Die VS hat einen neuen Vorsitz. Im Gespräch erzählt die neue Doppelspitze von ihren Zielen und warum Hochschulpolitik an ihrem Frühstückstisch kein Thema ist.
Lange war die Verfasste Studierendenschaft (VS) auf der Suche nach einem neuen Vorsitz. Kurz vor Ende des Semesters wählte schließlich der Studierendenrat (StuRa) David Kelly (29) und Julia Patzelt (28) zum neuen Vorsitz der VS. Beide studieren schon seit einigen Jahren Religionswissenschaft in Heidelberg. Beide waren davor schon in ihrer Fachschaft aktiv.
Ihr habt euch zunächst für den Posten des Finanzreferats beworben und seid nun Vorsitz. Seid ihr glücklich mit dem Amt?
David Kelly: Wir sind auf jeden Fall glücklich. Als wir uns beworben haben, sind wir mit der Einstellung rangegangen, wir machen das, was gebraucht wird. Und da ich für die Fachschaft schon die Finanzen gemacht habe, war die Überlegung, das auch für die VS zu machen. Im Vorsitz macht man aber unterschiedlichere Sachen.
Julia Patzelt: Es ist eine andere Arbeit als die Finanzen. Sie ist sehr vielseitig, das ist schön. Wir haben auch noch die Möglichkeit, eigene Schwerpunkte zu setzen.
In der Vergangenheit sind viele Vorsitzende zurückgetreten und das auch, weil die Arbeitsbelastung ziemlich groß war. Denkt ihr, ihr seid dem gewachsen?
Patzelt: Davon gehen wir aus.
Kelly: Man merkt schon, dass es wirklich viel ist. Ein Tag ist manchmal auch einfach ermüdend. Wir disziplinieren uns aber auch stark dahingehend, dass wir einen Cut machen und, egal was noch ansteht, nach Hause gehen und zum Beispiel noch einen Text lesen. Denn es gibt auch noch die Uni.
Ihr seid als Team angetreten. Arbeitet ihr gut zusammen?
Patzelt (lacht): Ich kann es mir nicht anders vorstellen. Wir wohnen auch zusammen.
Geht es dann am Frühstückstisch um Hochschulpolitik?
Kelly: Das haben wir gestrichen.
Patzelt: Wir haben uns in den ersten Wochen, bevor wir gewählt wurden, schon intensiv eingearbeitet. Da haben wir bemerkt: Wenn wir morgens früh schon anfangen, sind wir irgendwann zu überarbeitet und total Banane.
Wozu braucht es die VS?
Patzelt: Es gibt so viele studentische Initiativen und auch kleine Projekte. Um die umzusetzen, bietet die VS Räume und Unterstützung. Wir haben aber auch die finanziellen Mittel. Ohne VS hätten auch die Fachschaften die Gelder nicht und könnten ihre schönen Ideen nicht verwirklichen.
Worin seht ihr eure Aufgabe als Vorsitz?
Kelly (lacht): Die Geschirrspülmaschine aufräumen. Nein, im Ernst, ich denke, das Wichtigste ist die Verwaltung. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal ein Bürokrat werden kann. Verwalten hört sich gar nicht so spannend an, aber es muss gemacht werden und es ist spannender, als es vielleicht klingt.
Patzelt: Es braucht eben eine Stelle, an der die Kanäle zusammenlaufen.
Gerade werden die Nextbike-Kooperation und auch das landesweite Semesterticket diskutiert. Wie steht ihr dazu?
Kelly: Da haben wir einen Vorteil. Wir dürfen neutral sein. Ich glaube nicht, dass ein Mensch allein die beste Entscheidung treffen kann. Gerade dadurch, dass sich 40 bis 80 Menschen alle zwei Wochen dienstags treffen, kann eine bessere Entscheidung zustande kommen. Diese dürfen und müssen wir auch vertreten.
Das heißt, ihr orientiert euch inhaltlich an dem, was der StuRa beschließt?
Patzelt: Wir vertreten die Interessen der Studierenden. Das ist unser Fokus.
Kelly: Wir sind schon auch zu einem Treffen des fzs gegangen und haben ein paar Diskussionspunkte mit zurückgebracht. Diese wollen wir auch in den StuRa bringen, damit der dann diskutieren und entscheiden kann. Das sind aber sehr allgemeine Themen, die alle Studierendenschaften besprochen haben sollten.
Zum Beispiel?
Kelly: Gerade ist der Wohnraum ein Thema. Dazu gibt es schon einen StuRa-Beschluss von 2014. Egal aus welchem Kontext Menschen kommen, bezahlbaren Wohnraum zu haben, sollte das Mindeste sein.
In diesem Semester steht wieder die StuRa-Wahl an. Was wollt ihr tun, um mehr Leute an die Urnen zu bringen und auch für die Arbeit der VS zu begeistern?
Patzelt: Informieren, informieren, informieren. Ganz konkret konzipieren wir auch wieder die nächste Infoveranstaltung, bei der die verschiedenen Bereiche der VS vorgestellt werden.
Wie sieht es mit den unbesetzten Referaten aus?
Kelly: Ein Studium zählt schon als Ganztagsjob. Ein Referat, Sport und andere Hobbies gleichzeitig zu machen, ist schwierig. Wir merken jetzt aber auch, dass die Referate, die besetzt sind, richtig gut arbeiten. Dort sind Leute wirklich mit Herzblut bei der Sache. Ich glaube, man muss die einzelnen Studierenden ansprechen, die schon für bestimmte Dinge begeistert sind und ihnen dann zeigen, dass sie die Möglichkeit haben, das bei uns umzusetzen.
In drei Worten: Was macht für euch die VS aus?
Patzelt: Kompetenz. Verantwortung. Zuständigkeit.
Warum?
Kelly: Kompetenz ist wichtig, denn man braucht schon Fähigkeiten, um seine Arbeit gut zu machen, anders geht es nicht. Was uns dann auch in die Fachschaftsarbeit und nun in unser Amt gebracht hat, war, Verantwortung zu übernehmen. Mir fällt es immer leichter, Verantwortung für andere zu übernehmen, bevor ich es in meinem eigenen Leben tue. Und Zuständigkeit ist wichtig, weil man nicht für alles zuständig sein kann.
Wenn wir uns in einem Jahr am Ende eurer Amtszeit wieder zusammensetzen: Was sollte sich verändert haben?
Patzelt: Volle Referate wären optimal. Denn alle Referate sind wichtig.
Kelly: Weiterhin steigende Wahlbeteiligung und eine andere Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit. Was wir oft hören, ist, wir wären zu überbürokratisch. Aber die Bürokratie ermöglicht das alles erst. Ich glaube, vielen Studierenden ist nicht bewusst, wie viel Veranstaltungen dann doch powered-by-StuRa sind.
Patzelt: Wir wünschen uns außerdem, dass sowohl Fachschaften als auch studentische Initiativen hier bei uns in der VS ein Zuhause finden.
Das Gespräch führte Esther Lehnardt.