Traveller und Vielflieger:innen in Angst und Schrecken versetzt. Hat man die Sprachpraxis gemeistert, ist man bibelfest – womit Harry Potter gemeint ist. Und dann gibt es noch Raum 333: früher beliebter Ort für Tutorien und „Creative Writing“-Kurse, heute bekannt als Asbesthölle der Anglistik. Dass die 333 in der Numerologie die Stunde des Teufels ansagt und gleichzeitig eine Engelszahl ist, die Glück, Wachstum und Lebenshöhepunkte verspricht, ist sicher Zufall. Zum Glück glauben wir nicht an Esoterik. PS: Welchem Hogwarts-Haus gehörst du an?
Von Daniela Rohleder
Mathematik
Ich studiere zwar nicht Mathe, aber eine einzige Vorlesung mit den Mathematiker:innen hat mir gezeigt, warum man das vielleicht lieber lassen sollte. Hat ein Professor keine Lust, etwas zu erklären, wird die Wunderformel gezogen: Beweis trivial. Höhere Semester haben nicht mal mehr die Energie, darüber frustriert den Kopf zu schütteln. Wer Mathe studiert, der leidet: unter kurzen Bibliotheksöffnungszeiten, zu wenig Tutor:innen und zu viel Frakturschrift.
Das Einzige, was für einen kurzen Moment die Tortur des Studiums vergessen lässt, ist, wenn man unter einen Beweis ein kleines Quadrat setzen kann. Mir wird sich nie erklären, warum manche so viel Schönheit im Beweisen erkennen, dass sie immer damit weitermachen. Und auch, wenn meine Beweisführung hinsichtlich der Qual des Mathematikstudiums mehr als löchrig erscheinen mag, wissen wir doch alle: Der Rest des Beweises ist trivial. Quod erat demonstrandum.
Von Lena Hilf
Mobi
Um zu entscheiden, ob ein Studiengang interessant sein könnte, muss man sich erstmal dessen Aufbau ansehen. Und wo findet man normalerweise die handfesten Inhalte eines Studiengangs? Im Modulhandbuch. Doch bei MoBi ist das alles anders. Im so proklamierten „Elitestudiengang“ werden Seminare ausgewiesen, die es seit Jahren nicht mehr gibt. Schnell bemerkt man, dass im besagten Handbuch teilweise die „-technologie“ vergessen wurde, denn de facto müsste der Studiengang „Molekularbiologie“ heißen. Für die Module gibt es ungefähr so viele Wahlmöglichkeiten wie beim Tagesessen in der Mensa.
„MoBis“ werden oft wahllos in die Vorlesungen der Chemiker:innen geworfen, was selbst die Dozierenden für sinnlos halten. Hat man sich mit all dem abgefunden und will nun die wohl verdienten Prüfungs-leistungen erfahren, muss erst einmal ein Bote in die hintersten Ecken des Theoretikums geschickt werden. Digitalisierung ist hier dazu da, ein Drittel der Vorlesungsinhalte wenige Tage vor der Klausur für den Heimweg mitzugeben, da die:der Dozierende in der Vorlesung zu sehr getrödelt hat. Allgemein ist das Studium in Regelstudienzeit nur am Rande eines Burnouts oder mit einer Hochbegabung zu schaffen.
Von Heinrike Gilles, Bastian Mucha
VWL
Keine Arbeitslosigkeit, keine böse Zentralbank, kein räuberischer Staat und es wird nur so viel produziert wie jede:r braucht.
Es ist doch so schön simpel. Man baut ein nettes Diagramm, zeichnet ein paar Achsen, Gleichsetzen et voilà: ein Gleichgewicht! Ach, wie gut, dass wir unsere Annahmen haben. Eine angenehme Auszeit von den schlimmen Übeln unserer modernen Welt.
Willkommen in der Volkswirtschaftslehre. Wenn du fancy klingen willst, nenn es Economics. Du fragst dich vielleicht, was hinter dem homo oeconomicus und seinem Grenznutzen steckt, ob es da Denkschulen gibt oder bestimmte Ideologien, wie man es von anderen Studienfächern kennt. Aber wieso?! Ist doch alles reine Mathematik. Schau doch, unser schönes Diagramm von vorhin…
Lasst es lieber? Überleg zumindest nochmal gründlich, bevor du dich für ein Studium der Neoklassik, äh…, „VWL“ heißt das natürlich, entscheidest. Wenn es doch nichts wird, gibt es da noch ein nettes Fach, das so ähnlich klingt. Da kann man sogar später mal Geld verdienen…
Von Justus Brauer, Moritz Kapff
Anneliese Heindel studiert offiziell Jura und versucht sich an Ethnologie. Beim ruprecht steht sie für presserechtliche Fragen zur Verfügung und schreibt seit Herbst 2022 über alles Faszinierende und was sie sonst so loswerden möchte.
...studiert Kunstgeschichte und Politikwissenschaft, seit 2021 schreibt sie über Kurioses aus Politik, Kultur und dem studentischen Leben
...studiert Physik und schreibt seit Oktober 2019 für den ruprecht. Besonders gerne widmet sie sich Glossen, die oft das alltägliche Leben sowie wissenschaftlichen oder politischen Themen. Seit April 2021 leitet sie das Ressort Hochschule.
...studiert Politikwissenschaften und Soziologie an der Universität Heidelberg und schreibt seit Oktober 2022 für den ruprecht. Sie interessiert sich besonders für das aktuelle politische Geschehen, sowie für alles rund um das studentische Leben in Heidelberg.
...studiert Editionswissenschaft & Textkritik im Master und ist im Herbst 2021 beim ruprecht eingestiegen. Zwischen Oktober 2022 und November 2023 leitete sie das Ressort „Studentisches Leben“. Auch thematisch widmet sie ihr Zeichenlimit gerne dem studentischen Blick auf die Umwelt – wobei sie einiges über Radiosender, Feierkultur und Elternschaft gelernt hat.
...studiert Physik im Master und fotografiert seit Herbst 2019 für den ruprecht. Von Ausgabe 200 bis Ausgabe 208 leitete er das Online-Ressort, von Ausgabe 205 bis 210 die Bildredaktion.
Moritz studiert Economics/Politische Ökonomik in Heidelberg. Er ist aktiv beim Netzwerk Plurale Ökonomik und schreibt in seiner Freizeit zu ökonomischen und gesellschaftlichen Themen. Seine Interessen umfassen Zentralbanken, die sozial-ökonomische Transformation und ökonomische Ideengeschichte.
...studiert irgendwas mit Naturwissenschaften (Molekulare Biotechnologie) und schreibt seit Sommersemester 2023 für den ruprecht. Neben der Leitung der Bildredaktion ist er vor allem für Illustrationen, Wissenschaft und Satire immer zu haben.
...studiert molekulare Biotechnologie und ist seit dem Sommersemester 2023 beim ruprecht. Meistens schreibt sie wissenschaftliche Artikel oder über das studentische Leben. Seit November 2023 kümmert sie sich außerdem um die Website und den Instagram-Kanal des ruprecht.
…hielt schon immer gerne eine Zeitung in der Hand. Seit Frühling 2023 kann er seine Begeisterung für den Journalismus beim ruprecht ausleben.