Als sich die wuchtige Holztür zum Eingangsbereich des Kurpfälzischen Museums Heidelberg öffnet, werde ich freundlich von der lächelnden Yvonne Stoldt empfangen, die als Restauratorin im Hause arbeitet und die aktuelle Sonderausstellung „Königskinder“ kuratiert hat. Sie ist bereits seit dem Abschluss ihrer anspruchsvollen Ausbildung hier angestellt. Nach der Berufsausbildung zur Buchbinderin, langer Praxistätigkeit und einem fünfjährigen Studium der Restaurierung und Konservierung darf sie sich Restauratorin nennen.
Draußen war noch alles ruhig, aber im Museum selbst konnte ich bereits dort geschäftiges Treiben erahnen, was sich nun bestätigt. Vorbei an freundlich grüßenden Putzkolonnen und emsigen Museumsmitarbeitern gehen wir in den hinteren Teil des Gebäudes, wo uns nun Dagmar Hirschfelder begrüßt, die Museumskuratorin und Leiterin der Abteilung Gemälde und Graphik im Kurpfälzischen ist. Hirschfelder erzählt, sie habe Kunstgeschichte, Germanistik und Geschichte in Bonn und Paris studiert, promoviert und anschließend in einer Kunstberatungsagentur und im Germanischen Museum Nürnberg gearbeitet. Gemeinsam mit ihr setzt sich unser Weg hinter die Kulissen des Museums fort.
Es geht in die Werkstatt: Ein verwinkelter Raum mit gedimmten Fenstern und brummendem Luftentfeuchter; auf einen großen Tisch sind die Figuren des Windsheimer Zwölf-Boten-Altars von Tilman Riemenschneider gebettet, einer der Schätze des Kurpfälzischen Museums. Sie warten darauf, dass jemand ihre filigran erarbeiteten Gewänderfalten aus Holz von altem Wurmfraß befreit.
Restauratoren und Kuratoren arbeiten bei der Verwirklichung einer Ausstellung immer eng zusammen. Auch generell ist es kein Sonderfall, dass man kuratorische Tätigkeiten übernimmt, obwohl man aus einem anderen Museumsfeld kommt. Je nach Interesse und Arbeitsschwerpunkt gibt es schließlich Experten auf bestimmten Gebieten. „Oft sind unsere Wissenschaftler ja mit großen Projekten beschäftigt, die zwischen zwei und drei Jahre brauchen. Eine wichtige Ausstellung zum Beispiel“, wirft Stoldt ein. Dann werden sie natürlich von Mitarbeitern aus anderen Bereichen entlastet. Restauratorinnen übernehmen dabei überwiegend die Vorbereitung der Ausstellungsstücke des Hauses und der Ausleihen, zum Beispiel, indem sie den Holzaltar aus der Werkstatt handwerklich wieder so gut wie möglich in seinen Ursprungszustand von 1509 versetzen, damit die Besucher ihn in voller Pracht bestaunen können. Kuratorinnen kümmern sich vor allem um die Organisation und Gestaltung der Ausstellung sowie ihre Vermittlung an die Öffentlichkeit. Sie erstellen unter anderem Kostenberechnungen für Leihgaben von anderen Museen, die schnell mehrere tausend Euro betragen können. Zudem werden Skulpturen von ihnen platziert und Gemälde gehängt, sodass sie die richtige Wirkung auf den Betrachter erzielen und ihm, im Falle der „Königskinder“-Ausstellung, die außergewöhnlichen Schicksale der Heidelberger Kurfürstenfamilie näherbringen. Zusätzlich zu dem ganzen Aufwand, die komplette Ausstellung zu organisieren, erstellen sie noch einen Katalog über das Thema. Hier sind alle wichtigen Informationen und Hintergründe zu den ausgestellten Objekten festgehalten und alle Stücke abgebildet, wodurch die Exposition auch nach ihrem Ende erhalten bleibt. Auf die Frage, warum sie denn nun Kuratorin geworden ist, antwortet Hirschfelder: „Jede neue Ausstellung gibt einen neuen Forschungsschwerpunkt, in den man eintaucht. So erweitert man stetig seinen Horizont.“
Beide kommen darin überein, dass sie in ihrem Traumberuf arbeiten und ihnen die Tätigkeit in einem kleineren Haus sehr gefällt, da man „nicht nur das berühmte Rädchen im System“ ist. Außerdem schätzen sie die Verbindung aus Theorie und Praxis.
Von Ulrike Bechtold
Die Ausstellung „Königskinder“ läuft noch bis zum 16. Februar im Kurpfälzischen Museum. Der Eintritt ist für Studierende ermäßigt.
Ulrike Bechtold studiert Politikwissenschaften und Französisch und ist seit dem WiSe 2019/20 beim ruprecht dabei. Sie schreibt über Hochschulpolitik, studentische Aktivitäten in Heidelberg und lernt gerne bei interessanten Interviews die unterschiedlichsten Menschen und ihre Tätigkeiten kennen. Mit dem Sommersemester 2020 übernahm sie die Leitung des Ressorts Hochschule.
Nicolaus Niebylski studiert Biowissenschaften. Beim ruprecht ist er seit dem Sommersemester 2017 tätig – meist als Fotograf. Er bevorzugt Reportagefotografie und schreibt über Entwicklungen in Gesellschaft, Kunst und Technik. Seit November 2022 leitet er das Ressort Heidelberg. Zuvor war er, beginnend 2019, für die Ressorts Studentisches Leben, PR & Social Media und die Letzte zuständig, die Satireseite des ruprecht.