Fremde Uni, fremde Stadt, fremdes Land? Das kann für internationale Studierende überfordernd sein. Deswegen bietet die Universität Heidelberg das studentisch betreute Buddy-Programm an
„Ich glaube, dass die Meisten einfach jemanden suchen, der ihnen am Anfang als Freund:in dient. Es kann unheimlich sein, in ein fremdes Land zu kommen.Wer wünscht sich da nicht eine:n Freund:in?“
Anna nimmt bereits zum vierten Mal am Buddy-Programm der Uni Heidelberg teil. Nach Buddies aus der Schweiz, Südkorea und den Vereinigten Staaten betreut sie jetzt eine Studentin aus der Türkei. Nicht nur hat Anna Spaß daran, Leute aus anderen Kulturen kennenzulernen, sie glaubt auch, dass es internationalen Studis wirklich hilft, eine direkte Ansprechperson in Heidelberg zu haben. Deshalb hat sie sich dazu entschieden, sich ehrenamtlich als Buddy zu engagieren.
Das Buddy-Programm ist eine Initiative des Dezernats Internationale Beziehungen der Universität, das mit den einzelnen Fachbereichen kooperiert. Um teilzunehmen, sollten Heidelberger Studierende mindestens das dritte Semester besuchen, damit man dem zugeteilten Buddy mit dem richtigen Selbstbewusstsein in der Stadt und der Uni behilflich sein kann. Ob es nur darum geht, Partner:innen zu zeigen, welche Mensen es gibt, wie man Bücher für Seminare bekommt oder was die Heidelberger Bib-Etiquette enthält: In all diesen Dingen ist man erprobter, wenn man ein wenig Erfahrung im Studileben hat.
Anna erzählt, dass einer der wichtigsten Teile des Programms stattfindet, bevor die Internationals nach Deutschland kommen. In einer Willkommensmail fragt sie, auf welchem Stand ihr Buddy ist und inwiefern sie helfen kann. Es gehe um alles, was für uns als Heidelberger:innen vielleicht selbstverständlich ist, aber für internationale Studierende schwierig sein kann.
Manchmal verläuft sich der Kontakt nach einigen Treffen in der Anfangszeit. Das ist aber nicht als Scheitern zu verstehen, es kann auch ein Erfolg sein. Oft bedeutet es nur, dass die internationalen Studierenden keine Hilfe von ihren Buddies brauchen, sondern sich ein eigenes Netz aufgebaut haben, das sie unterstützt.
„Es kann unheimlich sein, in ein fremdes Land zu kommen.Wer wünscht sich da nicht eine:n Freund:in?“
Die türkische Studentin, die Anna momentan betreut, ist für sie aber mittlerweile mehr als ein Buddy: Sie sind gute Freundinnen, die sich mehrmals die Woche treffen. So kann aus dem Buddy-Programm auch eine Freundschaft entstehen, die über einen Aufenthalt in Heidelberg hinausgeht.
Neben dem universitätseigenen Programm existieren auch fächerspezifische Angebote, wie das GeoBuddy-program oder das Tandem der Medizin, die Studis zusammenbringen können. Auch die Rechtswissenschaftler:innen bieten eine entsprechende Möglichkeit des Austausches an.
Anders als beim Buddy-Programm des Dezernats Internationale Beziehungen können in den Rechtswissenschaften auch deutsche Studierende im ersten Studienjahr Ansprechpartner:innen werden. Diese werden eher Internationals zugeteilt, die in Deutschland auch ein Staatsexamen machen wollen, sodass man gemeinsam in das Stadt- und Unileben startet.
Elisa ist im dritten Semester und nimmt nun zum zweiten Mal am Jura-Tandem teil. Besonders gut gefällt ihr, dass das Programm eine niederschwellige Möglichkeit des Austausches bietet: „Einen informellen Kanal für Alltagsfragen und Tipps vor Ort zu haben ist super hilfreich.“
Ihre erste Partnerin war nur für ein Erasmus-Semester in Heidelberg. Anders als bei Studis, die ein Jahr in Heidelberg sind oder hier ihren kompletten Master machen, ist es bei Studierenden, die nur wenige Monate vor Ort sind, schwieriger, sich ausreichend Zeit zu nehmen. Sie berichtet aber, dass es dann umso schöner sei, wenn man die Zeit findet, sich zu treffen und auszutauschen. Das Jura-Tandem organisiert regelmäßige Treffen, aber auch außerhalb davon trifft Elisa ihren Buddy mehrere Male im Monat.
Der Arbeitsaufwand ist nicht so groß, wie man auf den ersten Blick denken könnte, wenn man sich die 30-seitige Broschüre des Dezernats Internationale Beziehungen anschaut. Die meisten Internationals wollen keine Betreuung rund um die Uhr, sondern einfach jemanden, der sie in der Fremde eines neuen Landes dabei unterstützt, die Komplexität des Deutschland-Tickets oder die Tücken des Heidelberger Wohnungsmarkts zu verstehen. Es lohnt sich also immer, Buddy zu werden, wenn man an interkulturellem Austausch interessiert ist und sich schon ein wenig in Heidelberg auskennt.
Von Annika Bacdorf
...studiert Politikwissenschaft und Anglistik. Seit dem Winter 2023 ist sie beim ruprecht, wo sie mal dies und mal das macht.