Die neue Hochschulfinanzierungsvereinbarung des Landes Baden-Württemberg ist da. Im November wurde in Stuttgart dagegen demonstriert, auch die Universität Heidelberg rief zur Teilnahme auf. Was die Pläne für die Hochschulen bedeuten könnten
Mensa, Lehre, Personal: Das alles kostet die Universität Geld. Undichte Feldmensa, schlechte Institutsöffnungszeiten: An vielen Stellen fehlt es schon jetzt . Und nun drohen neue Finanzierungspläne des Landes Baden-Württemberg weitere Sparmaßnahmen nötig zu machen.
Im Zuge der Haushaltsplanungen verhandelt das Land auch die zukünftige Hochschulfinanzierung von 2026 bis 2030. Genannt „Hochschulfinanzierungsvereinbarung III (HoFVIII)“ sieht sie eine jährliche Steigerung von 3,5 Prozent bei der Grundfinanzierung der Hochschulen vor – deutlich weniger als von den Hochschulen gefordert. Mitte November protestierten deshalb landesweit Hochschulangehörige gegen die Pläne.
Die Hochschulen befürchten, dass die neuen Finanzierungspläne die hohen Inflationsraten und gestiegenen Energiekosten nicht angemessen ausgleichen können. Durch die neue Hochschulfinanzierungsverordnung könnten langfristig drastische Sparmaßnahmen erforderlich sein. Der Großteil der jährlichen Steigerung wird laut Angaben der Hochschulen für tariflich vereinbarte Gehaltssteigerungen beim Personal benötigt, sodass nur noch 0,4 der 3,5 Prozent Steigerung verbleiben. Wissenschaftsministerin Petra Olschowski von den Grünen hingegen betonte gegenüber dem SWR, dass das Land die steigenden Personalkosten vollständig übernehme.
Effektiv, so Studierendenvertretungen in Baden-Württemberg, komme die neue Finanzierung einer Kürzung von 1,6 Prozent gleich. Stattdessen fordern sie und die Hochschulen eine jährliche Steigerung der Grundfinanzierung um 6 Prozent. Im Jahr 2023 lagen die Gesamteinnahmen der Uni Heidelberg bei etwa 940 Millionen Euro, sodass auch kleine Änderungen des Prozentsatzes bereits große Auswirkungen haben. Davon stammen etwa 560 Millionen Euro aus Landeszuschüssen, gefolgt von Drittmitteleinnahmen mit etwa 350 Millionen Euro. Landesmittel stellen also eine zentrale Einnahmequelle dar. Unzureichende Finanzierung hätte deswegen weitreichende Folgen für die Hochschulen.
Der Heidelberger Studierendenrat nennt kürzere Bibliotheksöffnungszeiten, weniger Tutorien und schlechteren Support bei technischen Problemen als mögliche Einsparungsmaßnahmen in Folge der HoFVIII. Kleinere Studiengänge wie Ägyptologie oder Japanologie, sogenannte „Orchideenfächer“, könnten vollständig wegfallen.
Auch die Universität Stuttgart befürchtet, in Zukunft stärker am Personal sparen zu müssen. Frei werdende Stellen könnten nicht oder erst mit Verzögerung wieder besetzt werden, was schlechtere Angebote für Studierende zur Folge hätte. Auch für Absolvent:innen würde der Sprung in die Wissenschaft dadurch weiter erschwert werden, da sich der Konkurrenzkampf um wenige verbleibende Stellen weiter verschärfe.
Um steigende Energiekosten oder angemietete Gebäude bezahlen zu können, müssten auch Mittel, die bislang für Forschung und Lehre vorgesehen waren, umgeschichtet werden. Die Sanierung alter Gebäude sei zwar eigentlich Aufgabe des Finanzministeriums, oft müssten Universitäten aber auch eigene Gelder zur Verfügung stellen. Ohne diese Mittel könnte es weniger Sanierungen geben, alte Gebäude müssten geschlossen bleiben. Ähnliche Szenarien sind auch für die Uni Heidelberg denkbar, an der es jetzt schon von der Decke tropft und Seminarräume asbestbelastet sind.
Am 15. November kam es deshalb in Stuttgart zu einer Demonstration gegen die Pläne zur Hochschulfinanzierung, die von der Studierendenvertretung der Universität Stuttgart organisiert wurde. Auch die Uni Heidelberg und der Stura hatten zur Teilnahme an der Demo aufgerufen, die Landesrektoratekonferenz der Unis in Baden-Württemberg solidarisierte sich in einer Pressemitteilung mit den Protestierenden. Es gingen etwa 1000 Personen auf die Straße, die hauptsächlich aus Stuttgart selbst kamen. Vereinzelt nahmen auch Heidelberger:innen an der Demo teil. Der Journalist Michael Weber betonte dort in einer Rede insbesondere die Bedeutung der Universitäten für die Zukunft des Landes Baden-Württemberg: „Die Investitionen in Wissenschaft sind Investitionen in die Zukunft.“
Laut Landesrektorenkonferenz führt jeder Euro, der in Baden-Württembergische Hochschulen investiert wird, zu einer Wertschöpfung von fünf Euro.
Bereits vor der Demonstration veranstaltete der Stura zusammen mit den Fachschaften Politikwissenschaft und Soziologie eine Informationsveranstaltung mit Bernhard Eitel. Eitel war von 2007 bis 2023 Rektor der Uni Heidelberg und an den Verhandlungen der letzten Hochschulfinanzierung als Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz beteiligt. Er kritisiert die neuen Pläne des Landes und bedauert, dass in Heidelberg keine Demonstration stattfindet. „Sie sind mir alle viel zu leise“, so Eitel. Auch betont er die Verantwortung der Landesregierung. „Die Konsequenzen von Einsparungen werden wir nicht unmittelbar, sondern erst in Zukunft zu spüren bekommen.“
Eine schlechtere Finanzierung durch das Land könnte sich zudem auch auf Drittmittel und Förderungen auswirken: Wenn die Uni Heidelberg gezwungen ist, an der Infrastruktur zu kürzen, wirke sich das direkt auf die Studienbedingungen und Forschungsmöglichkeiten aus. Dadurch könne nur noch unzureichend mit konkurrierenden Standorten und Hochschulen mitgehalten werden.
Maximilian Hartlieb, Mitglied des Stura und der Liberalen Hochschulgruppe, war Initiator der Infoveranstaltung. Ihm ist vor allem wichtig, dass sich Studierende mit dem Thema befassen und sich für ihre Interessen einsetzen: „Es reicht nicht, wenn es eine landesweite Demonstration in Stuttgart gibt, sondern es braucht auch Protest an den Unis in den einzelnen Städten und hier in Heidelberg.“
Jana Seifert sitzt im Stura und war bei der Demo in Stuttgart dabei: „Die Demo hat gezeigt, dass hinter den Forderungen eine große Öffentlichkeit steht. Als Studierende müssen wir uns engagieren und unseren Forderungen noch mehr Nachdruck verleihen – auch und gerade hier in Heidelberg.“
Von Lukas Hesche, Ulrike Husemann und Pauline Zürbes
...studiert Sonderpädagogik an der PH und wenn er mal wieder etwas zum Prokrastinieren braucht, schreibt er Artikel für den ruprecht.
…studiert Jura und schreibt seit 2024 über das, was Heidelberg bewegt.
...studiert Physik im Master und fotografiert seit Herbst 2019 für den ruprecht. Von Ausgabe 200 bis Ausgabe 208 leitete er das Online-Ressort, von Ausgabe 205 bis 210 die Bildredaktion.