In der Demokratischen Republik Kongo herrscht seit Jahrzehnten Krieg. Ein Blick auf die Geschichte des Landes
Ich komme aus einem der reichsten Länder des Planeten. Dennoch gehören die Menschen in meinem Land zu den ärmsten der Welt. Die erschreckende Realität ist, dass unser Reichtum an natürlichen Ressourcen die Ursache für Krieg, extreme Gewalt und unvorstellbare Armut ist.“ Dies sagt der kongolesische Gynäkologe Denis Mukwege in seiner Friedensnobelpreisrede aus dem Jahr 2018.
Diese immense Fülle an Bodenschätzen veranlasste den belgischen König Leopold II. in den 1870er Jahren dazu, Verträge mit hunderten kongolesischen Herrschern aushandeln zu lassen, die die Abgabe von Land an ihn vorsahen. Als auf der Berliner Konferenz die Aufteilung Afrikas in Kolonien beschlossen wurde, gelang es ihm, die anderen Kolonialmächte davon zu überzeugen, das ihm vertraglich zugesicherte Land als seinen Privatbesitz anerkennen zu lassen. Unter seiner Führung begann die Ausbeutung des Kongos. Millionen von Menschen verloren dabei ihr Leben. Durch den zunehmenden öffentlichen Druck über die Gräueltaten an der Bevölkerung sah sich der Monarch gezwungen, seine Besitzansprüche an den Kongo an den belgischen Staat abzutreten. Von 1908 an setzte Belgien die Ausbeutung fort, bis anhaltende Proteste im Kongo dazu führten, dass im Mai 1960 die ersten Wahlen stattfanden. Der Abzug belgischer Truppen im Zuge der Unabhängigkeit hinterließ ein Machtvakuum. Der von den USA und Belgien unterstütze Oberst der kongolesischen Armee, Mobutu Sese Seko, nutzte die andauernde innenpolitische Krise, um durch einen Staatsstreich 1965 die Macht im Kongo an sich zu reißen.
„Dennis Mukwege: ´Unser Reichtum ist die Ursache für Krieg, Gewalt und Armut´“
Die gewaltsame Absetzung der Mobutu-Diktatur Ende der 1990er Jahre stürzte das Land in eine Abfolge von Kriegen. Trotz einem Waffenstillstandsabkommen zwischen verschiedenen afrikanischen Staaten dauern die Milizenkämpfe im Osten des Kongos bis heute an.Auch deshalb, weil Binnenkonflikte in den östlichen Anrainerstaaten immer wieder auf den Kongo übergreifen. Die instabile Lage in der Region hat dazu geführt, dass sich in der Vergangenheit Splittergruppen entlang ethnischer, religiöser oder ideologischer Bruchlinien abgespalten haben und territoriale Ansprüche auf rohstoffreiche Gebiete reklamieren. So bekämpfen sich extremistische Hutu, die eine Rückeroberung Ruandas anstreben, und die von Ruanda unterstütze Tutsi-Miliz M23. Die aus Uganda vertriebene islamistische Miliz ADF strebt die Errichtung eines Gottesstaates an und ist für zahlreiche Anschläge im Ostkongo verantwortlich. Menschenrechtsorganisationen berichten immer wieder von Gräueltaten an Zivilist:innen, Rekrutierung von Kindersoldaten und sexueller Gewalt. „Das kongolesische Volk wird seit Jahrzehnten gedemütigt, misshandelt und massakriert vor den Augen der internationalen Gemeinschaft“ so Mukwege in seiner Nobelpreisrede über die Gewalt.
Die anhaltenden Milizenkämpfe im Ostkongo machen einen Aufbau der Infrastruktur schier unmöglich. Die Menschen können ihren Lebensunterhalt kaum bestreiten, arbeiten deshalb unter unwürdigen Bedingungen in Minenwerken zur Förderung von Rohstoffen. Das Ausmaß an Armut ist so eklatant, dass Familien sich oft gezwungen sehen, auch ihre Kinder zur Arbeit in Minenwerke zu schicken. In einem späteren Interview warf Mukwege dem Westen Doppelmoral mit Blick auf den Krieg in der Ukraine vor. Man habe auf die humanitäre Lage dort sofort reagiert, während eine vergleichbare Unterstützung für den Kongo bis heute ausbleibe.
„Wenn Sie Ihr Smartphone nutzen oder Ihren Schmuck bewundern, dann nehmen Sie sich doch eine Minute, um sich die menschlichen Verluste zur Herstellung dieser Gegenstände ins Bewusstsein zu rufen“, appelliert Mukwege in seiner Rede. „Sich diesem Elend zu verschließen, kommt einer Komplizenschaft gleich.“
Von Aylin vom Mond
...studiert irgendwas mit Naturwissenschaften (Molekulare Biotechnologie) und schreibt seit Sommersemester 2023 für den ruprecht. Neben der Leitung der Bildredaktion ist er vor allem für Illustrationen, Wissenschaft und Satire immer zu haben.