„ Mandy“ ist der zweite Langfilm des italienisch-kanadischen Regisseurs Panos Cosmatos – und hat das Potential zum Kultfilm. Die einfache Geschichte eines Rachefeldzuges ist von Bildbedeutung getränkt und kitzelt des Zuschauers Nerven ins Unermessliche, vermag diesen Zustand jedoch nicht bis zum Ende durchzuhalten.
Es ist 1983, Mandy Bloom und Red Miller (Nicolas Cage) leben zurückgezogen in einem Wildnisidyll nahe der Shadow Mountains (Kalifornien). Während er tagsüber Bäume fällt liest sie Sci-Fi Romane hinter der Theke einer Tankstelle und fertigt mystisch-mythische Kitschbilder an, die an T-Shirts mit Aufdrucken von heulenden Wölfen erinnern. In ihrer Hütte genießt das Paar seine glückliche Zweisamkeit und erholt sich von angedeuteten Problemen ihrer individuellen Vergangenheiten. Doch das friedliche Leben der beiden soll nicht lange anhalten: eine Sekte – die Children of the New Dawn- lässt sich im selben Wald nieder und sieht in Mandy ein potentielles Opfer. Die Hippietruppe um den gescheiterten Musiker Jeremiah Sand hält einen Drogendeal mit einer Biker-Gang und ersucht zunächst erfolglos Mandy zu verführen. Doch sie lacht Jeremiah hämisch aus und büßt dafür mit dem Tod durch Verbrennen. Ihr Liebhaber Red muss diesem Grauen gezwungen beiwohnen, allerdings entfachen Mandys Flammen in ihm das kalte Feuer der Rache und Red sieht buchstäblich blutrot. Die zugegeben einfache Handlung liefert das Fundament für den schockierenden totalen Ausraster.
Wer bereits den ein oder anderen enttäuschen Rachefeldzug in Form des bewegten Bildes gesehen hat, sollte hier aufmerken. Denn „Mandy“ übertritt die in vielen der 116 Minuten sichtbare Linie zum Trash nicht.
Der Film ist eine Mischung von Action, Horror und Thriller und überzeugt mit einem gewohnt guten Soundtrack des leider verstorbenen Jóhann Jóhannsson.
Die friedvollen Anfangsszenen sowie der Schluss des Filmes wirken aufgrund der übersättigten Farben der Aufnahmen surreal. Farben und Licht sind generell wichtige Stilmittel in „Mandy“. Szenen, in denen Grausamkeit, Gewalt oder das Böse thematisiert werden, sind stets von einem satten Rot überleuchtet und entführen den Zuschauer in eine abgründige Dimension. In eingespielten Cartoonsequenzen wird der Realität schließlich vollkommen entsagt. Panos Cosmatos verbaut viele Symbole und Referenzen, übt noch etwas Religionskritik und weiß es geschickt, den angespannten Zuschauer mit einfachen Jokes auch noch vor lauter Absurdität zum Lachen zu bringen. Es finden sich nebenbei auch einige Tribute an vergangene Horrorfilme wieder: Die Biker-Gang erinnert an die Hellraiser-Trilogie, der absurde Kampf mit Kettensägen zwischen Red und einem Sektenmitglied könnte dem Tanz des Leatherface in „The Texas Chain Saw Massacre“ entstammen und ein Handlungsort des Filmes ist der Crystal Lake (Freitag der 13.)
Für den Film entscheidend ist letztlich ein haltloser Nicolas Cage, der für diese Rolle prädestiniert scheint. Sein einfaches Spiel eines mit Wut aufgepumpten Rächers, der nebenbei noch Zeit findet, seine individuelle Streitaxt zu schmieden, besteht überwiegend aus irrsinnig weit aufgerissenen Augen. Und für mehr bleibt in diesen vollgeladenen Bildsequenzen kein Raum.
Insgesamt liefert der Film damit genug Material um ein Meisterwerk zu schaffen, verfehlt jedoch dieses Ziel. Die so sorgfältig aufgestaute Wut und Anspannung verpufft im letzten Drittel des Films zusehends. Mit jedem Gegner den Red Miller niedermetzelt, scheint es für ihn lächerlich einfach zu werden, die Leben der Sektenmitglieder zu beenden. Insbesondere der Endboss wird seiner Position nicht gerecht. Da ist Nicolas Cage letzter Gesichtsausdruck, als er die Rachebühne verlässt und während der Autofahrt von seiner Mandy halluziniert, viel schockierender.
Von Bérénice Burdack
„Mandy“ gibt es am 3.11 und 22.11 im Karlstorkino zu sehen