In keinem Land der Welt haben arbeitende Frauen die gleichen Rechte wie Männer. Ein Blick auf den Weltbank-Report
Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen“. Dies ist eines von 17 Zielen der UN, um eine nachhaltige Entwicklung zu realisieren. Dass hierfür ein Gesetz allein nicht ausreicht, zeigt der neue Befundbericht der Weltbank.
Der Report „Women, Business and the Law 2024“ untersucht den Fortschritt in der Geschlechtergleichstellung in 190 Ökonomien. Auch im diesjährigen Bericht wurden die Indikatoren Mobilität, Arbeitsplatz, Bezahlung, Heirat, Elternschaft, Unternehmertum, Vermögen und Rente untersucht. Neu sind die Aspekte Sicherheit und Kinderbetreuung. Die Mitberücksichtigung dieser Indikatoren sorgte für eine drastische Verschlechterung aller Ergebnisse, sodass nun kein Land der Welt auf dem Papier Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern bietet.
Trotz der Bemühungen, die Situation von Frauen weltweit zu verbessern, ist der Bericht nicht frei von Kritik. In den bisherigen Ausgaben wurde lediglich der rechtliche Status quo betrachtet, der jedoch nicht die alltägliche Lebensrealität von Frauen widerspiegelt. In der diesjährigen Edition des Reports rückten die tatsächlich realisierten juristischen Rahmenbedingungen für Geschlechtergleichstellung in den Fokus. Zum Beispiel haben 95 Länder Gesetze zur Verbesserung der Lohngleichheit erlassen. Darauf aufbauend haben aber nur 35 davon das Lohngefälle durch aktive Eingriffe tatsächlich verringert.
Diese teils nur auf dem Papier wirkenden Verbesserungen zeigen sich auch an folgendem Sachverhalt: Obwohl in 151 Ländern Gesetze gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz gelten, schützen nur 39 von ihnen Frauen vor Übergriffen in der Öffentlichkeit, beispielsweise auf dem Weg zur besagten Arbeit. Im Hinblick auf Reformen wurden die Länder Subsahara-Afrikas gelobt, im globalen Vergleich schneiden sie jedoch trotz der Verbesserungen am schlechtesten ab. Indermit Gill, Chefökonom der Weltbankgruppe, betonte gegenüber dem Guardian, dass Ökonomien auch ein wirtschaftliches Interesse an der Gleichstellung der Geschlechter haben. Die Schließung aller Gender Gaps in Beschäftigung und Gründungstum würde das globale Bruttoinlandsprodukt vermutlich um 20 Prozent steigern. Durch die daraus folgende Erhöhung der verfügbaren Arbeitskraft sagten aktuelle Schätzungen eine Verdopplung der globalen Wachstumsrate für das nächste Jahrzehnt voraus. Aber auch im deutschen Kontext des Fachkräftemangels hätte eine weitreichendere Gleichstellung das Potenzial die Situation auf dem Arbeitsmarkt nachhaltig zu verbessern.
Insgesamt bleibt der Bericht ein wichtiges Instrument zur Sensibilisierung für die Herausforderungen, denen Frauen weltweit gegenüberstehen. Im letzten Jahrzehnt zeigt sich ein Anstieg der Geschlechtergleichheit, aber auch, dass wir selbst in den fortschrittlichsten Ländern noch weit davon entfernt sind, Geschlechterparität zu erreichen.
Von Theresa Fidušek und Lukas Wichelmann
Die Weltbankreports sprechen nur von Männern und Frauen. Wir kritisieren dies und hoffen, dass in Zukunft diverser gedacht wird.
...studiert Kunstgeschichte und Politikwissenschaft, seit 2021 schreibt sie über Kurioses aus Politik, Kultur und dem studentischen Leben