Vielleicht gibt es auf Moodle bald keine gescannte Literatur mehr. Wie bitte? Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Streit um as Urheberrecht
Worum geht es?
Derzeit ist nicht sicher, ob es nach dem 1. Januar noch erlaubt sein wird, Literatur über digitale Lernplattformen zu verbreiten. Nötig wäre dafür ein neuer Rahmenvertrag zwischen Universitäten und der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort). Die Hochschulen weigern sich jedoch, die benutzte Lektüre einzeln abzurechnen, wie von der VG Wort gefordert. Möglich scheint derzeit noch eine Übergangslösung.
Warum will die VG Wort einen neuen Rahmenvertrag?
Die VG Wort holt im Namen von Verlagen und Autoren Gebühren für die Sekundärnutzung von Texten ein. Durch die Einzelmeldungen wolle man diese Tantieme möglichst individuell weitergeben können, „sodass die Inhalte honoriert werden, die tatsächlich genutzt werden“, sagt Geschäftsführer Rainer Just.
Warum weigern sich die Universitäten?
Wie viele Hochschulen begründet auch die Universität Heidelberg die Ablehnung mit einem „unverhältnismäßigem Aufwand für die Lehrenden“, der durch die Einzelmeldungen entstehen würde. Die Entscheidung sei nicht aus Kostengründen gefallen, beteuert das Rektorat in einem Rundschreiben: Das Recht der Autoren auf eine Vergütung ihrer Arbeit erkenne man an.
Worauf sollen sich Studierende einstellen?
Wessen Dozenten die Pflichtlektüre für das restliche Semester bereits auf Moodle bereitgestellt haben, sollte diese bis zum 31. Dezember herunterladen. Falls es bis Januar tatsächlich keine Einigung gibt, kann danach lediglich auf analoge Kopien zurückgegriffen werden. In jedem Fall kann für die Prüfungsphase eine kleine Entwarnung ausgesprochen werden: Skripte und Folien, die Dozenten selbst erstellt haben, sind von der Situation nicht betroffen.
Was sind die Alternativen zu Moodle?
Die Verbreitung von Literatur über E-Mails oder Plattformen wie Dropbox ist rechtlich nicht gedeckt. Möglich wären neben gedruckten Readern auch sogenannte Kopiervorlagen im Semesterapparat, die die Studierenden vor Ort vervielfältigen müssen. Auch für Kopien, die an Universitäten gemacht werden, bekommt die VG Wort übrigens eine Vergütung. Die Entscheidung, wie Literatur zur Verfügung gestellt wird, will die Universität den Lehrenden selbst überlassen. „Allerdings bin ich sicher, dass die Lehrenden trotz dieser widrigen Umstände alles tun werden, um die Qualität der Lehre zu erhalten“, meint Beatrix Busse, Prorektorin für Studium und Lehre.
Was passiert, wenn die Einzelmeldungen doch noch eingeführt werden?
Auch dies könnte die Qualität der digitalen Lehre beeinträchtigen. Während eines Pilotprojekts an der Osnabrücker Universität, in dem das neue System getestet wurde, ging die Menge der Literatur auf der Lernplattform um 75 Prozent zurück. Aufgrund des Mehraufwands sei also trotzdem „nicht auszuschließen, dass Dozenten darauf verzichten werden, Literatur tatsächlich hochzuladen“, räumt Prorektorin Busse ein. Die Frage, ob die zusätzliche Arbeit von Hiwis übernommen werden könne, bejaht sie: „Sicherlich. Dann muss erörtert werden, wie die Situation möglichst ressourcenschonend gemeistert werden kann.“
Gibt es Studierenden-Proteste?
Der Studierendenrat ruft für den 12. Januar zu einer Demonstration für „freie Texte auf Moodle“ auf. Vom Marstall wolle man Richtung Carolinum aufbrechen, um dort eine Stellungnahme der Unileitung einzufordern. „Unsere Demo richtet sich nicht gegen die Universität“, sagt Stefan Zimbelmann, der die Demo organisiert. „Aber wir wollen betonen, wie wichtig digitale Lernplattformen sind. Die muss die Uni weiterhin allen ermöglichen.“
Von Hannah Bley