Ein Konflikt um das Urheberrecht zwischen Universitäten und der VG Wort gefährdete den Literaturaustausch auf Moodle. Nun will man doch noch einen Kompromiss
Die Zeitmaschine in die Neunzigerjahre stand schon bereit: Die Uni Heidelberg hatte angekündigt, zum 1. Januar sämtliche digitalisierte Literatur von Moodle zu entfernen. Sie hatte Dozenten eine Rückkehr zu analogen Kopiervorlagen oder gedruckten Readern empfohlen. Dies wird nun eventuell doch nicht nötig sein, zumindest vorerst.
Hintergrund ist der Rechtsstreit zwischen deutschen Universitäten und der „Verwertungsgesellschaft Wort“ (VG Wort), welche im Namen von Autoren und Verlagen Gebühren für Sekundärnutzung von Texten erhebt.
Prinzipiell verbietet das Urhebergesetz digitale Vervielfältigung von Literatur. Allerdings sieht das Gesetz eine Sonderregelung für die wissenschaftliche Lehre vor, nach der Hochschulen einen Rahmenvertrag mit der VG Wort schließen können. Dank diesem durften Universitäten bisher bestimmte Anteile eines Werks über passwortgeschützte Lernplattformen verbreiten. Im Gegenzug zahlten sie eine Pauschale an die VG Wort, die diese an Autoren und Verlage weiterreichte. Am 1. Januar läuft der aktuelle Vertrag aus; um einen neuen war in den letzten Wochen Streit entbrannt.
Denn nach der VG Wort soll mit der pauschalen Vergütung in Zukunft Schluss sein. Sie fordert, dass die Lektüre von jeder Veranstaltung sowie deren Teilnehmerzahl einzeln gemeldet werden. Der Bundesgerichtshof gab ihr 2013 diesbezüglich Recht: Eine pauschale Abrechnung sei nicht angebracht. Daraufhin handelte die VG Wort den neuen Rahmenvertrag mit den Kultusministern der Bundesländer aus.
Ein Großteil der Hochschulen weigert sich jedoch, diesem beizutreten. Auch die Uni Heidelberg lehnt die neuen Bedingungen ab, ebenso die Pädagogische Hochschule. „Einzelmeldungen stellen eine erhebliche Beeinträchtigung der Lehre dar“, sagt Beatrix Busse, Prorektorin für Studium und Lehre. „Das ist nicht tragbar.“
Im Interesse von Studierenden wäre der neue Rahmenvertrag wohl tatsächlich nicht: Eine Pilotstudie zum neuen System ergab, dass die Mehrarbeit viele Dozenten davon abhält, Pflichtlektüren online zu stellen.
Die hartnäckige Ablehnung der Universitäten sorgte zunächst für viel Spekulation über künftig überfüllte Kopierzimmer. Nun könnte sich genau diese Hartnäckigkeit auszahlen: Am vergangenen Freitag kündigten alle Parteien an, sich auf eine Übergangslösung zu einigen.
Ganz vom Tisch sind die Einzelmeldungen damit noch nicht. Selbst im Fall einer Zwischenlösung soll diese nur bis zum 30. September 2017 gelten.
Von Hannah Bley
Mehr dazu: An die Kopierer, fertig, los