Im Doppelpack haben Louisa Erdmann und Pietro Viggiani d’Avalos ihre Amtszeit beendet. Wer in ihre großen Fußstapfen treten wird, ist bislang ungewiss
Ein Jahr ist vergangen seitdem Louisa Erdmann und Pietro Viggiani d’Avalos ihr Amt als Vorsitzende der Verfassten Studierendenschaft (VS) angetreten haben. Seit der Gründung der VS sind sie einer der wenigen Vorsitze, die nicht vorzeitig von ihren Aufgaben zurückgetreten sind. Im Gespräch mit dem ruprecht ziehen sie ein Resümee.
In eurem Antrittsinterview bei uns habt ihr auf die gute Kommunikation zwischen euch beiden verwiesen. Telefoniert ihr immer noch täglich miteinander?
Louisa Erdmann: (lacht) Nein, jetzt sehen wir uns dafür täglich.
Pietro Viggiani d’Avalos: Wir sind in diesem Jahr noch enger zusammen gewachsen und unsere Freundschaft ist durch unsere Zusammenarbeit intensiver geworden.
Wie habt ihr die Aufgaben eures Amtes untereinander aufgeteilt?
Pietro: Wir haben das nie wirklich abgesprochen, aber Louisa hat schnell Personalangelegenheiten und die Wahl betreut, während ich mich eher um die QSM gekümmert habe. Aber eine konsequente Aufteilung gab es nie. Entgegen der Prophezeiungen hatten wir auch ein Privatleben. Wenn der eine verhindert war, hat der andere sich darum gekümmert, dass alles weiterhin läuft.
Louisa: Es wurde auch leichter als im Mai die neue Finanzregelung getroffen wurde. Pietro hat auf jeden Fall mehr für die Referatekonferenz gemacht.
Waren die Aufgaben tatsächlich die, die ihr zu Beginn erwartet habt?
Louisa: In der Satzung steht, dass wir hauptsächlich der Arbeitgeber sind und Ansprechpartner für das Personal, sowie gesetzliche Vertreter. Mit den beiden Klagen des Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) haben wir nicht unbedingt gerechnet. Unerwartet waren doch der Zeitaufwand und die strukturellen Umwälzungen, die es jetzt im Personalmanagement gibt.
„Den StuRa zu vereinen ist ein langfristiges Ziel“
Was verändert sich zukünftig personell gesehen in der VS?
Louisa: Nach drei Jahren VS sind wir in Heidelberg an einem Punkt, an dem man merkt, welche Schwächen das System hat. Zum Beispiel lässt sich die Arbeit im Büro effektiver gestalten. Besonders der Bereich der Finanzen, weshalb dort jetzt Finanzaushilfen eingestellt werden, damit die Studierenden nicht mehr so lange auf ihr Geld warten müssen. Diese werden nach Tarifverträgen auf 400-Euro-Basis eingestellt.
Pietro: Auch ist uns aufgefallen, dass die ganze Last der VS auf zwei Bürokräften lag. Deshalb soll das nun auf mehrere kleinere Stellen aufgeteilt werden. Wir werden durch diese Veränderungen auf jeden Fall Geld sparen. Ebenfalls ist eine neue Stelle zur Betreuung der Öffentlichkeitsarbeit angedacht.
Eine bessere Öffentlichkeitsarbeit zu leisten war unter anderem eines euer Ziele. Was hat sich in diesem Bereich verändert?
Pietro: Wir haben an der Zusammenarbeit verschiedener Institutionen gearbeitet und damit ein Zeichen gegeben, dass bei Kooperationen noch mehr möglich ist. Auch dass unser Rektor uns im StuRa besucht hat, war eine positive Rückmeldung.
Louisa: Das hat allerdings eher weniger das Bild der Studierenden auf den StuRa verändert. Die angedachte Kooperation mit NextBike war sehr medienwirksam und ich denke, mit dem Härtefallstipendium und der Rechtsberatung sind mehr Studierende auf den StuRa aufmerksam geworden. Die soziale Aufgabe muss jedoch weiterhin ausgebaut werden. Leider ist die Reichweite des StuRa bisher noch immer zu gering. Dies zu ändern ist jedoch ein Langzeitprojekt. Positiv ist aber, dass viel mehr Gruppen im vergangenen Jahr Finanzanträge im StuRa gestellt haben.
Hattet ihr zwischenzeitlich den Gedanken den Vorsitz wie eure Vorgänger vorzeitig zu beenden?
Louisa: Teilweise lief es so gut, dass wir uns überlegten, erneut zu kandidieren. Mit dem Abwahlantrag vor den Semesterferien hatte sich das jedoch erledigt. Es war eine sehr emotionale aber auch schöne Zeit und wir sind unseren Unterstützern sehr dankbar.
Der Abwahlantrag lag eurem Besuch bei der Jahreshauptversammlung des RCDS auf einem Verbindungshaus zugrunde. Waren euch die Auswirkungen eures Besuches nicht bewusst?
