Des Studierendenwerks neuester Streich: teure Lebensmittel für Zuhause
Kommentar
Mittagessen im Marstall: Tablett greifen, Messer, Gabel, Salatbar umschiffen, anstehen. Kurz Angebot ausloten. Warten, bis die unfassbar langsame Vorperson sich in aller Seelenruhe Sonnenblumensoja auf den Teller schaufelt. Sich hier und da ein, zwei, drei Kellen greifen. Heute leider keine Pommes. Auf dem Weg zur Waage kurz langsamer werden und nach rechts schielen. Moment, wo ist der Nachtisch hin??? Kurzer Rundumblick, das Joghurtquengelregal des Marstalls wurde doch tatsächlich vor die Salatbar verfrachtet. Zwischen dem Getränkeregal und der vergessenen Suppe strahlt hier stattdessen die neue Produktreihe des Studierendenwerkes, „StudiLiebe“. Mit allem, was das Herz begehrt, Nudeln, Konfitüre, Soßen, Fonds, Gewürze. Aber auf meinem Tablett ist leider kein Platz mehr für ein Marmeladenglas. Auch wenn die „StudiLiebe“-Etikette in ihren rustikalen Holzkistenregalen noch so charmant aussehen. Ein Blick auf das Preisschild verrät außerdem, dass die Marstallnudeln scheinbar mit Barilla konkurrieren. Auch auf den Tabletts meiner Mitstudierenden kann ich keine Nudelpackungen oder Soßengläser entdecken.
Studiliebe will noch weiter expandieren
Auf Nachfrage verrät das Studierendenwerk jedenfalls, die Produkte würden „gut angenommen“ werden. Aha, na dann. Und noch etwas: Studiliebe will expandieren. Erstmal nur ihre Produktreihe, aber wer weiß. Warum sollte es nicht bald Studiliebe-Bier aus der hauseigenen Brauerei geben, aus Liebe zu den Studierenden. Wo bleibt eigentlich der Weihnachtsmarktstand des Studierendenwerkes, an dem an unschuldige Tourist:innen Couscoussalat und vegane Bratensoße verkauft wird? Vielleicht gibt es bald auch Studiliebe Hoodies, Totebags und Kaffeebecher. Dann in fünf, sechs Jahren, wenn das Studierendenwerk den ersten featured Film ankündigt, der das Studiliebe Cinematic Universe lostritt, dann könnte der bis dahin bestimmt immer noch leerstehende Galeria Kaufhof endlich seine wahre Bestimmung finden und zum Studiliebe-Freizeitpark werden. Inklusive herzförmiger Achterbahn…aber Stopp. Warum braucht ein Studierendenwerk überhaupt eine Produktreihe?
Niemand hat nach Fond gefragt!
Die Mensa ist doch eigentlich ein Ort, an dem der tägliche Mittagshunger gestillt werden soll und nicht auch noch nebenbei der Wocheneinkauf erledigt wird. Ist es der verzweifelte Versuch, die ausfallenden Einnahmen nach der Marstallschließung auszugleichen? Oder ein Friedensangebot, um uns durch unsichere, mensalose Zeiten zu helfen? Eins ist jedenfalls klar, die Liebe des Studierendenwerkes ist nicht besonders bedürfnisorientiert. Fragwürdig, ob sich zwischen Buffet und Biopreisen jemals Studierende Packungen von Studiliebe-Nudeln auf ihr Tablet häufen werden. Verhältnismäßig teure Lebensmittel zum Selberkochen neben dem tagtäglichen Buffet wirken in erster Linie befremdlich. Sind die Produkte vielleicht gar nicht für Studierende, sondern für Besucher:innen, die ein schön designtes Andenken brauchen und so dem Studierendenwerk ein kleines bisschen Geld in die Kasse spülen? Aber dass Externe sich zwischen den Studierenden in die Mittagessensschlage anstellen, um dann mit Bargeld ihre Konfitüre zu zahlen, erscheint eher unrealistisch. Auch wenn die Studiliebe-Produkte bestimmt lieb gemeint sind: am Ende bleibt die Frage, warum eigentlich?
Wir sagen euch was Studis wirklich lieben: Zeit mit Freunden im Marstall verbringen, jeden Tag Pommes, das Mensapersonal und bezahlbares Essen!
Von Marei Karlitschek
...studiert Politikwissenschaft und Geschichte. Sie ist seit April 2024 beim ruprecht und schreibt für alle Ressorts, die sie in die Finger kriegt.
...studiert Physik im Master und fotografiert seit Herbst 2019 für den ruprecht. Von Ausgabe 200 bis Ausgabe 208 leitete er das Online-Ressort, von Ausgabe 205 bis 210 die Bildredaktion.