Heidelberg kündigte Offenheit für die Aufnahme von Geflüchteten an – doch die Bereitschaft der Kommunen scheitert oft schon an den europäischen Außengrenzen
„Die vergangenen Wochen waren keine Sternstunde Europas“, so kritisierte der EU-Innenkommissar am 9. Januar in Brüssel die EU-Staaten. Die Kritik gilt einer Geschichte, die von ihrem Timing nicht biblischer hätte sein können: Am 22. und 29. Dezember 2018 wurden insgesamt 49 Menschen von zwei deutschen Hilfsorganisationen, Sea-Watch und Sea-Eye, an Board ihrer Rettungsschiffe genommen. Die Rettungsschiffe sind allein auf die notdürftige Beherbergung der Schiffscrew ausgerichtet. Trotzdem waren sie gezwungen, drei Wochen vor der Küste Maltas und Italiens auszuharren. Der Zugang zu einem Hafen und damit die wirkliche Rettung der 49 Geflüchteten wurde den Rettungsorganisationen bis zum 9.01.2019 durch die maltesische und italienische Regierung verwehrt.
Dass die Migranten schließlich doch europäischen Boden betreten dürfen, ist Ergebnis einer langwierig ausgehandelten Vereinbarung mit der maltesischen Regierung: Durch ein Schiff des maltesischen Militärs sollen sie an Land gebracht und von dort direkt auf acht europäische Mitgliedsstaaten (Deutschland, Frankreich, Portugal, Irland, Rumänien, Luxemburg, Niederlande und Italien) umverteilt werden. Dafür müssen die Rettungsschiffe das maltesische Gewässer unverzüglich verlassen. Darüber hinaus sollen 176 der insgesamt bisher 298 Menschen, die bis Ende 2018 von der maltesischen Küstenwache gerettet worden sind, ebenfalls von den acht EU-Ländern aufgenommen werden. Das Ergebnis hatte einen hohen Preis:
„Die Würde unserer Crew und der geretteten Menschen wurde nicht nur angetastet, sie wurde im Mittelmeer ertränkt.“, so Gorden Isler, Sprecher von Sea-Eye e.V. Warum jedoch müssen solidarische Lösungen immer erst in letzter Sekunde und zu Lasten der in Gefahr schwebenden Menschen errungen werden?
In Deutschland haben viele Kommunen – darunter auch Heidelberg– Offenheit angekündigt und sich zur Aufnahme der Migranten bereiterklärt. Auch Johannes Bayer, Vorsitzender von SeaWatch setzt auf die Hilfsarbeit der Bevölkerung „Was uns wirklich Hoffnung und Kraft für kommende Herausforderungen gibt, ist die große Unterstützung durch die Zivilgesellschaft. Wir werden gemeinsam weiterhin Menschenrechte auf dem Mittelmeer verteidigen und einfordern, wenn Staaten dazu nicht Willens sind, dann eben mit Hilfe einer breiten zivilgesellschaftlichen Bewegung.“
Auf Bundesebene verlangt Bundesinnenminister Horst Seehofer nach einer „europäischen Lösung“. Letzen Endes hilft nur eine solidarische Lösung auf Europaebene. Jedoch lässt sich diese nur verwirklichen, wenn alle Mitgliedsstaaten mitziehen. Dazu zählt auch die unvoreingenommene Bereitschaft der Küstenstaaten, ihre Augen und Häfen nicht zu verschließen.
Die Sorge der südländischen EU-Mitgliedsstaaten mit den vielen Ankömmlingen alleine gelassen zu werden ist zwar berechtigt. Das Warten der Regierungen auf interessengerechte Verteilungsmechanismen von europarechtlicher Seite rechtfertigt aber nicht ihr Untätigbleiben und Verwehren von Hilfeleistungen und Festlandzugang.
Von Bérénice Burdack