Pietro: Mir war nicht bewusst, worauf die Leute sich konzentrieren können. Ich bin Optimist und suche immer nach dem Positiven. Aber anscheinend gibt es Leute, die nur darauf gewartet haben, dass wir einen Fehler machen, um sich darauf zu stürzen. Der StuRa war jedoch schlau genug zu sehen, dass wir keine bösartige Absicht hatten, sondern ein Zeichen der Zusammenarbeit setzen wollten.
Welcher Leitgedanke stand hinter eurem Besuch beim RCDS?
Louisa: Die Einladung des RCDS kam kurzfristig und wir waren persönlich am meisten betroffen von der Art wie der RCDS die letzte Legislatur gestaltet hat, eben mit zwei Klagen auf denen unsere Namen standen. Es war wichtig, den Diskurs zu suchen und sie daran zu erinnern, dass sie ihre Studierenden vertreten und nie im StuRa sind, sondern nur über das Verwaltungsgericht agieren. Wir wollten dabei keine politischen Gruppen bevorzugen oder benachteiligen.
Und am nächsten Morgen ging der Antrag zu eurer Abwahl im StuRa ein. Wie habt ihr das aufgefasst?
Louisa: Nach fast beendeter Amtszeit so persönlich angegriffen zu werden war schwierig. Die Art wie der Antrag geschrieben war, war eine Frechheit. Und wieder auf einer persönlichen Ebene.
Pietro: Die große Mehrheit bei der Abstimmung gegen den Antrag hat jedoch gezeigt, dass der StuRa hinter uns steht. Er hat das Signal als Öffnung des Vorsitzes zu jeder politischen Hochschulgruppe gesehen und sich nicht damit identifiziert. In der Referatekonferenz wurde dann geklärt, zukünftig genauer auf Absprachen zu achten.
Welche Rückmeldungen habt ihr vom RCDS nach eurem Besuch bekommen?
Pietro: Der RCDS hat in der letzten StuRa-Sitzung einen eigenen Kandidaten für den Vorsitz aufgestellt und ist seit Beginn der Legislatur wieder anwesend. Mehr als das können sie nicht machen um sich einzubringen.
Louisa: Wir würden uns freuen, wenn sie noch inhaltlich arbeiten und nicht nur anwesend sind. Aber das gehen wir Schritt für Schritt an.
Was wünscht ihr euch für den zukünftigen Vorsitz?
Pietro: Wir hoffen, dass der neue Vorsitz wieder eine Kombination aus Mann und Frau ist. Eine Doppelspitze mit zwei gleichgeschlechtlichen Mitgliedern ist auch gesetzlich nicht möglich. Schön wäre, wenn es wieder ein „Win-Team“ ist und gut zusammenarbeitet. Sie sollten das Räumeproblem vorantreiben, weiterhin die Wahlbeteiligung erhöhen und die Kooperation mit Institutionen stärken.
Louisa: Das neue Team sollte auf jeden Fall neue Motivation mitbringen, etwas voranzutreiben, und eine Agenda haben, wie wir es hatten. Den StuRa zu vereinen ist bestimmt ein langfristiges Ziel. Vielleicht ist das über das aktuelle Thema der Studiengebühren möglich. Sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und weg vom Persönlichen zu kommen ist wichtig. Auch den StuRa anpassungsfähiger und offener für neue Ideen zu machen und die Kommunikation, sowie den Informationsaustausch intern zu verbessern.
„Wir fahren mit unserem StuRa-Bus im Kreisverkehr“
Gerade die Stellungnahme zur Anfrage der AfD stellte wieder interne Differenzen in den Vordergrund eurer Arbeit. Sollte der StuRa daran arbeiten, vor den Studierenden geschlossener aufzutreten?
Louisa: Man hat immer Leute aus dem gesamten politischen Spektrum und das ist gut, da dies für eine aussagekräftiges Meinungsbildung benötigt wird. Manchmal ist der Wille jedoch nicht gegeben, eine Einigung zu finden. Das große Ziel, etwas für die Studierenden zu verbessern, wird oft aus den Augen verloren.
Pietro: Viele sollten das persönliche Ego im StuRa zur Seite schieben. Der nächste Vorsitz sollte auf jeden Fall daran arbeiten, die persönliche Ebene der Diskussionen abzubauen, damit sich der StuRa und die Referatekonferenz auch intern mehr um Fakten kümmern können.
In welcher Situation seht ihr den StuRa derzeit?
Louisa: Momentan fahren wir mit unserem kleinen StuRa-Bus im Kreisverkehr und finden keine Ausfahrt. Einig geworden sind wir uns bisher bei der Unterstützung von Hochschulgruppen.
Wie könnte man mehr politische Vielfalt in die Diskussionen bei den StuRa-Sitzungen bringen?
Pietro: Unser Wahlsystem ist hierbei etwas ungeschickt. Hochschullisten sollten durch Direktwahl aufgestellt werden, damit eine konkretere Verpflichtung mit der Wahl einhergeht. Ein Problem ist auch die Passivität der Fachschaftsvertreter. Wir wissen jedoch, dass es besonders in kleinen Fachschaften schwer ist, Nachwuchs zu finden.
Welche Pläne habt ihr für eure Zeit nach dem Vorsitz?
Louisa: Natürlich sitzen wir beide weiterhin im StuRa.
Das Gespräch führte Maren Kaps.