Mensen sind die gastronomische Wirbelsäule des Studierendenlebens. Das Angebot ist hierbei in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Veganer, Vegetarier, Fleischesser und Kaffeetanten werden gleichermaßen fündig. Die Frage ist dabei nur: Woher kommen die Lebensmittel?
Spricht man mit Mitarbeitern der Mensen, stellt man fest, dass es ihnen persönlich überlassen bleibt, wie präzise und ehrlich sie am Tresen Auskunft geben. Fragt man beim Studierendenwerk direkt nach, bekommt man lange keine und dann eine sehr ausführliche Auskunft, die sich liest wie der Katalog eines Biohofs.
Fleisch und Wurst kommen aus der hauseigenen Metzgerei. Ein anderer Lieferant ist die Firma Transgourmet, die um traditionelle Herstellung und nachhaltigen Landbau bemüht ist. Jedoch ist das nur einer der Lieferanten, über die restlichen Partner und ihre Standards liegen keine Informationen vor.
Der verarbeitete Fisch ist größtenteils MSC-zertifiziert und, wenn möglich, aus der Region. Obst und Gemüse stammen zu weiten Teilen von den Bauern im Handschuhsheimer Feld und werden biologisch angebaut. Das Brot wird von der Bäckerei Riegler bezogen. Backwaren werden nach Angaben des Studierendenwerks unter anderem vom Mannheimer Start-Up Love Me Cakes bereitgestellt. Gegen Lebensmittelverschwendung wird mit Bananenbrot aus ästhetisch mangelhaften Bananen vorgegangen. Der regionale und biologische Beitrag wird also erfüllt. Man bekommt den Eindruck, dass die Mensen um nachhaltige Produkte bemüht sind. Aber wer verbirgt sich hinter dem besagten „unter anderem”?
Eine Mitarbeiterin des Studierendenwerks gibt Einblicke in die Situation in weiteren gastronomischen Einrichtungen. Die Kuchen in denMensen und Cafés sind von Schöller, einer Tochterfirma von Nestlé. Sie werden tiefgefroren geliefert und dann lediglich aufgetaut. Auch das Speiseeis, das verkauft wird, ist fast ausschließlich von Nestlé. Der Schweizer Lebensmittelkonzern steht seit Jahrzehnten in der Kritik aufgrund von finanzieller und körperlicher Ausbeutung, Kinderarbeit, Menschenhandel, Privatisierung von Trinkwasser, überflüssiger Tierversuche und illegaler Preisabsprachen. Die Liste der Vorwürfe ist schier endlos und hat Nestlé den Negativpreis „Black Planet Award“ eingebracht. Im Rahmen der Proteste der Studierendenwerksangestellten im Jahr 2018 wurde der Verkauf dieser Produkte bereits kritisiert.
Neben der Herkunft der Lebensmittel ist auch die Bepreisung der Gerichte undurchsichtig. Fleisch ist in der Herstellung und im Ankauf deutlich teurer als pflanzliche Produkte für vegetarische und vegane Speisen. Der Verbraucher zahlt aber für beide Gerichte gleich viel. Das Studierendenwerk wirft ein, dass die verwendeten Fleischalternativen aufgrund ihrer Hochwertigkeit und der geringen Produktionsmengen teurer im Einkauf seien als Fleisch. Jedoch erfasst das nicht die ganze Lage. Viele der vegetarischen Gerichte sind mit Hülsenfrüchten oder Getreidesorten zubereitet und auch Gemüse ist deutlich günstiger im Einkauf. Mit Ausnahme von Fleischersatz sind vegetarische und vegane Gerichte in der Herstellung immer günstiger als Fleischgerichte.
Die Mensa der Universität München hat die Fairnessfrage gelöst: Rein vegane Gerichte vom Buffet kosten 33 Cent pro 100 Gramm, vegetarische Gerichte 75 Cent, und für fleischhaltige wird ein zusätzlicher Festpreis erhoben, der für Studierende bei 50 Cent liegt.
Von Svenja Schlicht und Lara Stöckle
Svenja Schlicht machte im Sommer 2020 ihren Bachelor in Politikwissenschaft und Ethnologie an der Uni Heidelberg. Von Februar 2020 bis August 2020 leitete Sie das Feuilleton. Theater und Kultureinrichtungen waren aber bereits seit Oktober 2019 vor der ruprecht-Redakteurin nicht mehr sicher. Jetzt studiert sie an der Kölner Journalistenschule und freie Journalistin.