Am 19. März demonstrierte die Initiative „Pulse of Europe“ in Heidelberg zum zweiten Mal gegen antieuropäische Politik. Der immer sonntags stattfindende Protest soll eine Antwort auf den Brexit sein
Es schien fast schon zu passend zu sein, als Katrin Pfändler, Organisatorin des „Pulse of Europe“ Heidelberg, mitten in der Demonstration eine heruntergefallene Europa-Flagge mühsam wieder festkleben musste. Doch die Menge ließ sich nicht beirren: Unter schwenkenden blauen Fähnchen versammelten sich nach eigenen Angaben der Bürgerinitiative rund 260 Menschen vergangenen Sonntag auf dem Heidelberger Markplatz, um für proeuropäische Politik einzustehen. „Für das größte Freundschaftsprojekt, das es zwischen Ländern gibt“, beschreibt Katrin den Beweggrund der Veranstaltung.
Hinter der im November 2016 gegründeten Bürgerinitiative stehen die Frankfurter Rechtsanwälte Sabine und Daniel Röder. Aus dem simplen Feiern der Europaliebe im privaten Kreis entwickelte sich durch die Werbung auf sozialen Netzwerken schnell eine deutschlandübergreifende Bewegung: Derzeit erstrecken sich die Demonstrationen über 15 Städte; Kundgebungen in Paris und Lissabon sind schon in der Planung. Seit zwei Wochen ist nun auch Heidelberg dabei: „Ich wollte nicht nur Nachrichten schauen, sondern selbst laut werden“, erklärt Katrin später. Pulse of Europe komme diesem Bedürfnis nach: Es setze ein Zeichen – gegen Politikverdrossenheit, Apathie und den Farages, Le Pens und Wilders unserer Zeit. „Der Protest sagt klar: Wir sind da, wir wollen mitgestalten und wir sind bereit, etwas dafür zu investieren.“
Gerade Geert Wilders ist während der Veranstaltung ein lauter Name: Die am 15. März stattfindenden Parlamentswahlen in den Niederlanden führt die überparteiische Gruppe zu einem dringenden Anliegen: Mit dem Slogan „Blijf bij ons“ („Bleibt bei uns!“) wird auf der Homepage geworben und gehofft, einem durch die rechtspopulistische PVV gewünschten „Nexit“ entgegenwirken zu können. Auch auf dem Heidelberger Marktplatz steht die Liebe zum Benelux-Staat im Fokus: Und so ist nicht zuletzt seine kulturelle Bereicherung Thema des „Open Mic“-Teils der Veranstaltung.
Denn Europa sei schließlich mehr als nur ein politischer Beschluss; mehr als nur profitabler Handel und einheitliche Währung, stellt Cristian Gallardo in seiner Rede fest. Ursprünglich im Baskenland geboren, erzählt der Studierende liebevoll von seinem Weg von Spanien nach Bolivien, England und schließlich Heidelberg: „Ich esse Europa, ich atme Europa, ich lebe Europa.“
Es ist fast schon eine rührende Unschuld, die an diesem kühlen Sonntagnachmittag die Stimmung dominiert: Während die Europahymne im Hintergrund ertönt, fassen sich Jung und Alt an die Hände – vom britischen Touristen bis zum Brüsseler Beamten. Was im ersten Moment etwas absurd – ja, fast schon pathetisch – erscheint, verblasst im Anblick der Aufrichtigkeit der Teilnehmenden – sei es in ihrem Feiern von Vielfalt oder dem simplen Festkleben einer Flagge, die zu Boden fällt. Sie blendet weder die politische Unsicherheit, in der sich unsere Zeit befindet aus, noch löst sie ihre Konflikte. Doch sie zeigt Menschen, die sich kümmern und motiviert dazu, es ihnen gleichzutun. Und wer weiß: Vielleicht ist ein bisschen Pathetik ja gerade genau das, was wir dabei brauchen.
[box type=“shadow“ ]Pulse of Europe trifft sich in Heidelberg ab dieser Woche jeden Sonntag um 14 Uhr auf dem Universitätsplatz.[/box]
Von Sonali Beher