Live-Reportagen mit eindrucksvollen Bildern: Das Heidelberger WunderWelten-Festival weckt beim Besucher die Sehnsucht nach Abenteuern in der Ferne
„Ein Foto wird meistens nur angeschaut – selten schaut man in es hinein“ – Ansel Adams, einer der größten Naturfotografen der Geschichte, erkannte schon vor vielen Jahren, was sich heute durch die sozialen Netzwerke nur noch verschlimmert. Umso wichtiger wird nun die Konversation zwischen Fotograf und Betrachter, die verdeutlicht, wie viel Arbeit, Erfahrung und Planung hinter einem Foto steckt und was der wahre Kontext einer Momentaufnahme ist.
Das WunderWelten-Festival macht exakt das: In zweistündigen Vorträgen bringen Fotografen dem Publikum nahe, was zu den Bildern führt, die wir auf Instagram verträumt betrachten und weshalb wir anfangen zu denken, warum man überhaupt noch zur Uni gehen soll. Eigentlich kann man sich doch auch in die große, weite Welt aufmachen und die Traumlandschaften erleben, welche einem durch die Fotografie nahegebracht werden. Leider endet der Tagtraum nach wenigen Sekunden und man verliert den Gedanken, weil man sich an den 49 191 249 Beiträgen mit dem Hashtag #catsofinstagram erfreut.
Für gute Katzenbilder muss man jedoch weder in die weite Welt noch auf Instagram. Der Vortrag „Wildnis vor der Haustüre“ des Freiburger Fotografen Klaus Echle, der ursprünglich Forstwirtschaft studierte, war neben erstaunlichen Bildern der Flora und Fauna des Nordschwarzwalds auch reich an Informationen über das Aussterben und die langsame Rehabilitierung der Population von Wildkatzen, Luchsen und den Beruf des Zapfenpflückers in unserer Region.
In sechs Live-Reportagen skizzierten mehrere renommierte Fotografen die landschaftlichen Begebenheiten rund um die Welt. Die Reisen unterschieden sich nicht nur in technischer Herangehensweise der Fotografen, sondern auch in puncto Fortbewegung. So bereiste Niko Vakalakis Island mit dem Liegerad und dokumentierte die reißenden Wasserfälle und ruhigen Gletscher der geologisch aktiven Insel, während Günter Wamser den Kontinent Amerika von Argentinien bis Alaska mit dem Pferd auf einer Strecke von 30 000 Kilometer beritt (diese Strecke hätte ich zurückgelegt, würde ich 43 Semester lang zur Uni pendeln. Aber wer studiert schon in Regelstudienzeit?). In weiteren Reportagen bereiste die Familie Niedermeier mit ihrem mit Down-Syndrom geborenen Kind das Land Südafrika, der „National Geographic“ Fotograf Florian Schulz tauschte Zärtlichkeiten mit Grizzlybärenbabys in Nordamerika aus und Pascal Violo berichtete über Kubas handgedrehte Zigarren und die Zukunftsperspektiven der kubanischen Jugend.
Das Programm endete schließlich mit einem Vortrag von Dieter Glogowski über den Besuch des Dalai Lamas in einem 60-Einwohner-Dorf in Tibet und die Philosophie des Buddhismus in Tibet im Allgemeinen. Auch wenn die Reportage sich ein wenig zu sehr in eine Predigt über den „Tibetian way of life“ entwickelte, so war sie doch auf der Ebene der Fotografie beeindruckend.
Wer nun denkt, das klingt nach einem Doku-Marathon auf Arte, den man sich an einem verkaterten Sonntagnachmittag auch gemütlich vom Sofa aus anschauen kann, hat sich geschnitten: Auch wenn die beim WunderWelten-Festival anwesenden Fotografen zum Teil verantwortlich für das Bildmaterial sind, so sind die Live-Reportagen in weitem Maße beeindruckender und bieten die Gelegenheit, persönlich mit den Künstlern den eben erlebten Vortrag bei einem Kaffee und einer leckeren Waffel zu diskutieren.
Von Philip Hiller
Nächste Livereportage: „Jäger des Lichts“ am 30. Januar. Mehr Info unter www.wunderwelten.org.