Dieser Artikel erscheint im Rahmen unserer Corona-Onlineausgabe.
Rund 3000 Lehramtsstudierende in Baden-Württemberg hatten sich für das erste Staatsexamen im April angemeldet. Die Pandemie machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. Am 17. März erhielten die Lehramtsstudierenden eine E-Mail des Kultusministeriums, dass „bis zum Ende der Prüfungsperiode alle lehramtsbezogenen Abschlussprüfungen im Rahmen des 1. Staatsexamens“ entfallen. Fünf Wochen später, am 24. April, wurden Hochschulen und Studierende gleichzeitig informiert, dass das Staatsexamen doch stattfinden soll, im verhältnismäßig unpräzisen Zeitraum vom 11. Mai bis zum 31. Juli. Die Studierenden hätten die Wahl, sich bis Ende April anzumelden oder den nächsten regulären Termin im Oktober wahrzunehmen. Der bislang obligatorische Prüfungsbeisitzer aus der Kultusverwaltung entfalle.
Viele der betroffenen Staatsexamenskandidaten zeigten sich mit dieser kurzfristig bekanntgegebenen Lösung nicht zufrieden. Organisiert über die Facebook-Gruppe „Option Durchschnittsexamen BW“ mit mittlerweile 842 Mitgliedern (Stand: 12. Juni) schrieben sie zwei offene Briefe an das Kultusministerium und starteten eine Petition „für die Option eines Durchschnittsexamens während der Corona-Krise.“ Die Studierenden bemängeln die Lösung des Ministeriums. Eine angemessene Prüfungsvorbereitung sei ihnen unter den momentanen Bedingungen – bei geschlossenen Bibliotheken, ohne Lerngruppen, ohne Kinderbetreuung – nur schwer bis gar nicht möglich. Auch sei der Prüfungszeitraum unklar definiert, und die Rückmeldefrist zu kurzfristig angesetzt gewesen. Dass bei den Prüfungen kein unabhängiger Beisitzer aus der Kultusverwaltung anwesend sein wird, könne zu ungerechten Prüfungen und der Benachteiligung von Studierenden bei der Benotung führen.
Die Studierenden fordern die Möglichkeit, ihre Durchschnittsnote an Stelle der mündlichen Prüfung anrechnen zu lassen.
Die Antwort der Kultusministerin Eisenmann auf die offenen Briefe fällt kurz aus. Am 8. Mai schrieb sie in einem Brief an die Studierenden, ihr sei es wichtig, „alle anstehenden Abschlussprüfungen so durchzuführen, dass sie am Ende jedem Vergleich mit den Vor- und Folgejahren standhalten können“, diese sollen weiterhin in dem oben erwähnten Zeitraum stattfinden, alles Weitere werde „hochschulintern“ geregelt.
Die Petition der Studierenden soll nun am 25. Juni im Landtag diskutiert werden. Die Durchschnittsnote sei keine angemessene Option, da die Prüfung laut Eisenmann eine nicht ersetzbare „Bewertung von fachwissenschaftlichen, fachdidaktischen und bildungswissenschaftlichen Kompetenzen“ sei. Schließlich fänden auch die Abiturprüfungen statt, eine Durchschnittsnote für die Studierenden sei somit „der Öffentlichkeit nur sehr schwer vermittelbar“.
Baden-Württemberg gehört zu den fünf Bundesländern, die das Staatsexamen für Lehramt überhaupt noch durchführen. In Hessen wurde bereits am 9. April die generelle Anrechnung der Durchschnittsnote beschlossen.
von Ruth Fuentes
Ruth Lang Fuentes studiert Mathematik. Sie schreibt seit dem SoSe 2020 für den ruprecht über politische Anliegen der Studierenden, sowie über Film und Kino in Heidelberg. Nebenbei schreibt sie einen Blog über Film und Feminismus, ein Thema, das sie auch im ruprecht mehr aufgreifen möchte. Seit dem WiSe 2020/21 leitet sie das Ressort Online.