Wer sich mit Stars und vermeintlichen High-Performern vergleicht, kann nur verlieren
Es war der Moment nach dem Film „Enola Holmes“, als ich feststellen musste: „Fuck, ich werde unaufhaltsam älter!“. Männer haben dieses Gefühl meist, wenn Siebzehnjährige ihr Bundesligadebüt feiern – naja, dasselbe Gefühl hatte ich heute. Das klassische Googeln der Hauptcharaktere, um die Filmstimmung weiter auszudehnen, brachte mich zum Geburtsdatum von Millie Bobby Brown.
Sie ist im Februar 2004 geboren und damit etwa einen Monat jünger als ich. Millie Bobby Brown ist jetzt schon gleichzeitig Filmstar, Model, Autorin und ja, natürlich auch Millionärin – eine ganz normale Neunzehnjährige eben. Während Millie zwischen roten Teppichen Filme dreht und mit neuen Düften Parfümerien überschwemmt, liege ich in meinem Bett, nachdem ich, anstatt die Wäsche zu waschen, lieber vier Stunden Netflix auf mich einwirken lasse.
Dabei frage ich mich, seit wann erwachsene Stars in Filmen eigentlich jünger sind als ich. Irgendwie habe ich bisher noch nie mitbekommen, wie schnell das alles passiert. Ehe man sichs versieht, sind Menschen in deinem Alter glamouröse, weit entfernte Gestalten mit eigener Villa, während du inmitten deiner Fünfer-WG realisierst, dass du den Müll nicht rausgebracht hast und der Putzplan mal mehr, mal weniger funktioniert.
Allerdings ist auch zu erwähnen, dass Millie Bobby Brown mit 19 schon verlobt ist – nicht unbedingt eine kollektive Traumvorstellung junger Menschen. Generell sollte man sich bei solchen Vergleichen vielleicht erstmal fragen, ob die vermeintlich erfolgreichen Lebensvorstellungen anderer überhaupt den eigenen entprechen. Das beste Beispiel hierfür ist neben berühmten Schauspieler:innen und Fußballer:innen die Plattform LinkedIn. Ein als Karriereplattform getarntes soziales Netzwerk, das uns immer wieder zeigen soll, wie erfolgreich alle anderen eigentlich sind.
Die Krux an der Sache ist: Auf LinkedIn gibt es nur den einen Lebensweg – alle wussten von Anfang an, was sie tun. Im Kinderwagen war ihnen schon klar: „Ich werde irgendwann mal Big Business!“. Die strategischen Praktika brachten sie dann dort hin, wo sie heute sind: im Networking-Hub. Wenn du dich mitten im Studium zwischen Prüfungsphase und Mitbewohner:innen gerade nicht auf LinkedIn siehst und dir der „große“ Erfolg noch weit entfernt scheint, lass dich trotzdem nicht auf das trügerische Bild der angeblichen High-Performer:innen ein. Nicht mal das Urban Dictionary hat einen Eintrag für die Überflieger:innen-Definition. Also: Falls ihr gerade weder eure erste Million verdient noch euer erstes Buch geschrieben habt, seid gewiss, ihr habt ganz eindeutig nichts verpasst. Man merke: Wer sich zu sehr von nicht existierenden High-Performern beeindrucken lässt, verliert ganz aus den Augen, wie viel wir tagtäglich leisten.
In diesem Sinne: Viel Erfolg in der Prüfungsphase, ihr schafft das schon!
Eine Glosse von Sonja Drick
...studiert Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre im Bachelor. Sie schreibt seit November 2023 für den ruprecht und kann die Zeitung besser lesen, als sie danach wieder zusammenzufalten.