„Unser Haus brennt.“ Man ersetze „Haus“ mit „Planet“, und die Worte Greta Thunbergs haben sich 2019 bewahrheitet. Das Jahr war geprägt von Wetterextremen. Selbst in typischen Waldbrandgebieten wie Kalifornien wüteten die Feuer stärker als je zuvor. Europa blieb nicht verschont. So begann etwa im April letzten Jahres die Waldbrandsaison in Schweden ungewöhnlich früh. Kampfjets wurden zur Löschung eingesetzt und im Juli bat das Land international um Hilfe. Auch deutsche Feuerwehrleute waren vor Ort im Einsatz.
In diesen Tagen genügt ein Blick nach Australien, um den Ernst der Lage zu erfassen. Buschbrände sind dort insbesondere in der Sommerzeit keine Seltenheit. Doch die aktuellen Feuer erreichen neue Dimensionen. Ein Gebiet von mehr als 11,8 Millionen Hektar ist bereits niedergebrannt, das entspricht etwa einem Drittel der Fläche Deutschlands.
Der Heidelberger Stadtwald erstreckt sich über gut 3300 Hektar. Er bildet den größten ökologischen Ausgleichsraum der Region. Wie wahrscheinlich ist es, dass auch er den Flammen erliegt?
Die mittleren Jahrestemperaturen liegen heute in Heidelberg rund 1,5 Grad Celsius höher als zu Beginn des letzten Jahrhunderts, die Anzahl heißer Tage hat sich vervierfacht. Darunter leidet der Wald.
„Den Waldökosystemen macht insbesondere die Zunahme stabiler Wetterlagen im Sommer mit langanhaltender Hitze und Trockenheit und den oft darauffolgenden Extremwettereignissen mit Starkregen zu schaffen,“ sagt Dieter Teufel, Leiter des Umwelt- und Prognose-Instituts Heidelberg.
Besonders viele Bäume seien im vorderen Odenwald durch Luftschadstoffe des Autoverkehrs stark geschädigt. Es komme zu Verlichtungen der Baumkronen, wodurch viel mehr Sonnenlicht als in gesunden Waldbeständen den Waldboden erreicht und ihn austrocknet. So könnten beispielsweise durch Glasscherben aus weggeworfenen Flaschen von selbst Waldbrände entstehen und sich schnell ausbreiten.
„Grundsätzlich besteht nach einer langen Trockenheit auch im städtischen Waldgebiet eine hohe Brandgefahr“, sagt Holger Schlechter, Einsatzleiter der Feuerwehr Heidelberg. Eine besondere Gefahr gehe dabei vom trockenen Unterholz aus, im Wesentlichen handle es sich um Flächenbrände unter den Bäumen. Solche Feuer häuften sich in Heidelberg derzeit noch nicht merklich. Im Ernstfall erschwerten die Geländestruktur und die Versorgung mit Löschwasser außerhalb erschlossener Siedlungsflächen einen Einsatz. Die Heidelberger Feuerwehr verfügt jedoch über geländefähige Tanklöschfahrzeuge mit einem großen Wasservorrat, die selbst schmalste Waldwege im hügeligen Gelände befahren können. Vom 1. März bis 31. Oktober gilt Rauchverbot im Stadtwald, auch offene Feuer sind untersagt. Präventiv könne man nur an die Bevölkerung appellieren, sich an das Verbot zu halten, so Schlechter. Dazu zählen nicht nur Grillfeuer außerhalb der zulässigen Grillplätze, sondern auch der sorglose Umgang mit Zigarettenresten. Mit landesweit 1708 Waldbränden, dem höchsten Wert seit 15 Jahren, war 2018 in Deutschland ein überdurchschnittliches Waldbrandjahr. Für 2019 dürften angesichts des erneuten Hitzesommers ähnliche Zahlen zu erwarten sein.
Zurück nach Australien. Aufnahmen zeigen infernalische Zustände und Szenarien, die direkt aus einem Horrorfilm stammen könnten: ausgebrannte Autokarosserien, meterhohe Rauchwolken, blutroter Himmel. Bislang fielen mindestens 28 Menschen und nach Schätzungen des World Wide Fund for Nature 1,25 Millionen Tiere den Flammen zum Opfer. Entlang der Ostküste sind viele Städte von den Feuern eingeschlossen, es finden Massenevakuierungen statt. Der bevölkerungsreichste Bundesstaat New South Wales ruft wieder und wieder den Notstand aus. Die starken Regenfälle Mitte Januar löschten die Feuer, sorgten aber gleichzeitig für Überschwemmungen. Man kann nur hoffen, dass uns in Heidelberg solch eine Katastrophe erspart bleibt.
von Nele Karsten