Die Kampagne „Luisa ist hier“ kommt auch in Kneipen und Bars in Heidelberg zum Einsatz. Doch wie erfolgreich kann sie gegen Sexismus im Nachtleben vorgehen?
Man stelle sich eine Situation vor: Heidelberg, Freitagabend. Eine Gruppe junger Frauen ist in einer Bar, um ins Wochenende zu starten. Die Stimmung ist gut, alle sind bester Laune und genießen den Abend. Doch dann beginnt eine der Frauen, sich nervös umzusehen. Auf die Frage ihrer Freundinnen, was denn los sei, antwortet sie nur zögerlich. Schließlich gibt sie zu, dass ein junger Mann, mit dem sie vorhin redete, ihr die ganze Zeit an den Hintern fasst und sie drängt, mit ihm nach Hause zu gehen, obwohl sie vorher klar gemacht hätte, dies nicht zu wollen.
Diese Situation ist zwar frei erfunden, sollte aber vielen auf die eine oder andere Art bekannt sein. Solchen Problemen soll die Kampagne „Ist Luisa hier?“ Abhilfe schaffen. Eine betroffene Person fragt an der Bar nach Luisa, um aus bedenklichen Situationen zu entkommen. Gestartet hat die Kampagne der Münsteraner Frauennotruf, um Frauen in der Partyszene Hilfe anzubieten. Ziel ist es aber auch, Aufmerksamkeit auf sexualisierte Gewalt und sexuelle Belästigung, vor allem im Nachtleben, zu lenken. Auch in Heidelberg ist „Luisa“ inzwischen angekommen. Der Heidelberger Frauennotruf hat in Kooperation mit dem Karlstorbahnhof, der Villa Nachttanz e. V. und der Halle02 die Kampagne eingeführt.
Zur konkreten Umsetzung sagt Tobias Breier vom Karlstorbahnhof: „Wer das Codewort benutzt, wird vom Personal erst mal in einen Rückzugsraum gebracht. Was die Person erzählen möchte, kann sie selbst entscheiden. Im Vordergrund steht die Frage, wie konkret geholfen werden kann: Zum Beispiel die Freunde suchen oder ein Taxi rufen.“ Was den Umgang mit den Tätern betrifft, so können sich die Veranstaltenden auf ihr Hausrecht berufen und „übergriffigen Personen“ Hausverbot erteilen.
Seit Einführung der Kampagne im Vorjahr hat der Frauennotruf eine von ihnen konzipierte Schulung durchgeführt, die sich an das Barpersonal richtet. Dadurch soll eine Sensibilisierung erfolgen und im konkreten Fall Handlungsspielraum geschaffen werden. Ein großer Bestandteil der Aufgaben ist auch die Öffentlichkeitsarbeit, um auf die Kampagne aufmerksam zu machen. „Dabei arbeiten wir mit den Veranstaltungen Hand in Hand“, so Anielle Gutermann vom Frauennotruf Heidelberg e.V. In der Theorie ergibt dieses Konzept durchaus Sinn, aber eine Nutzung in der Praxis kann nicht nachverfolgt werden. Sicher gibt es bestimmte Hürden, die es schwierig machen, das Angebot in Anspruch zu nehmen. Viele hätten Hemmungen, sich Hilfe zu holen. Außerdem ist vielen Betroffenen in der Situation nicht bewusst, dass es sich dabei um etwas handelt, bei dem man sich Hilfe holen sollte.
Dennoch wird Raum für das Thema geschaffen. Malte Wintermantel von der Villa Nachttanz e.V. sieht in jedem Fall einen positiven Effekt: „Ich glaube aber, dass das subjektive Sicherheitsempfinden durch das Aushängen der Plakate zur Kampagne in jedem Fall gesteigert wird.“
Trotz aller Bemühungen, das Nachtleben für Frauen sicherer zu machen, blieb die Kritik an „Luisa“ nicht aus. Da das Codewort so heteronormativ ist, schließt es andere aus. So ist die Hemmschwelle auch für Männer, Belästigung zu erkennen und sich zu wehren, ohnehin schon groß genug; ein Codewort, das sich in seiner Kampagne hauptsächlich an Frauen richtet, hilft dabei leider nicht. Weiterhin löst „Luisa“ das Problem nicht, dass mit Belästigung und Übergriffen offen umgegangen werden muss. Der Umgang im Geheimen wird dadurch eher noch befeuert, anstatt Täter direkt zu konfrontieren oder einen besseren Umgang miteinander zu fördern. Doch es bleibt die Frage, ob sich etwas Grundsätzliches an unserer Feierkultur ändern sollte. Veranstaltungen, bei denen „viel Alkohol im Spiel ist“ bringen eine höhere Gefahr mit sich, sodass das Codewort notwendig wird. Jedoch ist sexualisierte Gewalt nicht nur im Nachtleben relevant. In Wintermantels Augen ist das Problem größer: „Es muss sich gesamtgesellschaftlich noch vieles ändern. Gleichberechtigung ist da sicherlich eines von vielen Stichwörtern.“
Von Nele Bianga, Stefanie Haas und Lea Schön