Die Stadt Heidelberg will in jedem Stadtteil mindestens eine Flüchtlingsunterkunft einrichten. Diese „dezentrale Unterbringung“ soll die Integration fördern.
Während seit letztem Herbst vom Registrierungszentrum im Patrick Henry Village (PHV) wöchentlich Hunderte Flüchtlinge in Kommunen in ganz Deutschland geschickt werden, blieb die Zahl der im Stadtgebiet Heidelbergs lebenden Asylbewerber über den Winter konstant. Etwa 550 Flüchtlinge leben derzeit in vier Unterkünften in Kirchheim, dem Pfaffengrund und seit einiger Zeit auch im ehemaligen „Hotel Metropol“ in Bergheim. Wegen der mehreren Tausend Personen, die laufend im PHV untergebracht werden, ist die Kommune derzeit von einer Zuweisung weiterer Geflüchteter befreit. Das wird sich dieses Jahr jedoch voraussichtlich ändern und so bereitet sich die Stadt auf bis zu 1265 neue Flüchtlinge vor.
Ungewöhnlich an den neuen Unterkünften ist, dass sie in sämtlichen Stadtteilen Heidelbergs entstehen werden. Für 18 Orte ist eine Einrichtung bereits beschlossen worden. In den meisten Fällen handelt es sich um kleinere freie Flächen, wie etwa Parkplätze oder Grünanlagen, auf denen für etwa zwei bis drei Jahre Container stehen sollen. Unter anderem sollen so in der Friedrich-Ebert-Anlage, auf dem Wilhelmsplatz in der Weststadt sowie in der Nähe des Bunsen-Gymnasiums, aber auch im Emmertsgrund und in Schlierbach neue Wohnorte für Flüchtlinge entstehen.
Die meisten Anwohner der Friedrich-Ebert-Anlage befürworten eine Unterbringung in allen Stadtteilen – auch in ihrem. Bedenken, dass es den Alltag in der Gegend negativ beeinflussen könnte, haben sie auch nach den Schlagzeilen über die Ereignisse in Köln kaum. Zwar gibt ein älterer Herr zu, dass ihm Familien mit Kindern natürlich lieber wären als etwa „80 Marokkaner“, aber selbst in der direkt an den Parkplatz grenzenden Hotelanlage zeigt man sich recht wohlwollend. Die Besitzer räumen ein, dass sich einige Gäste an der unmittelbaren Nähe zu einer Flüchtlingsunterkunft stören könnten, aber – ein Achselzucken – „wo sollen sie denn sonst hin?“ Falls Probleme wie nächtliche Ruhestörung auftreten, wolle man in jedem Fall zuerst einmal das Gespräch suchen.
Die Stadt erklärt, es werde für die Einrichtungen sowohl Security als auch Sozialarbeiter geben. Durch die gestreuten und verhältnismäßig kleinen Unterkünfte wolle man die Integration der Flüchtlinge erleichtern. Eine Vertreterin der Bunten Linken im Stadtrat ließ sich nach dem Entschluss für die dezentrale Unterbringung sogar zu dem schwärmerischen Urteil hinreißen, jene sei ein „Lehrstück der Menschlichkeit“.
Um „luxuriöse Wohnungen“, wie sie in einem der den zahlreichen Immobilienbüros in der Friedrich-Ebert-Anlage beworben werden, handelt es sich dennoch freilich nicht. In den Containern auf dem jetzigen Parkplatz zwischen den beiden Straßen sollen in Wohneinheiten von mehreren Zimmern sowie Küche, Bad und WC Gruppen von acht bis zwölf Personen leben. Es gilt die gesetzliche Mindestfläche von 4,5 Quadratmetern pro Flüchtling, allerdings sollen außerdem Gemeinschaftsräume zur Verfügung stehen. Zugunsten der kleinen Einheiten und einer teilweise zentralen Lage muss auf Grünflächen und ein festes Gebäude verzichtet werden. Ideal fände er die geplante Unterkunft für die Flüchtlinge gewiss nicht, sagt der Besitzer des angrenzenden Hotels. „Aber ich muss ehrlich zugeben: einen besseren Ort kenne ich in der Altstadt auch nicht.“
Genaue Daten für die Fertigstellung der Unterkünfte gibt es noch nicht. Laut Stadt werde jedoch voraussichtlich zuerst eine Anlage im Stadtteil Handschuhsheim fertig gestellt.
Von Hannah Bley