Im Interview spricht die neue Geschäftsführerin des Studierendenwerks Tanja Modrow über ihren Führungsstil, ihre Vorgängerin und die Internetprobleme in den Wohnheimen
Nachdem Ulrike Leiblein nach 30 Jahren im Studierendenwerk Heidelberg (StuWe) in Rente ging, hat Tanja Modrow Anfang Oktober die Geschäftsführung des StuWe übernommen. Der Studierendenrat spricht von einer „neuen Zeitrechnung“. Modrow war zuvor als Geschäftsführerin des Evangelischen Stadtkirchenbezirks Pforzheim tätig, fährt gerne Rad und ist Mutter von vier Kindern.
Wenn Sie dem Bürostress in der Mittagspause entfliehen: Was essen Sie in der Zeughaus-Mensa am liebsten?
Querbeet. Ich mache einmal die Runde, schaue was lecker ist und dann gibt es meistens von allem ein Häppchen. Ich gehe fast täglich rüber in die Mensa und esse dort, denn ich finde es sehr schön, wie das Leben da draußen tickt und man bekommt auch was mit.
Die letzten fünf Jahre waren Sie Geschäftsführerin der Evangelischen Kirchenverwaltung in Pforzheim. Welche Erfahrungen aus dieser Zeit nehmen Sie mit in die neue Tätigkeit?
Als Geschäftsführerin hatte ich Verantwortung für 420 Mitarbeiter und viele hundert Ehrenamtliche. Ich hatte aber auch die Geschäftsführung von 22 Kitas inne, ganz viel im Baubereich, Sanierung, Kirchen, Wohnhäuser, Sozialwohnraum. Deshalb kann ich in einigen Bereichen von Erfahrungen sprechen, die hier auch notwendig sind. Außer im BAföG-Bereich – den habe ich selbst noch nicht bedient.
Wie fühlt es sich an, dieses Amt zu übernehmen, nachdem Ihre Vorgängerin Ulrike Leiblein 30 Jahre lang in der Geschäftsführung tätig war – schweres Erbe oder Impuls für einen Neuanfang?
Das Erbe ist da. Ich würde das in beide Richtungen beantworten. Frau Leiblein hat natürlich hervorragende Arbeit geleistet, was das Image des Studierendenwerks angeht und ihren Fußabdruck hier hinterlassen. Aber ich glaube auch, dass jetzt ein Zeitenwechsel ist, und dementsprechend werde ich versuchen, meinen eigenen Fußabdruck drüberzulegen.
Zuletzt stand das StuWe Heidelberg wegen seiner Arbeitsbedingungen stark in der Kritik. Welche konkreten Maßnahmen wollen Sie ergreifen, damit sich die Beschäftigten in Zukunft geschätzt und gehört fühlen?
Ich kann nicht beurteilen, ob die Mitarbeiter geschätzt und gehört worden sind. Ich war ja nicht dabei. Als ich an der Westküste von Frankreich meinen Jahresurlaub gemacht habe, habe ich das natürlich aktiv mitbekommen, was hier los ist. Die Frage, was ich tun werde, muss ich korrigieren: Ich tue schon – glaube ich. Ich war zum Beispiel heute in der Zentralmensa und habe mich dem Team vorgestellt, habe dort erzählt, wer ich überhaupt bin. Vorhin war ich drüben im Café bei uns hier im Marstall und hab einfach mal gefragt, wie es geht, und eine Studentin getroffen und bin mit ihr ins Gespräch gekommen. Ich finde es wichtig, dass wir alle eins sind. Ob jetzt mit studentischem Hintergrund oder nicht. Das ist eigentlich völlig egal. Jeder bekommt seine Rechte und muss auch seine Pflichten wahrnehmen. Was mir wichtig wäre, ist die Kommunikation und die Transparenz.
Wie lässt sich denn eine möglichst kostengünstige Verpflegung der Studierenden mit guten Arbeitsbedingungen für die Angestellten in den Mensen und Cafés verbinden?
Das ist genau der Spagat, den wir machen müssen. Im Moment bin ich dabei, dementsprechende Zahlen zu erheben, um überhaupt vernünftige Entscheidungen treffen zu können. Wenn wir es schaffen sollten, das ganze System zu optimieren, schaffen wir vielleicht auch, Nachhaltigkeit noch stärker in den Fokus zu stellen. Aber natürlich können Sie sich auch vorstellen, ein Tellergericht für 2,50 Euro mit Fleischanteil – ich meine, gehen Sie mal in den Supermarkt – das ist eine Herausforderung. Ich denke, wir sollten versuchen, alle Bedarfe der Studierendenschaft bedienen zu können. Wobei wir da keine Klassengesellschaft bilden dürfen – das finde ich ganz wesentlich.
