Filme wie „Triumph des Willens“ machten Leni Riefenstahl weltbekannt – und zum künstlerischen Aushängeschild des Nationalsozialismus. Ein Dokumentarfilm beschäftigt sich mit ihrem Nachlass
Rezension
„Ich hab es nicht gewusst. Ich hab es nicht gewusst!“ Leni Riefenstahl schreit, brüllt, zur Not wirft sie eine Zigarettenpackung nach dem Kameramann. Nichts gewusst haben will die Lieblingsregisseurin Hitlers von der Verfolgung und Ermordung von Millionen Menschen. „Mir hat das niemand gesagt. Wer hätte es mir denn sagen sollen?“ fragt sie den Moderator in einem Fernsehinterview. Ihr jüdischer Arzt sei schließlich 1938 bereits in die USA geflohen.
Riefenstahl beginnt ihre Karriere als Schauspielerin in Bergfilmen. Sie will berühmt werden, wird Regisseurin. Ihr Debütfilm „Das blaue Licht“, in dem sie nach eigener Aussage Schauspielerin, Drehbuchautorin, Kamerafrau und Regisseurin in einem ist, macht es möglich. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wird sie beauftragt, die sogenannte „Reichsparteitagstrilogie“ zu drehen, für die Leni Riefenstahl zahlreiche Preise gewann. 1938 folgte „Olympia“, ein zweiteiliger Propagandafilm über die Olympischen Spiele in Berlin. Hitler schenkte Rosen zur Premiere. Alles unpolitisch, wird Leni Riefenstahl später sagen. Sie habe nur Aufträge angenommen, nichts weiter.
2016 – mehr als zehn Jahre nach ihrem Tod – wird Riefenstahls Nachlass freigegeben. 700 Kisten voller Aufzeichnungen, Tonbänder und Tagebücher. Sorgfältig durchkämmt von Andreas Veiel und seinem Team für den Film „Riefenstahl“.
Vorwissen zur titelgebenden Person ist hier erwünscht. Der Film zeigt nur die für den Regisseur wichtigsten Schlüsselereignisse. Sie ziehen einen zwar in den Bann, wiederholen sich aber inhaltlich. Fragmente: Riefenstahl, wie sie in „Das blaue Licht“ einen Berg erklimmt. Ihr aufbrausendes Auftreten im Fernsehen nach dem Krieg. Riefenstahl in Tränen aufgelöst, als sie die Filmarbeiten in Polen auf eigenen Wunsch abbrach. Als alte Frau, wie sie vergnügt Stellen aus „Triumph des Willens“ auswendig aufsagt. Sektpartys mit ihren Schulfreundinnen. Riefenstahl beim Skiurlaub mit ihrem Freund Albert Speer. Die „traumhaften“ Afrikareisen mit ihrem 30 Jahre jüngeren Partner Horst Klettner. Auftritte in Talk-Shows, in denen sie den politischen Aspekt ihrer Arbeit leugnet.
Nach dem Krieg wird sie als „Mitläuferin“ eingestuft. Leni Riefenstahl war niemals in der NSDAP, unterhielt aber enge Beziehungen zu Parteifunktionären. Der Film beleuchtet bis dahin Unbekanntes aus dem Nachlass Riefenstahls. Einige Leerstellen ihrer Biographie werden geschlossen, doch nur mit den Mitteln, die Riefenstahl der Nachwelt zur Verfügung stellte.
Von Amélie Lindo und Mara Renner
...studiert Germanistik und Japanologie im Bachelor. Seit 2022 ist sie beim ruprecht aktiv und leitet seit dem WiSe 2022 das Feuilleton.
...studiert Kunstgeschichte und Politikwissenschaft, seit 2021 schreibt sie über Kurioses aus Politik, Kultur und dem studentischen Leben