Das Semester hat nun schon seit einer Weile begonnen und doch trauern viele noch dem Sommer und ihrem Urlaub hinterher. Auch ich habe eine schöne Zeit; mit einem alten, italienischen Zug fuhr ich nach Prag, mit der Fähre durch Stockholm und dem Auto über szenische Straßen und Autobahnen durch Schweden, Dänemark und Frankreich. Ach, war das nicht schön, mit dem Tempomat auf 120 den Ausblick genießend, den ruhigen, regelmäßigen Fluss des Verkehrs beobachtend? Doch ganz gleich wie lang die Idylle hält, irgendwann muss man doch zurück nach Deutschland und obwohl das Wetter umschwingt und die Menschen unfreundlicher werden, ist es etwas Anderes, das mir die Laune vermiest:
Dieser verdammte Stau! Täglich werden den deutschen Autofahrenden tausende Stunden geraubt und
warum?
Damit ein Familienvater, der seinen Töchtern zeigen will, dass sein VW Tiguan sogar bis 240 fährt, auf möglichst schnellem und direktem Wege beim Teufel vorstellig werden kann? Dass jeden Tag ein anderer Sportwagen, der zuvor einen armen, voll beladenen Sprinter von der linken Spur zu drängen versuchte, nun doch ganz langsam und gemächlich in eine Werkstatt eingeliefert werden muss? Autofahren macht Spaß und schneller fahren macht noch mehr Spaß, ich verstehe das sehr gut. Und trotzdem frage ich mich jede Urlaubssaison, vor jedem Wintersemester erneut: Was ist der Grund, weswegen jedes Mal SUVs bei strömendem Regen mit 200 an mir vorbei fahren? Ist es ein fehlendes Verständnis von Aquaplaning und den überaus unangenehmen physikalischen Größen von Gewicht, Geschwindigkeit und Bremsweg, die manch einem wohl nur über den herzlichen Kontakt mit der Leitplanke bewusst werden? Oder ist es doch der institutionalisierte, selbstmörderische Instinkt, den ADAC, FDP & Co. KG uns über die Jahre anerzogen haben?
Säßen wir nicht alle deswegen noch länger im Stau, wäre den oben genannten fast zu wünschen, dass sie mal am eigenen Lack erfahren, was das Resultat ihrer Politik ist.
Von Matthias Lehnen
...studiert Geschichte und PoWi, schreibt meistens Unernstes und Erlogenes, aber auch manchmal Sachen für den ruprecht.
...studiert irgendwas mit Naturwissenschaften (Molekulare Biotechnologie) und schreibt seit Sommersemester 2023 für den ruprecht. Neben der Leitung der Bildredaktion ist er vor allem für Illustrationen, Wissenschaft und Satire immer zu haben.