Schon mal davon geträumt, dich selbst auf der Kinoleinwand zu sehen? Keine Sorge, dafür musst du nicht bis nach Hollywood reisen. Auch in Heidelberg wird die große Bühne gefördert und gefeiert. Der Heidelberger Filmkreis vereint kreative Köpfe und präsentiert seine Kurzfilme mit Stolz – und das sogar im geliebten Gloria Kino. Die Gründer und Hauptdarsteller des jüngsten Projektes, Linus, Malte und Marvin erlauben uns im Gespräch einen Blick hinter die Kulissen.
Wer seid ihr?
Linus: Ich bin 22 Jahre alt, ich studiere Grundschullehramt hier in Heidelberg. Ich habe mich damals bei einem Aufruf beworben und hatte davor mit Filmen relativ wenig am Hut, aber schon immer diese Faszination für Theater und Film. Und so bin ich da hineingerutscht.
Malte: Ich bin 20. Ich bin aus Magdeburg und studiere hier Psychologie im ersten Semester. Ich habe eine Kommilitonin, die hier im Filmkreis ist. Und so spiele ich jetzt eine Hauptrolle, mit Linus zusammen. Und meine Lieblingsfarbe ist Gelb. Das ist auch wichtig.
Marvin: Ich bin 23 Jahre alt. Ich habe den Filmkreis gegründet und die beiden hier gefunden. Und mein Lieblingspianist ist Grigory Sokolov.
Was ist der Filmkreis und wie kam es dazu?
Marvin: Der Filmkreis ist eine studentische Hochschulgruppe, die es seit zwei Jahren gibt. Die Gruppe wurde gegründet, um eine Anlaufstelle für Filminteressierte zu schaffen, über die sie sich in Heidelberg vernetzen können. Inzwischen sind wir mit wechselnder Besetzung etwa neun Leute. Das sind Regisseur, zwei Hauptdarsteller und die Crew.
Euer erster Kurzfilm „Oh Joy“ hat im Juli 2024 Premiere gefeiert. Worum geht es da?
Marvin: Das war ein „Proof-of-Concept“ für das jetzige Projekt. Da geht’s um zwei junge …
Linus: … liebende Männer.
Marvin: Es geht um zwei Jungen. Der Film läuft jetzt auch als nächstes bei der „Filmschau Baden-Württemberg“ am siebten Dezember in Stuttgart. Wir waren in den vergangenen Semestern auch schon im Unikino zu sehen. Die Premiere für den neuen Film „Signs of Love“ wird am ersten Februar in der „Kamera“ in Neuenheim sein.
Was fasziniert euch an der Filmemacherei?
Linus: Für mich kommt die Begeisterung ursprünglich vom Schauspiel. Weil ich auch Theaterpädagogik als Erweiterungsfach habe, möchte ich möglichst viele Berührungspunkte mit Film, Schauspiel, Theater bekommen. Da habe ich großes Potenzial in diesem Casting-Aufruf von Marvin gesehen. Ich wollte es einfach mal selbst ausprobieren, weil, wie ich später gelernt habe, es etwas ganz anderes als die normale Theaterschauspielerei ist. Dass man auf so viele unterschiedliche Dinge achten muss, dass es auch authentisch wirkt. Das war eine große Lernerfahrung. Deswegen bin ich froh, das auch gemacht zu haben.
Malte: Zwei Sachen. Erstens, ich liebe es, neue Sachen zu machen. Und das war die Gelegenheit. Da sage ich natürlich nicht nein. Und zweitens liebe ich es auch, in andere Rollen zu schlüpfen. Irgendwie ist das sehr einfach für mich. Einfach ernst und drinnen zu bleiben, auch wenn alle anderen lachen.
Marvin: Eigentlich mag ich Filme gar nicht so gern. Ich hab eher Freude an den bildenden Künsten und der Musik, vor allem wegen des performativen Charakters. Musik existiert nur im Moment und ist daher in jeder Darbietung wieder etwas Besonderes. Ein Film hingegen ist tote Masse. Daher ist die Partizipation der Zuschauer:innen umso wichtiger. Deshalb haben wir eine etwas eigene Methode. Wir zeigen möglichst wenig, damit wir die Leute zum Substituieren des fehlenden Materials bewegen. Vor allem durch das Ohr, das viel fantasievoller ist als das passive Auge.
Wie läuft der typische Prozess ab, von der Idee bis zum Film?
Marvin: Das Drehen eines Films ist Teamarbeit und ein im Idealfall höchst arbeitsteiliger Prozess. Im Script-Department finden sich die Ideen. Dann wird ein Drehbuch verfasst. Andere Departments erstellen Shotlists, Castings werden einberufen und dann wird gedreht. Das Drehen selbst ist eigentlich nur das Überleben der ganzen Probleme am Set. Danach kommt das Schneiden und die ganze Post-Produktion. Wer am neuen Projekt auch mitwirken möchte, kann uns über unseren Instagram Account oder unsere Webseite finden und kontaktieren.
Was fandet ihr beim letzten Projekt „Oh Joy“ am prägendsten?
Malte: Da war ich nicht dabei, aber ich habe ihn gesehen und fand zwei Sachen prägend. Einerseits: Er war sehr komisch. Andererseits waren viele Szenen richtig kinematisch. Und dass man das hier hinkriegt, bei so einer Kamera hat mich richtig fasziniert. Und ich bin ja auch gespannt, wie der neue Film dann wird.
