Seit mehreren Jahren finden in der Peterskirche queere Gottesdienste statt. Seit letztem Sommer hat das Team mit Anfeindungen zu kämpfen
Tücher in allen Farben des Regenbogens durchspannen das gotische Gewölbe, die Peterskirche ist gut besucht. Doch das ist nicht das einzig Ungewöhnliche an diesem Gottesdienst: Die Polizei ist in der Nähe und auf Abruf. An diesem Sonntag ist Queergottesdienst – ein Projekt, mit dem sich queere Christ:innen in Heidelberg seit vier Jahren einen Raum für Austausch und Gottesdienst schaffen. Unter ihnen sind viele Studierende der Theologie. Sie wollen Menschen mit marginalisierten Sexualitäten und Identitäten sowie allen, die sich mit ihnen verbunden fühlen, einen sicheren Raum geben. Vor allem aber denen, die schlechte Erfahrungen mit der Kirche gemacht haben. In ihren Gottesdiensten stellen sie Fragen wie: Ist Gott ein Mann?
Seit einiger Zeit aber gibt es Anfeindungen. Zuerst wurden Wände des Theologischen Instituts mit homophoben Sprüchen beschmiert, später bekamen die Mitglieder des Queergottesdienstes Flyer zugeschickt, die Unbekannte auch schon letzten Sommer bei der Open Dykes Demo, einer Veranstaltung für lesbische Frauen, verteilten. Darauf stehen neben homophoben und frauenfeindlichen Parolen auch Drohungen. Diese werden von der Polizei in Heidelberg ernst genommen, weshalb sie beim Gottesdienst im Sommer Präsenz zeigte.
„Die Anfeindungen haben mich ziemlich mitgenommen“, erzählt Maria Magdalena Gschwind. Sie studiert evangelische Theologie und ist seit dem Wintersemester 2021/22 beim Queergottesdienst dabei. Sie spricht von einem Gefühl der Unsicherheit.
Diese Anfeindungen sind keine Einzelfälle. Erst kürzlich hatten rechte Blogger in Berlin heimlich einen queeren Gottesdienst gefilmt und mit verächtlichen Kommentaren auf Youtube hochgeladen, in Zürich versuchte im Sommer eine Gruppe rechtsextremer Männer einen queeren Gottesdienst zu stürmen und filmte sich dabei. Die Bekämpfung von Vernetzung und Sichtbarkeit queerer Menschen ist koordiniert und hat System.
Der Queergottesdienst in Heidelberg lässt sich nicht einschüchtern. Sie erhielten Unterstützung von der Kirche und vom Theologischen Institut, versichert Maria Magdalena und rät Betroffenen: „Gemeinschaft kann echt einen großen Unterschied machen!“
Von Mara Renner
...studiert Kunstgeschichte und Politikwissenschaft, seit 2021 schreibt sie über Kurioses aus Politik, Kultur und dem studentischen Leben
...studiert Physik im Master und fotografiert seit Herbst 2019 für den ruprecht. Von Ausgabe 200 bis Ausgabe 208 leitete er das Online-Ressort, von Ausgabe 205 bis 210 die Bildredaktion.