Viele Studiengänge der Universität Heidelberg setzen Sprachkenntnisse voraus. Wer Lücken hat, muss diese häufig auf eigene Kosten schließen. Die Universität bezieht Stellung
Die Grenzen unserer Sprache sind die Grenzen unseres Studiums. Vom Fragenstellen in einer Vorlesung bis zum Entziffern antiker Texte: Wer die falschen Sprachen kann, der hat es schwer.
So geht es auch vielen Studierenden der Geschichte: wie in anderen Studiengängen müssen sie im Laufe des Bachelorstudiums das Latinum absolvieren. Manche kostet dies viele Tränen, die über Cicero vergossen werden, andere gar das Studium. Aber vor allem kostet es Geld.
Lateinkenntnisse sind in vielen Studiengängen vorgeschrieben, aber die Kurse zur Prüfungsvorbereitung sind nicht im Curriculum enthalten und deshalb nicht umsonst. Die Kurse „Einführung in die Sprache und Kultur Roms I und II“ kosten beispielsweise 48 Euro pro Semester. Sich autodidaktisch auf das Latinum vorzubereiten, empfinden viele Studierende allerdings als unmöglich.
Die Universität schreibt auf Anfrage, man müsse „sorgfältig im Blick behalten, dass kostenpflichtige Zusatzangebote nicht zu Voraussetzungen werden, um Prüfungsleistungen zu bestehen.“ Es sei wichtig, solche Punkte immer wieder anzusprechen.
Dass seit 2021 Gebühren für außercurriculare Sprachkurse erhoben werden, läge an den begrenzten Finanzierungsmöglichkeiten aus zentralen Mitteln. Fächer könnten jedoch die eigenen Mittel nutzen, um Sprachkurse zu finanzieren. „In welcher Form und in welchem Umfang Sprachanforderungen definiert und ins Curriculum integriert werden, liegt bei den Fächern und Fakultäten.“
Wer sich für ein Anglistikstudium in Heidelberg entscheidet, muss einen Aufnahmetest absolvieren. Bewerber:innen müssen unter anderem altenglische Texte einordnen und Fragen zu Stilmitteln beantworten. Die Sprachkompetenz selbst, berichten viele, würde dabei kaum abgefragt. Viele verstehen nicht, worauf der Test abzielt.
„Es ist ein häufiges Missverständnis bei Bewerber:innen, dass im Englischstudium die Perfektionierung der Fremdsprachenkompetenz im Mittelpunkt steht“, erklärt Heiko Jakubzik, Geschäftsführer des Anglistischen Seminars. Das Anglistikstudium bestehe vor allem aus Literatur-, Kultur-, und Sprachwissenschaften. Der Test solle prüfen, ob sich Bewerber:innen für diese Bereiche interessieren würden. Wer es reizlos fände, sich mit der altenglischen Version des Vaterunsers zu befassen, könne es später schwer haben, Interesse an bestimmten Studieninhalten zu finden. Auf die Frage, warum es keine Übungsaufgaben für den Aufnahmetest gibt, schreibt Jakubzik, dass er die Idee dem Fachrat Anglistik vorlegen werde. „Der Wunsch nach Übungsaufgaben zur Vorbereitung ist verständlich. Man hätte so noch mehr Raum, über Studieninhalte zu informieren.“
In Physik wird der Bachelor auf Deutsch gelehrt, der Master ist jedoch komplett auf Englisch. Damit ist die Physik nicht allein, auch in VWL wird zwischen den Studienabschnitten von Deutsch auf Englisch gewechselt. Doch während in der VWL ein fachspezifischer Englischkurs angeboten wird, gibt es in der Physik keinen solchen Kurs im Modulhandbuch. Dies war nicht immer so: Früher bot die Fakultät für Physik Kurse für wissenschaftliches Englisch an. Laut Studiendekan Björn Malte Schäfer wurde die Veranstaltung kaum besucht, weshalb der Kurs eingestellt wurde. Die einzige Möglichkeit, fachspezifisches Englisch zu lernen, gibt es bei einem gemeinsamen Kurs mit den Chemiker:innen.
Auch seien die Studierenden überdurchschnittlich gut im Englischen: „Viele wählen sogar freiwillig Englisch als Sprache, in der Bachelorarbeiten verfasst oder Seminarvorträge gehalten werden, die auch auf Deutsch abgelegt werden könnten.“ Daher sehe man aktuell keinen Bedarf an zusätzlichen Englischkursen.
Schäfer betont jedoch, dass die Fakultät Wünsche hinsichtlich des Curriculums ernst nehme: „Uns ist der Austausch mit den Studierenden wichtig. Sie alle sind willkommen, Themen an uns heranzutragen.“ Dies sei zum Beispiel über die Fachstudienberatung, die Fachschaft oder über den Studiendekan möglich.
Von Lena Hilf
Korrekturhinweis: Im Text wurde am 14.5.24 hinzugefügt, dass es einen Englischkurs für Physiker:innen und Chemiker:innen gibt, dieser ist nicht im Modulhandbuch der Physik aufgelistet.
...studiert Physik und schreibt seit Oktober 2019 für den ruprecht. Besonders gerne widmet sie sich Glossen, die oft das alltägliche Leben sowie wissenschaftlichen oder politischen Themen. Seit April 2021 leitet sie das Ressort Hochschule.
...studiert Kunstgeschichte und Politikwissenschaft, seit 2021 schreibt sie über Kurioses aus Politik, Kultur und dem studentischen Leben