Linus: Bei „Oh Joy“ war ich auch nicht dabei. Ich kann es nur auf das Aktuelle beziehen. Für mich ist das jetzige Projekt prägend. Ich habe auch schon versucht mit dem eigenen Handy Projekte zu filmen. Aber wenn man dann plötzlich mit einem richtigen Filmequipment abgefilmt wird, Leute, die sich um dich stellen und dir sagen: „Versuch‘ mal, das Licht dorthin zu machen“ oder „Linus, stell dich hier hin.“ Das war einfach für mich ein ganz anderer Einblick.
Marvin: Also beim ersten Projekt war es schön, tatsächlich eine positive Resonanz bei der Premiere zu sehen. Ich war am Morgen relativ aufgeregt, aber die Leute waren irgendwie angeregt. Dementsprechend bin ich jetzt mal gespannt, wie dann das neue Projekt ankommt.
Wollt ihr später in dem Bereich arbeiten?
Linus: Also für mich, wie für Malte, ist es auch einfach die Begeisterung, neue Dinge auszuprobieren. Ich will es einfach mal gemacht haben. Das erfüllt mich. Und das reicht mir auch, wenn ich damit jetzt nur eine einmalige Erfahrung gemacht habe.
Malte: Ja, ich würde gerne weitermachen. Ich mache jetzt auch Theater durch den Film. Im Taeter-Theater.
Marvin: Ich denke schon, dass ich das weiterverfolgen werde.
Sind Film und Schauspiel für euch die idealen Medien um sich auszudrücken?
Malte: Also Marvins Art zu filmen sicher nicht. Wie er auch schon gesagt hat, da wird nicht viel gezeigt, damit der Zuschauer selber nachdenken und dazu denken kann. Aber allgemein schon. Man kann in andere Rollen schlüpfen. Ja, ich kann auf einmal rumschreien und kurz einfach jemand anderes sein. Aber für mich ist das jetzt nicht unbedingt meine liebste Art, mich auszudrücken. Das mache ich lieber mit Musik.
Linus: Ich würde auch nicht sagen, dass mir jetzt der Film beziehungsweise das Projekt gut geholfen hat, mich auf meine Art auszudrücken. Besonders meine Rollenbeschreibung im Film ist deutlich anders, als ich mich verhalten würde. Ich mache das Ganze auch, damit Marvin fröhlich ist. Für mich ist auch Kunst und Musik mehr meine Art, mich auszudrücken. Ich studiere auch Kunst. Aber ich habe da jetzt noch nicht so drüber nachgedacht.
Marvin: Mir macht das Machen selber tatsächlich genügend Spaß. Aber in meiner Freizeit kann ich mich eher mit anderen Dingen emotional identifizieren.
Was wäre denn euer Wunschprojekt mit unendlichem Budget? Könntet ihr euch vorstellen, nicht nur einen Kurzfilm daraus zu machen, sondern auch etwas Längeres?
Marvin: Geld macht die Sache nicht unbedingt einfacher. Denn die Person, die dir das Geld gibt, hat die Kontrolle. Es ist natürlich immer schön, wenn viele Leute es sehen, weil man damit schon wirklich viel Arbeit hat. Und es ist natürlich schade, wenn es dann keiner sieht. Aber was die Methode angeht, bleibt alles gleich. Inhaltlich muss man schauen, was einem relevant genug ist, damit man sich darum bemüht.
Linus: An etwas Längerem, also an Projekten mit Spielfilmlänge zu drehen, wäre für mich vielleicht interessant, wenn ich keine Hauptrolle hätte. Einfach weil das auch schon eine recht große Verpflichtung ist. Während der Dreharbeiten zu unserem Film hat das Semester schon angefangen. Und ich habe mir dafür eine Woche Pause genommen. Ich versuche bis heute mehr oder weniger die Inhalte der verpassten Veranstaltungen nachzuarbeiten. Abgesehen davon: Dass man sich frei nimmt, geht natürlich für einen Kurzfilm. Wenn ich bezahlt werden würde, wäre das eine andere Sache. Aber auch da geht erst mal mein Studium vor.
Malte: Ich würde gerne Bücher, die ich gerne mag, verfilmen. Mir vorzustellen, die Hauptcharaktere in einem Film zu spielen und sie so zu gestalten, wie ich sie cool finde, das würde mir gefallen. Das wäre natürlich hammerhart. Zum Beispiel die „Schachnovelle“. Oder „Der kleine Prinz“.
Worüber sollten die Menschen mehr nachdenken?
Linus: Ich sage, auf Film bezogen: ein Blick für das, was hinter der Kamera passiert, zu bekommen oder sich zumindest vorzustellen. Also wie Szenen, die wir gedreht haben, teilweise an komplett anderen Kulissen spielen und sich dann im Schnitt erst zusammenfügen. Also ich bin gespannt, ob mir das so auffallen wird, wenn wir den Film schauen, wo wir dann so geschummelt haben, sagt Marvin gerne.
Malte: Über den Klimawandel. Denn die Welt geht unter, ein bisschen, und da muss man was machen. Und deshalb ist es wichtig, dafür mehr Awareness zu schaffen. Das ist jetzt keine spannende Antwort, aber es ist meine wahre Antwort.
Marvin: Sokolov.
Frage aus der Leser:innenschaft:
Wie finanziert sich der Filmkreis?
Es gibt vom Stura ein Hochschulgruppen-Budget von 500 Euro pro Semester. Mit diesem Geld haben wir die von MBF Filmtechnik Frankfurt subventionierte Technikmiete bezahlen können. Für das letzte Projekt haben wir die Kamera, die im Videostudio vorhanden ist, ausgeliehen.
Das Gespräch führte Elena Lagodny
...studiert Biowissenschaften, schreibt seit WS 2023 für den Ruprecht und nutzt Interviews als Grund um mit interessanten Leuten zu reden