Der Heidelberger Historiker Detlef Junker wagt bei einem Vortrag im Heidelberg Center of American Studies einen Ausblick auf die Amtszeit von Donald Trump
Gemeinsam luden die Deutsche Atlantische Gesellschaft e.V. und das Forum für Internationale Sicherheit der Universität Heidelberg zum Vortrag des Gründungsdirektors des Heidelberg Center of American Studies (HCA) ein. Unter der Überschrift „Donald Trump, die Krise der USA und des Westens“ begann Junker getreu seinem beruflichen Hintergrund als Historiker zunächst bei der amerikanischen Vergangenheit, um die Ausgangssituation der „postfaktischen Ära“ Trumps zu erläutern. Das „amerikanische Imperium“, wie er es nennt, habe bereits unter der Präsidentschaft Obamas viel von der globalen hegemonialen Stellung eingebüßt, die es im 20. Jahrhundert noch innehatte. In einer komplexen Weltordnung habe Obama statt eines universellen Machtanspruchs den Weg der Bündnisse und diplomatischen Strategie gewählt, ohne dabei auf die klassisch amerikanische Rhetorik des imperialistischen Heilsbringers zu verzichten. Der Vortrag fokussiert sich dabei auf außenpolitische Faktoren des amerikanischen Selbstverständnisses, innenpolitische Aspekte werden vernachlässigt. Die spielten für den Aufstieg Trumps aber natürlich eine entscheidende Rolle.
Nach diesem ersten Teil der Verortung Trumps innerhalb einer gesellschaftlichen und politischen Tradition kommt Junker schnell zu dem Schluss, dass Trump in ebendiese eigentlich nicht hineinpasst: Trump sei ein pathologischer Narzisst, der ständigen Zuspruch benötige. Außerdem habe er ein „unterentwickeltes Verhältnis zum Rechtsstaat und gar kein Verhältnis zu Diplomatie und der Geschichte“. Das sind natürlich keine Neuigkeiten; wer in den letzten Monaten keinen Winterschlaf gehalten hat, konnte sich von diesen Charakterzügen selbst ein Bild machen. Dennoch ist es verblüffend, diese Bewertung aus dem Munde eines Historikers zu hören – naturgemäß halten die sich mit scharfen Beurteilungen zurück und driften lieber ins Vage.
Auch der Blick in die ungewisse Zukunft fällt erstaunlich klar aus, von der anfänglichen Scheu zur Prognose ist nicht mehr viel übrig. Trump werde sich mit „Deals selbst bereichern“ und dabei Widerspruch und Kritik nicht akzeptieren, im schlimmsten Fall sogar das politische System aushebeln. Den größten Gefahrenherd sieht Junker aber in Trumps Ziel, die USA zu einem unilateralen Staat umzuformen: „Damit schafft Trump nicht nur die Identität der USA ab, sondern macht die ganze Welt unsicherer“.
Am Ende bot der Vortrag keine völlig neuen Erkenntnisse über die Person oder den Präsidenten Trump. Trotz des mutigen Ansatzes, einen Blick in die Zukunft zu werfen, wird schnell klar, dass auch Experten Trump nicht einschätzen können. Ihm mangele es gänzlich an „Empathie und Impulskontrolle“, vielleicht ist er sogar krankhaft verhaltensgestört. Das sorgt dafür, dass man sich in Deckung begeben möchte vor den scheinbar wahllosen Entscheidungen des mächtigsten Mannes der Welt. Das hält Junker zumindest vorerst auch für eine gute Idee: „Europa sollte erst einmal abwarten, wie sich Trump verhält. Gegebenenfalls ist auch eine Konfrontation nötig. Dafür ist dringend eine neue sicherheitspolitische Debatte in Deutschland und in ganz Europa nötig. Die Europäer müssen sich auf sich selbst berufen und zusammenraffen.“
Der Blick in die Zukunft endet mit einer Zuschauerfrage, die Junker trotz aller dystopischen Visionen erstaunlich positiv beantwortet. Ob eine Wiederwahl Trumps denkbar sei? Das könne Junker sich nicht vorstellen, er glaube noch nicht einmal, dass Trump die erste Amtszeit überstehe.
Von Johanna Famulok