Am 25. Oktober fand ein Gespräch zwischen Ihnen und Mitgliedern des AK Studentische Aushilfen statt. Werden Sie zukünftig mit den Studierenden in Kontakt bleiben, und wenn ja, wie?
Es soll bereits im Dezember ein neuer Termin vereinbart werden, sodass man in die Kommunikation geht. Ich habe keine Angst vor diesen Kontakten. Im Gegenteil: Ich empfinde sie als bereichernd. Sie werden nicht immer reibungslos laufen. Das ist ganz klar, weil da auch verschiedene Interessenlagen da sind. Aber es kann auch sehr konstruktiv und bereichernd sein. Deswegen soll regelmäßig ein Kontakt stattfinden.
Möchten Sie künftig wieder mehr Studierende anstellen?
Es ist ja klar, dass Sie diese Frage stellen. Es wird auf jeden Fall so sein, dass wir Beschäftigte mit Studierenden-Hintergrund haben werden. Mehr kann ich noch nicht versprechen. In welcher Form, prozentual oder welcher Höhe, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich muss erstmal eine vernünftige Bedarfsanalyse und eine gute Personalplanung machen. Sonst mache ich Versprechungen, die dann vielleicht nicht eingehalten werden, und das tue ich nicht. Ich werde keinen Rückwärtssalto machen, das habe ich versprochen und dazu stehe ich auch.
In den Wohnheimen des StuWe wird seit langem Internet angekündigt – wann können die Bewohner mit dem Anschluss ans World Wide Web rechnen?
Es fanden schon einige Gespräche statt. Es ist natürlich ein Problem, wenn ein Studi keinen Internetzugang hat – ich könnte gar nicht ohne Internet leben. Aber auch da kann ich erst ab dem Punkt ansetzen, wo ich hier gestartet habe. Im Holbeinring gibt es durchaus Internet. Was zusätzlich aber versprochen worden ist, sind die LAN-Buchsen, und da gab es einige Probleme. Wir gehen aber davon aus, dass im Januar oder im Februar – ich baue immer gerne einen Puffer ein – alle versorgt sein werden. In den Europahäusern in der Altstadt muss das aktuelle Konzept überdacht werden, danach können wir Entscheidungen treffen.
Was ist ein konkretes Ziel, das Sie in Abgrenzung zur vorigen Geschäftsführung in Zukunft erreichen möchten?
Das ist eine fiese Frage! Ich möchte mich gar nicht so abgrenzen. Das war die Ära Leiblein und jetzt ist die Ära Modrow, und die tickt einfach komplett anders. Ich werde mich jetzt hier beweisen müssen. Wir müssen noch passgenauer für die Studierendenschaft sein. Aber natürlich auch für meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Deswegen darf ich nicht nur an die Studierenden denken, sondern auch an mein eigenes Haus.
Wie würden Sie den „Führungsstil Modrow“ in drei Worten beschreiben?
Transparent, kooperativ, leistungsorientiert.
Das Gespräch führten Cornelius Goop und Alexandra Koball.
[box type=“shadow“ ]Chronik des Arbeitskampfes
Vorwürfe über unfaire Arbeitsbedingungen für die studentischen Beschäftigten in den Mensen und Cafés des Studierendenwerks (StuWe) gibt es schon länger. Bereits im Jahr 2012 hatte der ruprecht über Tagesarbeitsverträge und zweifelhafte Verhältnisse berichtet. So versprach die Geschäftsführerin Ulrike Leiblein schon Anfang 2013 in einem Interview mit dem ruprecht, dass studentischen Beschäftigten in Zukunft nicht mehr einfach gekündigt werden könne, wenn sie ihre Regelstudienzeit um mehr als 4 Semester überschreiten. Eingehalten wurde dieses Versprechen nie.
