Kein Bass ist auch keine Lösung. Ein externes Gutachten bestätigt: Die Schallemissionen des neuen Karlstorbahnhof sind zu hoch. Worin genau das Problem besteht
Wenn wir die Clubkultur verlieren, verlieren wir auch ein Stück Leidenschaft, ein Stück Vielfalt, ein Stück unseres Zuhauses”, sagt eine Besucherin der „DJ-Conference“ 2024 in einem Instagram-Video, das der „Karlstorbahnhof“ Mitte Oktober veröffentlichte. Doch genau dieses Zuhause, dieses „Lebensgefühl“, wie Cora Maria Malik es nennt, sorgt in der Südstadt für Konflikte. Seit der Eröffnung vor genau zwei Jahren hätten sie Lärmbeschwerden von Anwohner:innen erreicht sagt die Geschäftsführerin des Kulturhauses. Dabei hatte die Stadt Heidelberg das Gebäude für über 20 Millionen Euro sanieren lassen. Im August dann der Schock – ein offizielles Gutachten bestätigt: Der Schall, der bei den Anwohner:innen ankommt, ist tatsächlich zu laut.
„Wir sehen, dass der Karlstorbahnhof als erweitertes Konzept hier total gut angenommen wird“, sagt Malik. So sei auch der Dialog mit den Betroffenen sehr positiv. „Der Grundtenor ist: Es gibt ein Problem und das muss gelöst werden, aber ihr seid gewollt hier!“ So sieht es auch Tobias Fahlisch. Der Familienvater wohnt direkt gegenüber des Kulturzentrums und ist „stark davon überzeugt, dass Kunst und Kultur das Viertel bereichern. Wir sind unter anderem extra hierher gezogen, weil der Karlstorbahnhof ein tolles Kulturzentrum ist, das Leben ins Viertel bringt“. Die Kommunikation mit dem Karlstorbahnhof sei „sensationell“ und man sehe, dass das Team um Malik viel für eine konstruktive Lösung tue. Man habe Abläufe im Betrieb verbessert, achte darauf, dass die Türen geschlossen seien, habe den Clubeingang zur Seite verlegt und die Sicherheitspersonal gebriefed, sodass dieses die Besucher:innen dazu anhalte, beim Verlassen des Clubs leise zu sein. „Anfangs haben die Securities die Leute sogar bis zur Bushaltestelle begleitet und sie dort nochmal darauf hingewiesen, dass hier Wohngebiet ist“, so Malik. Doch all das reiche nicht aus, um das Problem zu lösen. Dabei ist im Innenraum sowohl die Lautstärke als auch der Bass innerhalb des gesetzlichen Rahmens, nur bei den Nachbarn draußen komme zu viel davon an.
Einfach leiser drehen ist keine Option
Die Anlage einfach leiser zu drehen ist dabei aber keine Option, denn: „Wir haben gewisse Anforderungen von Künstler:innen und Agenturen, die hier nur auftreten, wenn im Innenraum eine gewisse Lautstärke möglich ist.“ Teilweise sei das sogar vertraglich zugesichert, so die Leiterin des „Karlstorbahnhofs“. Doch Malik geht es dabei noch um etwas anderes: „Für uns hat das etwas mit Klangqualität zu tun, es geht essenziell darum, dass wir jeder Kulturform zugestehen wollen, ein Klangerlebnis bei ihrem Publikum zu erzeugen“, und das gehe langfristig nur mit baulichen Veränderungen. Hier sieht Malik allerdings die Stadt in der Verantwortung, denn diese sei als Eigentümerin des Gebäudes dafür zuständig.
„Für uns hat das etwas mit Klangqualität zu tun“
„Dem Karlstorbahnhof“ selbst seien als Mieter die Hände gebunden. Von Seiten der Stadt heißt es jedoch, man habe „alle rechtlich vorgeschriebenen Lärmschutzmaß-nahmen“ beim Bau berücksichtigt, bauliche Mängel schließe das Gutachten aus. Aktuell werde „eine kleine bauliche Anpassung“ geprüft, die schon zum Jahresende hin eine Verbesserung herbeiführen könne. Anwohner Fahlisch ist hier nur vorsichtig optimistisch. Er rechnet erst innerhalb des nächsten Jahres damit, dass tatsächlich bauliche Maßnahmen umgesetzt werden. „Und die Frage ist dann natürlich auch, wie effektiv das ist“, sagt er. Malik betont allerdings, sie sei „froh, dass die Stadtverwaltung gerade aktiv daran arbeitet, das Problem zu lösen“. Und allgemein entsteht der Eindruck, dass trotz der Schwierigkeiten allen Beteiligten viel an einer baldigen Lösung gelegen ist.
Von Lukas Hesche
...studiert Sonderpädagogik an der PH und wenn er mal wieder etwas zum Prokrastinieren braucht, schreibt er Artikel für den ruprecht.