Vielleicht hast du schon mal versucht, jemanden beim Laufen zu fotografieren, und das Bild war total verschwommen. Das lag wahrscheinlich daran, dass die Belichtungszeit zu lang war, denn je schneller sich etwas bewegt, desto kürzer muss diese sein. Ganz ähnliche Probleme haben auch Physiker:innen seit einigen Jahrzehnten.
Sie wollen Bilder von Elektronen, also extrem kleinen Bestandteilen von Atomen, machen, um deren Bewegungen zu untersuchen. Allerdings können sie nicht einfach die Belichtungszeit kürzer machen, denn es gibt folgendes Problem: Lichtteilchen verhalten sich wie Wellen. Im Vergleich zu den Wellen am Strand sind diese Wellen viel kleiner und schneller. Die kürzeste Belichtungszeit entspricht der Zeit, die ein Lichtteilchen braucht, um eine Wellenbewegung zu durchlaufen, weil es genau wie im Wasser keine halben Wellen gibt. Diese Zeit ist schon unvorstellbar kurz, aber noch nicht kurz genug.
Diese Grenze zu umgehen ist ziemlich kompliziert. Ferenc Krausz, Pierre Agostini und Anne L’Huillier haben es geschafft – und wurden dafür dieses Jahr mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. Sie haben dafür einen besonderen Trick benutzt. Lichtwellen lassen sich zwar nicht teilen, doch wenn man Licht durch bestimmte Gase leitet, passiert etwas Merkwürdiges: Das Gas setzt neue, kleinere Lichtwellen frei, die einen Bruchteil der Wellenlänge des ursprünglichen Lichts haben. Wenn mehrere dieser kleinen Wellen genau richtig aufeinandertreffen, verstärken sie sich. Dadurch entstehen sehr kurze Lichtpulse. Durch Kombination mit weiteren Lichtwellen können Wissenschaftler:innen einen einzelnen dieser Lichtpulse heraustrennen und haben somit eine Belichtungszeit, die mit einigen Attosekunden unter dem bisherigen Limit liegt. Eine Sekunde besteht aus so vielen Attosekunden, wie man Murmeln bräuchte, um die Erde mit einer Schicht Murmeln zu bedecken. Mit dieser Attosekundenbelichtung können Wissenschaftler:innen jetzt sogar die schnellen Bewegungen von Elektronen beobachten.
Von Bastian Mucha
...studiert irgendwas mit Naturwissenschaften (Molekulare Biotechnologie) und schreibt seit Sommersemester 2023 für den ruprecht. Neben der Leitung der Bildredaktion ist er vor allem für Illustrationen, Wissenschaft und Satire immer zu haben.