Eine Kooperation zwischen der Pädagogischen Hochschule und einer usbekischen Uni ermöglicht Austausch. Erfahrungen zwischen Chirchiq und Heidelberg
Wahrscheinlich wissen die meisten Deutschen nicht viel über Usbekistan, außer dass es irgendwo in Zentralasien liegt. Gerade dieser Umstand macht die seit 2020 bestehende Praktikumskoordination zwischen dem Zentrum für schulpraktische Studien der PH Heidelberg und der Pädagogischen Universität von Chirchiq so außergewöhnlich.
Jasmin, Selma, Maya und Lena absolvierten ihr vierwöchiges Professionalisierungspraktikum im September 2024 in der usbekischen Industriestadt. „Einerseits sind bereits kompetente Ansprechpartner:innen und eine eingespielte Organisationsstruktur in Usbekistan vorhanden, so ist zum Beispiel bereits für die Unterkunft gesorgt, andererseits reizte es mich schon länger, interkulturelle Erfahrungen in einem muslimisch geprägten Land zu sammeln“, fasst Jasmin die Ausgangslage zusammen.
Hier fangen die Augen ihrer Kommilitonin Selma an zu leuchten: „Das muslimische Erbe macht sich in der Architektur, etwa in Form von wunderschönen Moscheen, bemerkbar, wie zum Beispiel in Samarkand, einer alten Stadt an der Seidenstraße.“ Überhaupt seien ihrer Erfahrung nach die Usbek:innen sehr herzlich und sehr gastfreundlich. In lebhafter Erinnerung ist ihr die große Popularität des Fußballs geblieben. Mehr als einmal wurden die vier gefragt, ob sie Toni Kroos persönlich kennen würden.
Doch wie kommuniziert man mit den Menschen, wenn man des Usbekischen nicht mächtig ist? Ihre Kommilitonin Maya empfiehlt in erster Linie eine Prise Spontanität und Humor. So würden sich die allermeisten Usbek:innen freuen, wenn man ein aufrichtiges Interesse an ihrem Land zeige. Wenn man einmal über den eigenen Schatten gesprungen ist, lasse es sich zielgerichtet mit Händen und Füßen kommunizieren. Für das Feilschen auf dem Markt oder für den Plausch mit dem Taxifahrer sei der Google-Übersetzer ein echter Lebensretter.
Während ihres Praktikums in Chirchiq sind die Studis dem Deutschinstitut zugeteilt. Sie unterstützen die Dozierenden im Unterricht. Ihr Aufgabengebiet ist dabei bunt gemischt. Lena sind Seminare zu Themen wie deutsche Sprichwörter bis hin zu der Zulassung eines Autos in Deutschland gut in Erinnerung geblieben. Essentiell ist dabei stets, dass die usbekischen Studierenden lebenspraktische Anwendungsmöglichkeiten bekommen, um ihr Deutsch zu üben. Ihre gewonnen Deutschkenntnisse wenden manche der Kommiliton:innen dann in Heidelberg an. Diese Chance nutzen aktuell Bonu und Mannof. Beide studieren Deutsch. „Vom ersten Tag an sind wir mit offenen Armen empfangen worden“, geben sie zu Protokoll.
Doch was verbinden Usbek:innen mit Deutschland und warum lernen die beiden überhaupt Deutsch? In Usbekistan prägen insbesondere Fußballspieler wie Toni Kroos und Automarken wie BMW das Bild von Deutschland. Im Vergleich zu ihrer Uni in Chirchiq, gefällt Bonu das eigenverantwortliche Lernen der Studierenden. Für Mannof ist Deutschland ein Land der Möglichkeiten, wo er eines Tages leben und arbeiten möchte.
An den Wochenenden erkunden sie fleißig Süddeutschland wie zum Beispiel Schloss Neuschwanstein. An Heidelberg gefällt den zwei besonderes gut die Natur und die gute Luftqualität. Auf dem Heidelberger Weihnachtsmarkt waren sie auch schon. Weihnachten wird in Usbekistan nicht wirklich gefeiert, weshalb Bonu lachend berichtet: „Ich habe in Heidelberg zum ersten Mal Punsch probiert. Die diesjährige Weihnachtsmarkttasse nehme ich als Mitbringsel mit nach Hause!“
Beide könnten sich durchaus vorstellen in Zukunft nach Heidelberg zu ziehen. Und wer weiß, vielleicht läuft ihnen ja eines Tages Toni Kroos über den Weg.
Von Niklas Hauck