Exkursionen sind Teil des Modulplans vieler Studiengänge. Doch Kritiker stellen den tatsächlichen Lernzuwachs in Frage und bemängeln den organisatorischen Aufwand. Sollten Exkursionen verpflichtender Bestandteil des Studiums bleiben?
Seit fünf Jahren biete ich jedes Semester eine einwöchige Exkursion an, die ich mit meinen wissenschaftlichen Mitarbeitern Michael Roth und Gregor Stiebert leite. Es ist ein gewinnbringendes Lehrformat: Ich habe Exkursionen als intensive Kontaktzeiten erlebt, in denen ich als Dozentin mehr Zeit für Gespräche hatte. Hierzu zählt ein ausführliches Feedback zu Referaten, Coaching hinsichtlich künftiger Masterstudiengänge oder die Diskussion, ob eine Promotion infrage kommt, Stipendienmöglichkeiten, Berufswege et cetera. Daneben bieten Exkursionen Möglichkeit für Einblicke in außeruniversitäre Forschungs- oder Bildungseinrichtungen. So besuchten wir das Deutsche Historische Institut in Rom und London, bei denen uns die Direktoren zu Gesprächen zur Verfügung standen. Darüber hinaus geht es um studentische Vernetzung: In St. Petersburg haben wir uns mit Geschichtsstudierenden und Dozenten unserer Partneruni getroffen und uns über spezifische Ansätze der Geschichtsschreibung in Russland ausgetauscht.
These 1: Exkursionen bedeuten vor allem Abwesenheit in anderen, regulären Veranstaltungen und der tatsächliche „Lerneffekt“ bleibt gering.
Das sehe ich anders. Es handelt sich nach den Curricula vieler Fächer bei Exkursionen um reguläre und somit – etwa einwöchige – Fahrten auch im Semester zu absolvierende Lehrveranstaltungen. Die Fehlzeiten bei den KollegInnen sind sicher für diese nicht schön, dennoch handelt es sich bei einer Exkursion um Lehre in situ und nicht um Urlaub der Studierenden. Insofern hat die Exkursion, wenn sie nicht zu lang ist, ihren berechtigten Platz im Semester und nicht in der vorlesungsfreien Zeit. Meine Exkursionen stehen in engem Zusammenhang zu meinen Veranstaltungen. Sie verstehen sich als vertiefende Ergänzung des Stoffes. So wurde meine Vorlesung zur „Britischen Expansion“ und das Hauptseminar „Großbritannien im 18. Jahrhundert“ im Sommer durch eine Fahrt nach London mit dem Besuch der Admiralität, des Maritime Museums und der Bank of England ergänzt.
These 2: Studierenden wird durch Exkursionen die Möglichkeit geboten, theoretisches Wissen anschaulich auf die Praxis anzuwenden.
Exkursionen bieten aus meiner Sicht eine Möglichkeit als erkenntnisleitende Kategorie. Studierende können viele Erfahrungen sammeln: die Bedeutung und Qualität des eigenen fachlichen Beitrags für das Gesamtthema der Exkursion beziehungsweise die gezielte Abstimmung des Referats auf das Objekt. Damit gehen oft andere Formen der Präsentation außerhalb des Seminarraums einher – wie bei Führungen durch Museen. Das erfordert Vorbereitungen hinsichtlich der Standorte der Exponate und somit eine höhere Flexibilität. Hier lernen die Studierenden Kompetenzen, die für GeisteswissenschaftlerInnen berufsrelevant sein können. Auch das organisatorische Mitwirken der Studierenden ist nötig: die Kommunikation mit Teilen der Gruppe, die nicht mehr mit einer U-Bahn mitgekommen sind, Hilfe, wenn es Mitstudierenden nicht gut geht, oder bei der Verpflegung. Das schweißt die Gruppe zusammen.
These 3: Der finanzielle Aufwand für Pflichtexkursionen ist vor allem für ärmere Studierende schwer zu bewältigen.
Das kann ich nach zehn einwöchigen Exkursionen mit Touren durch ganz Europa nicht bestätigen. Schließlich ermöglichen die Fakultäten Beihilfepauschalen, die für alle Studierenden beantragt werden können. Zudem haben wir aufgrund der frühzeitigen Anmeldungen in den Museen und Kirchen und der Vorlage von Bestätigungen der Uni Heidelberg in der jeweiligen Landessprache als Nachweis, dass es sich um eine Fachexkursion von Studierenden handelt, oft freien Eintritt erhalten. Das hat uns wirklich viel Geld gespart. Wenn beispielsweise für die Gruppen Ferienwohnungen gebucht werden, ist auch die billigere Selbstverpflegung für die Studierenden möglich und zudem mit dem gemeinsamen Kochen auch ein vergemeinschaftendes Moment gegeben. In allen Fällen konnten wir so unsere ursprüngliche Finanzkalkulation unterschreiten.