„NightWash“ kam nach Heidelberg, die Witze gingen in die Fülle und die Bedenken blieben grundlos.
Auf der Bühne erinnerten noch zwei Packungen mit Waschpulver an den Waschsalon, in dem die Show einst startete. „NightWash“ ist ein Comedyformat, bei dem neue Kabarettisten einem größeren Publikum ihre Beiträge präsentieren können. Die Show läuft donnerstags auf „One“ und tourt derzeit durch Deutschland. Letzten Montag traten fünf Künstler auch im Karlstorbahnhof auf.
Einer von ihnen war Bastian Bielendorfer, der Autor des Bestsellers „Lehrerkind. Lebenslänglich Pausenhof“. Er führte durch den Abend und die Zuschauer erst einmal zurück in seine Schulzeit. Also: Schwimmunterricht, Bundesjugendspiele, Pickel und Prügeleien. Er rät allen, die auf Lehramt studieren: „Lasst es, oder wechselt wenigstens zu Sport.“
Als sportscheu offenbarte sich Kabarettist Thomas Schmitt. Er bewies leibhaftig, dass man auch als Vegetarier dick sein kann. Sauce Hollandaise isst er wie Suppe. Seine Männerbrüste trug er ohne BH, aber mit Stolz. Oft liegt er stundenlang auf der Coach und hört sich dann Seufzen: „Puh, ich kann nicht mehr.“
Das Zauberduo „Siegfried und Joy“ versuchte sich vorher in Las Vegas. Sie hatten sich gesagt: Wenn sie es in einem Jahr schaffen, dann bleiben sie dort. Auch sie traten auf – mit pomadisiertem Haar, schwarzer Lackhose und dem ständigen Bedürfnis, dem anderem eine Strähne aus der Stirn zu streichen. Ohne Löwe, dafür mit Humor: Sie persiflierten gängige Zaubertricks.
Jan van Weyde, Kabarettist und Synchronsprecher, zeigte: Das Leben wäre wichtiger und sein Programm witziger, wenn es durchweg synchronisiert würde. Außerdem brüskierte er sich über Leute, die Schluss machen mittels Emoticons (gebrochenes Herz + Kackhaufen). Abseits der Bühne trifft man ihn Chips essend vor der Playstation. Seine Frau sagt dazu: „Daddeln im Speckmantel.“
Es stimmt: Die Künstler warfen all ihre Kilos in die komödiantische Waagschale. Die RNZ betitelte ihren Bericht über den Abend: „Drei dicke Männer und ein Zauberduo.“ Aber bei so viel Mut zur Wahrheit, „Mensch, ich bin fetter geworden“, so existenzieller Einsicht, „Ich sollte weniger Chips essen“, und so gehaltvollen Metaphern wie „Mein Körper wurde geschnitzt aus einem Big Mac“, hatte das Publikum die Show trotzdem nicht dicke.
Allerdings waren die Stand-up-Komiker anfangs skeptisch, ob das prätentiöse Heidelberg sich begeistern lässt. Sie vermuteten verschränkte Arme und hochgezogene Augenbrauen im Sinne von: „Spiel auf, mir ist nach Kurzweil – du Narr.“ Sämtliche Bedenken überlachte der Saal.
Sechs Jahre lang hatte „NightWash“ einen Bogen um Heidelberg gemacht. Wie es schien – unbegründet.
Von Johannes Stuhrmann