Dezember 2017 / Januar 2018: Mit Aktionen und Gesprächen beginnen der Studierendenrat (StuRa) und die Gewerkschaft ver.di erneut auf schlechte Arbeitsbedingungen aufmerksam zu machen. Um Tarifverträge zu umgehen, werden die circa 250 studentischen Aushilfen beim StuWe über ein Subunternehmen mit Tagesverträgen beschäftigt. Da jeden Arbeitstag ein neuer Vertrag unterschrieben wird, haben die Studierenden keinen Anspruch auf bezahlten Urlaub oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. ver.di spricht von „prekären Arbeitsbedingungen“. Auch das Arbeitsklima in einigen Mensen wird kritisiert.
8. Februar: Nachdem der ruprecht und andere Medien über die Zustände berichtet haben, stellt die SPD im Landtag von Baden-Württemberg eine Kleine Anfrage an das Wissenschaftsministerium zu dem Thema. Ministerin Theresia Bauer verspricht, Gespräche zu führen. März: Als Reaktion auf die öffentliche Kritik bildet sich eine Arbeitsgruppe aus der Geschäftsleitung des StuWe und Studierenden, um Lösungen zu erarbeiten – jedoch ohne Beteiligung der Verfassten Studierendenschaft (VS) oder der Gewerkschaft. Kurz darauf wird bekanntgegeben, dass die Studierenden ab dem Sommersemester 2018 befristete Verträge mit fester Stundenzahl, die auf dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst basieren, erhalten sollen.
1. August: Das Sozialreferat des StuRa wendet sich mit einem offenen Brief an das Wissenschaftsministerium, etwa zwei Wochen später senden auch die studentischen Beschäftigten eine E-Mail an die Mitglieder des Verwaltungsrats des StuWe. Es wird kritisiert, dass die Studierenden seit der Vertragsumstellung gegenüber den nicht-studierenden Festangestellten benachteiligt werden, außerdem seien seither keine neuen Studierenden mehr eingestellt worden. Auch wurden in 51 Fällen die Verträge nicht verlängert, insbesondere bei Personen, die sich zuvor kritisch geäußert hatten.
14. August: Die SPD stellt im Landtag erneut eine Kleine Anfrage bezüglich der Anschuldigungen. Theresia Bauer verspricht die Durchführung eines Runden Tisches im Oktober.
31. August: Nach Aufruf durch die Referatekonferenz der VS findet auf dem Uniplatz eine Boykottaktion gegen das StuWe statt. Am Freitag wird das Bundesligaspiel Hannover gegen Dortmund und am Sonntag der Tatort von etwa 50 Personen nicht im Marstall, sondern auf einer selbst aufgebauten Leinwand geschaut.
28. September: Während der Verabschiedung der bisherigen Geschäftsführerin Ulrike Leiblein in den Ruhestand demonstrieren in der Altstadt Studierende unter dem Motto „Suppe versalzen!“. Neben den Arbeitsbedingungen und dem Arbeitsklima wird auch das mangelnde Engagement der Ministerin Theresia Bauer kritisiert.
1. Oktober: Die neue Geschäftsführerin Tanja Modrow nimmt die Arbeit am StuWe auf.
25. Oktober: Tanja Modrow trifft sich mit Theresia Bauer, Rektor Bernhard Eitel und Mitgliedern des Arbeitskreises Studentische Aushilfen, um die Lage der studentischen Beschäftigten zu besprechen. [/box]
Als langjähriger Mitarbeiter in der Zeughausmensa sowie der Triplex Mensa, habe ich mein Arbeitsverhältnis gekündigt. Ich hatte verantwortungsvolle Tätigkeitsbereiche, die mir bei meinem Abgang nicht honoriert wurden, ich glaube sogar verallgemeinert worden zu sein. Dabei stand ich mit meinen Aufgaben auch den Student,-innen immer mit Rat und Tat zur Seite und half wo ich konnte. Ich bin nicht jemand der Vergleiche zieht und sagt, früher war alles besser aber es war auf jeden Fall gehaltvoller in Gesprächen und bei der Arbeit mit StudentInnen. Die neue Geschäftsführung ist nicht tolerant und offen ihren Mitarbeitern gegenüber sondern versteckt sich hinter einer Fassade. Es wird zwar gesagt, dass alle ehemaligen Mitarbeiter ihre Stelle behalten können aber man muss sich doch mit Veränderungen zufrieden geben, die aber weder gut sind noch akzeptabel, was einem bleibt ist der Abgang. Warum wird das dann so nicht angekündigt?
Vielen Dank für deinen Kommentar, wir würden uns freuen mit dir persönlich darüber sprechen zu können. Kontaktiere uns gerne per Mail über aej[at]ruprecht.de