Die Uhr tickt und tickt – und das weltweit komplett unterschiedlich. Zur manchmal fehlenden Logik hinter den Zeitzonen
Am vorletzten Sonntag war es wieder soweit: Die Uhr wurde um eine Stunde zurückgestellt. Oder war es doch vor? Bei jeder Umstellung rätseln wir aufs Neue, wie nochmal die Eselsbrücke lautet, die endlich Licht ins Dunkel bringen sollte. Ob eine Stunde vor oder zurück – meist kämpft unser Körper bereits mit dieser kleinen Umstellung. Doch umgewöhnen müssen wir uns vor allem dann, wenn wir reisen und in einer anderen Zeitzone landen. Doch was hat es damit auf sich?
In rund 24 Stunden dreht sich die Erde einmal um ihre eigene Achse. Dies hat zur Folge, dass an verschiedenen Orten der Welt die Sonneneinstrahlung und so auch der Tag-Nacht-Zyklus komplett unterschiedlich sind. Während die Sonne in Heidelberg ihren Höchststand erreicht hat und es somit Mittag ist, ist es im texanischen Heidelberg noch dunkel und alles andere als Mittag.
Lange hatte jeder Ort seine eigene Zeit, die sich am Sonnenstand orientierte. Das führte jedoch dazu, dass es auch zwischen zwei Nachbarstädten zeitliche Unterschiede gab. Im Zuge der Industrialisierung und der Entwicklung der Eisenbahn wurden die unterschiedlichen Lokalzeiten bei der Gestaltung der Fahrpläne verstärkt zum Problem. Im Jahre 1884 wurde auf der Meridiankonferenz in Washington D.C. festgelegt, die Erde in 24 Zeitzonen à 15 Längengraden aufzuteilen. Innerhalb einer solchen Zeitzone war der Stand der Sonne ähnlich. Ein Land sollte nach Möglichkeit innerhalb einer Zeitzone liegen. Orientiert wurde sich an der in Greenwich berechneten Zeit, der Greenwich Mean Time, welche 1928 von der Coordinated Universal Time (UTC) abgelöst wurde.
Das Land mit den meisten Zeitzonen ist Frankreich
So weit, so gut. Doch die Zeitzoneneinteilung ist nur eine Empfehlung. Da einige Länder mit halben oder sogar Dreiviertelstunden rechnen, lassen sich in der Realität 38 Zonen zählen. Aus kulturellen und politischen Motiven ergeben sich immer wieder interessante Zeitzonenkonstellationen. Und interessant heißt hier in den seltensten Fällen logisch – so viel vorab.
In Spanien, das eigentlich in derselben Zeitzone wie Großbritannien oder Marokko liegt, gilt unsere Mitteleuropäische Zeit statt der UTC. Veranlasst wurde diese Änderung 1942 durch den Diktator Franco – ob er damit Nähe zum nationalsozialistischen Deutschland suchte, ist bis heute umstritten. China, das eigentlich in vier verschiedenen Zeitzonen liegt, möchte nur in einer Zone liegen (UTC+8). Wenn es also am östlichsten Punkt Chinas 13 Uhr ist, wie auch auf den Philippinen, so ist es auch im Westen des Landes 13 Uhr. In Indien, das sich auf demselben Längengrad befindet, ist es aber erst 10 Uhr. Um genau zu sein 10:30 Uhr, da Indien mit halben Stunden rechnet – ein Kompromiss, um einer Zersplitterung des Landes in zwei Zonen aus dem Weg zu gehen.
Auch an Silvester machen sich die Zeitzonen bemerkbar: Ins neue Jahr starten allen voran die Kiribati-Inseln: eine Inselgruppe, die als einzige Nation der Zeitzone UTC+14 angehört. Obwohl es eigentlich maximal zwölf Stunden Differenz zur UTC geben kann, beschloss Kiribati 1994, diese neue Zeitzone einzuführen. Die Inselgruppe hat somit dieselbe Uhrzeit wie ihre nördlichen und südlichen Nachbarn, Hawaii und Tahiti, die in der Zeitzone UTC-10 liegen. Das Datum auf Kiribati ist allerdings einen Tag weiter. Zuvor verlief die Datumsgrenze mitten durch den über 5000 Kilometer ausgedehnten Inselstaat.
Und falls jemand mal bei „Wer wird Millionär“ landen sollte: Das Land mit den meisten Zeitzonen ist Frankreich. Viel Spaß beim Grübeln!
Von Maja Seewald
...studiert Physik im Master und fotografiert seit Herbst 2019 für den ruprecht. Von Ausgabe 200 bis Ausgabe 208 leitete er das Online-Ressort, von Ausgabe 205 bis 210 die Bildredaktion.