Das MI6: Hoch entwickelt, bis in die Fingerspitzen ausgestattet und bereit, jedem Bösewicht das Handwerk zu legen. Und an vorderster Front: James Bond. Doch zum MI6 gehören nicht nur die taffen Agenten, sondern auch die fleißige Miss Moneypenny. Die Sekretärin, die den ganzen Schreibkram machen muss, Informationen verwaltet und recherchiert. Und bei dieser Tätigkeit stößt sie auf Pläne eines neuen Superschurken, der plant, die ganze Welt in Angst und Schrecken zu setzen. Clever wie sie ist, leitet sie dies direkt an die Exekutive weiter. Von nun an werden ein paar ausgewählte Agenten einem speziellen Training unterzogen, um die neue Gefahr direkt eliminieren zu können, bevor die Bevölkerung etwas davon mitbekommt. Und tatsächlich, als sich der Übeltäter zum ersten Mal zeigt, schlagen die Spezialisten des MI6 zu. Gefahr gebannt!
Gut, manchen war das jetzt vielleicht nicht aufregend genug. Die Handlung bestand hauptsächlich aus Schreibkram, trockener Analyse und Vorbereitung. Beim Kampf war der Verbrecher sofort unterlegen, in die Luft gesprengt wurde rein gar nichts.
Was uns beim Film stören mag, kommt uns im echten Leben allerdings sehr gelegen. Denn im Kino ist der Kampf um Leben und Tod unterhaltsamer als in einem Krankenhausbett.
Und deswegen brauchen wir Impfungen. Denn Impfungen sind der Papierkram und die Organisation rund um die Krankheit, die unser Körper dann abwehren kann, ohne einen Todeskampf zu führen.
Das Prinzip einer Impfung verfolgt immer denselben Ansatz. Der Körper soll dem Erreger in ungefährlicher Form gezielt ausgesetzt werden. Bekanntlich sind die meisten Hoffnungsträger gegen Covid-19 sogenannte mRNA-Impfstoffe. Doch wie funktionieren die eigentlich?
Bei der Verabreichung eines mRNA-Impstoffs erhält der Körper zunächst nur einem Bauplan, eben die mRNA. Anhand von diesem Bauplan erzeugt er nun selbst Proteine, also kleine Moleküle. Diese stehen stellvertretend für den Krankheitserreger – sie sind quasi ein Erkennungszeichen. Nach der Herstellung der fremden Proteine, erkennt die Zelle, dass etwas nicht in Ordnung ist und ein Selbstschutzmechanismus des Körpers wird in Gang gesetzt: die Proteine werden zersetzt, um sie unschädlich zu machen. Außerdem werden Fragmente der Proteine an die Zelloberfläche transportiert, um das Immunsystem auf die Zelle aufmerksam zu machen und sie als infiziert zu kennzeichnen.
Um die betroffene Zellen zu zerstören, bevor sie sich vermehren und die Infektion sich ausbreiten kann, bildet das Immunsystem Spezialisten aus, die diese Proteinfragmente erkennen sollen. Die Spezialisten suchen alle Zellen nach solchen Hinweisen ab und eliminieren betroffene Zellen. Auch nach getaner Arbeit bleiben ein paar dieser Spezialisten erhalten, obwohl die Gefahr vorerst gebannt scheint. Der Körper denkt gewissermaßen langfristig. Sollten nun Zellen mit dem Krankheitserreger infiziert sein, kann der Köper direkt handeln, bevor sich die Infektion verbreiten kann. Er ist immun.
Diese Immunität wird auch durch eine überstandene Infektion erreicht. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass Krankheitserreger Strategien haben, die Immunantwort zu unterdrücken, sich also tarnen können. Dadurch dauert es viel länger, eine Immunisierung zu erreichen, es ist kräftezehrend und gefährlich. Beim mRNA Impfstoff wird daher nicht der gesamte Bauplan injeziert sondern nur ein Erkennungszeichen, dass zwar fremd für den Körper ist und eine Immunantwort auslöst, aber alleine keinen Schaden anrichten kann.
Die Idee, mRNA als Impfung einzusetzen, stammt bereits aus den 90ern. Jedoch fehlte es an der Technologie, die den Bauplan der Proteine effizient und genau bestimmen konnte. Dies ist nun nicht mehr der Fall – zwischen den ersten Berichten über eine neuartige Lungenkrankheit aus China und der Identifizierung des gesamten Bauplans von Sars-CoV-2 lag nur ein Monat.
Nicht nur Infektionen führen dazu, dass Zellen ungewöhnliche Proteine an der Zelloberfläche zur Schau tragen. Auch Krebszellen zeigen dieses Verhalten. Daher forschen unter anderem auch BionTech an der Herstellung von mRNA Impstoffen für Krebspatienten. Dabei gibt es allerdings einige Herausforderungen: Krebszellen sind keine körperfremden Zellen und stellen deswegen auch nur körpereigene Proteine her. Ungewöhnlich an diesen Proteine ist dann oft nur eine einzelne Veränderung oder die Menge, in der sie hergestellt werden. Diese Erkennungszeichen sind außerdem von Krebsart zu Krebsart unterschiedlich- und teilweise auch von Patient zu Patient. Deswegen ist die Erkennung von Krebszellen für unser Immunsystem so schwierig und eine Therapie so schwierig.
Ähnlich verhält es sich bei der Impfung gegen Multiple Sklerose die in Versuchen an Mäusen erste Erfolge erzielt hat. Auch hier gelang eine einheitliche Identifizierung von Erkennungszeichen noch nicht, außerdem sind die Ausprägungen von MS sehr unterschiedlich. Dies erschwert die Herstellung einer Impfung zusätzlich.
All dies deutet daraufhin, dass nur durch personalisierte Medizin geeignete Therapien entwickelt werden können. Dafür muss jeder Patient individuell untersucht werden, um eine möglichst genaue Analyse der Krankheit zu erreichen.
Auch wenn die die Möglichkeiten zurzeit endlos scheinen, ist Zurückhaltung geboten. Klar scheint, dass es von nun an mehr mRNA-Impfstoffe geben wird. Sie bestechen durch Genauigkeit und Anpassungsfähigkeit, außerdem sind sie extrem schnell herzustellen. Auf welche Krankheiten sie aber tatsächlich anwendbar sind, muss erst noch untersucht werden. Daneben ist die Entwicklung noch recht teuer. Die Gefahr besteht, dass sich zunächst nur vermögende Patienten eine individualisierte Therapie werden leisten können.
Der Erfolg der Sars-CoV-2 Impfung ist auf jeden Fall beeindruckend und steht stellvertretend für die hervorragende Zusammenarbeit von Wissenschaftler*innen auf der ganzen Welt.
Von Zarah Janda
Zarah Janda studiert Molecular and Cellular Biology und ist seit dem Wintersemester 2020/21 beim ruprecht dabei. Am liebsten schreibt sie über Wissenschaft im Alltag.