In Heidelberg findet Ende Mai die Klimaschutzkonferenz ICCA statt. Mehrere Nichtregierungsorganisationen demonstrieren und fordern schnelleres Handeln
[dropcap]A[/dropcap]m 22. und 23. Mai wird in Heidelberg die internationale Klimaschutzkonferenz „International Conference for Climate Action 2019“ (ICCA 2019) stattfinden. Vertreter zahlreicher Städte, Regionen und nationaler Regierungen werden in der Stadthalle zusammenkommen, um über konkrete Schritte gegen den Klimawandel zu diskutieren. Neben Bundesumweltministerin Svenja Schulze und Ministerpräsident Winfried Kretschmann sind auch der UN-Sondergesandte Luis Alfonso de Alba sowie rund 60 weitere Redner angekündigt.
Der Fokus der Konferenz, die gemeinsam vom Bund, dem Land Baden-Württemberg und der Stadt Heidelberg veranstaltet wird, soll auf dem Austausch und Transfer zwischen Akteuren auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene liegen. Alle staatlichen Stellen müssten an einem Strang ziehen, um gegen die globale Erwärmung vorzugehen. Übergeordnetes Ziel ist es, die Beschlüsse des Abkommens von Paris einzuhalten. Insbesondere ist es ein Ziel der ICCA, Ideen von den Städten in die nationale Politik zu bringen. Dabei ist die Konferenz ein Meilenstein auf dem Weg zum UN-Klimagipfel in New York im September.
Eine besondere Rolle nehmen dabei die Städte ein. Da die Hälfte der Weltbevölkerung nun in städtischen Gebieten lebe und die meisten Treibhausgase dort verursacht werden, sei eine enge Abstimmung zwischen Städten und nationalen Regierungen erforderlich.
Heidelberg nimmt seit Längerem eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz ein, etwa durch Passivhaus-Projekte in der Bahnstadt oder klimaschonenden Nahverkehr. Seit über 25 Jahren sei die Stadt dem Motto „Global denken, lokal handeln“ treu, sagte Oberbürgermeister Eckart Würzner bei einer Pressekonferenz Ende April, an der auch Vertreter des Bundes und des Landes teilnahmen. Man dürfe nicht nur über Klimaschutz reden, so Würzner, sondern müsse ihn auch tatkräftig angehen.
Rita Schwarzelühr-Sutter, Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, hob hervor, dass bei der Bekämpfung des Klimawandels keine Zeit mehr verloren werden dürfe. Insbesondere solle der internationale Erfahrungsaustausch intensiviert werden. Zum ersten Mal bei einer Klimaschutzkonferenz werde gezielt darauf hingewirkt, strukturelle Hürden für den Klimaschutz zu beseitigen. Umsetzung sei angesagt, nicht neue Ziele.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat 2015 gemeinsam mit Kaliforniens Gouverneur Jerry Brown die „Under2 Coalition“ ins Leben gerufen – ein weltweites Bündnis von Städten und Regionen mit dem Ziel, diese Marke nicht zu überschreiten. Bis jetzt vereint die „Under2 Coalition“ die Regierungen von mehr als 1,3 Milliarden Menschen auf allen Kontinenten und repräsentiert 43 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung.
Würzner und Schwarzelühr-Sutter gingen auch auf die Impulse ein, die unlängst von der „Fridays for Future“-Bewegung ausgesandt wurden. Sie sahen die weltweiten Proteste dabei als willkommenen Rückenwind für ihr Anliegen, den Klimaschutz weit oben auf der politischen Agenda zu platzieren. Bürgermeister Würzner sagte, die jungen Leute erwarteten von der Erwachsenenwelt entschiedenes Handeln.
Auf der ICCA sollen dann auch Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in das Programm integriert werden, in erster Linie über die Teilprogramme Climate Neighborhoods und Youth Climate Summit. So ist Climate Chance eine der Partnerorganisationen der Konferenz – ein Zusammenschluss von NGOs, die von der UN anerkannt werden. Außerdem ist sie mit Organisationen verknüpft, die staatliche Akteure mit NGOs zusammenbringen, wie dem Eneuerbare-Energien-Netzwerk REN21. Manche NGOs, die durch Aktionen für den Klimaschutz aufgefallen sind, stehen jedoch nicht auf der Gästeliste. Leoni Faschian von der Aktionsgruppe Extinction Rebellion teilte auf Anfrage mit, ihre Organisation sei nicht eingeladen worden. Sie begrüße, dass bekannte Persönlichkeiten den Klimawandel thematisierten und „den Diskussionen um die lokale Umsetzung eine Plattform geboten wird“. Man habe aber auch die Erfahrung gemacht, dass zwar viel geredet werde, in der Praxis aber nur wenig ankomme. Grundsätzlich zeigte Faschian sich aber offen für die Workshops, auf denen Austausch zwischen der Zivilgesellschaft und kommunalen Akteuren und der Zivilgesellschaft gewährleistet werden soll. Mitte April hatten Aktivisten von Extinction Rebellion für Aufsehen gesorgt, als sie kurzzeitig die Theodor-Heuss-Brücke in nördlicher Richtung blockierten.
Auch Eva Rechsteiner vom Klimakollektiv Heidelberg gab bekannt, ihre Gruppe werde an den Veranstaltungen der ICCA nicht teilnehmen und sei auch nicht dazu eingeladen worden. Beide Aktivistengruppen sind gemeinsam in dem Bündnis „Klimagerechtigkeit jetzt!“ organisiert, das für den 22. Mai eine Demonstration in der Altstadt angekündigt hat. Vor der Stadthalle, in der zu dieser Zeit die ICCA stattfinden wird, ist eine Zwischenkundgebung geplant. Das Bündnis kritisiert, die Konferenz versammle „wirtschaftliche und politische Eliten, die dem Klimawandel allein durch Technologisierung und Green Economy entgegentreten möchte“. Stattdessen seien ein „Ende der Wachstumsideologie und konkretes Handeln für globale Klimagerechtigkeit“ erforderlich.
Von Lukas Jung
Lukas Jung studiert Philosophie und Politikwissenschaft. Er schreibt seit SoSe 2018 für den ruprecht – vor allem über Wissenschaft, Investigatives und Stadtentwicklung. Seit SoSe 2019 leitet er das Ressort Wissenschaft. ruprecht-Urgestein.