Irgendwas mit „Herz“ sollte es sein, der Name der eigenen Vintage Marke. Dazu ein schlichtes, cooles Logodesign mit Wiedererkennungswert.
So, oder so ähnlich steht es im Vertriebskonzept, das sich die beiden Mannheimer Jungunternehmer Robert und Tim im Rahmen ihres Studiums erarbeitet haben. Genervt vom theoretischen Unialltag, entschieden sie sich dann kurzerhand das geplante Konzept in der Praxis auszuprobieren. Nun schmückt in großen schwarzen Buchstaben der Name „Heartlight Vintage“ die Website ihres neu gegründeten Onlinestores. Klassisch, causal, chic und ein wenig Bohemian soll der Stil ihrer Marke sein, mit der sie ihren Beitrag zur Slow-Fashion-Bewegung leisten wollen.
Seit ihrem Release am 1.11.2019 arbeiten die beiden auf Hochtouren, um ihren Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Eingeschlossen von 600 Vintage Kleidern dient ihre Studentenwohnung nun mehr denn je als ihr Arbeitsplatz. Eine feste Arbeitszeit haben sie dabei nicht. „Die Wochentage verschwimmen einfach ineinander, wir arbeiten meist auch das Wochenende durch“, erzählt der 22-jährige Robert aus Darmstadt. Nur ein Zeitlimit von 55 Arbeitsstunden pro Woche, das haben sie sich gesetzt, um auch einmal abschalten zu können.
Entsprechend flexibel folgt auch der Arbeitsalltag von Tim und Robert noch keiner wirklichen Routine. Morgens nach dem Frühstück schauen sie, was gerade ansteht und welches Problem am dringendsten gelöst werden muss.
Dabei haben sie schnell gemerkt, dass sich manche ihrer Ideen nicht so leicht in die Realität umsetzten lassen. „Manchmal muss man nicht nur um zwei, sondern auch um drei oder vier Ecken denken, aber mit ein wenig Ausprobieren kriegen wir es dann meistens hin“, berichtet der gleichaltrige Tim aus Landau und grinst Robert dabei zu.
Wie das Zwei-Mann Team ihre Arbeit organisiert
Ihr größtes Problem ist momentan das Zeitmanagement. „Unsere Arbeitsbereiche laufen aktuell noch sehr ineinander über, das müssen wir in der Zukunft unbedingt optimieren, um effektiver arbeiten zu können“, erklärt Robert. Als Hobbyfotograf ist er grundsätzlich für das Fotografieren der Produkte und das anschließende Bearbeiten der Bilder zuständig. Darüber hinaus ist er meist auch vor der Kamera auf den sozialen Medien zu sehen. Tim hingegen, den Robert lachend als „den Strukturierteren“ bezeichnet, übernimmt währenddessen das Beantworten von Mails und organisiert das Marketing. Den Rest der Arbeit erledigt das Zwei-Mann-Team gemeinsam. Dies kann sowohl aus dem Sortieren, Waschen und Steamen neuer eingetroffener Kleidung, oder dem Hochladen von Bildern auf ihre Website bestehen. Auch das Verpacken und Verschicken erledigen die beiden eigenhändig.
Den Großteil ihrer Zeit widmen sie jedoch der Suche nach neuen Produkten. „Das war am Anfang ungemein schwer. Man kann Großhändler für second-hand Kleidung leider nicht einfach so im Internet finden“, berichten die beiden. Erst durch Freunde und Bekannte haben sie die ersten Kontakte knüpfen können. Seitdem stecken sie jeden verdienten Cent in die Suche nach neuen Geschäftspartnern. Um sicherzustellen, dass die neuen Produkte auch zu ihrem Stil passen suchen sie jedes Teil einzeln heraus. Ein Videoanruf mit einem neuen Händler kann daher schon einmal bis zu sechs Stunden im Anspruch nehmen. Auf die Frage, ob all dies nicht ziemlich anstrengend sei lachen die beiden nur. „Klar, natürlich, aber es macht uns ja so viel Spaß“.
Trotz des befreienden Gefühls für jede ihrer geschäftlichen Entscheidungen selber verantwortlich zu sein, sind die beiden Jungunternehmer dann doch von Zeit zu Zeit überfordert. „Niemand sagt dir, welche Entscheidung richtig oder falsch ist oder was du tun und was du lieber lassen solltest“, bekennt Tim. Jedoch betont er, dass eine Ungewissheit nun mal zum Abenteuer mit dazu gehört.
Tims und Roberts Zukunftsvisionen
Die schönste Erfahrung der beiden war bis jetzt ihre letzte Rabattaktion vor Weihnachten. „Da ist es zum ersten Mal richtig gut gelaufen und man hatte das Gefühl, dass sich die ganze Arbeit gelohnt hat“, erinnert sich Robert. Für solche Momente nehmen die beiden auch die Durststrecken in Kauf, in der sie nichts verkaufen und der Zweifel an ihnen nagt. „Es gab schon hundert Punkte, an denen wir hätten aufgeben können. Aber wenn man an etwas glaubt, dann beißt man dafür auch mal die Zähne zusammen“, muntert Tim mit einem Lachen auf.
Ihr nächstes großes Ziel ist es einen Praktikanten als Verstärkung einzustellen, um nicht mehr jede Kleinigkeit selber erledigen zu müssen. In der Zukunft soll das System hinter „Heartlight Vintage“ auch ohne die beiden reibungslos funktionieren. Ihre dadurch gewonnene Zeit wollen Tim und Robert in Marketingaktionen stecken, um ihre Reichweite zu erhöhen. „Wir sehen viel Potential im Markt für Vintage Kleidung, man muss nur herausfinden wie man die größte Zahl an Kunden am effektivsten erreicht“. Zukünftig soll die Marke „Heartlight Vintage“ über die Grenze von Mannheim hinaus für ihre „individuelle Styles, Nachhaltigkeit und Qualität“ bekannt werden.
Von Lina Abraham
...hat während der Coronapandemie ihre Liebe zum Schreiben und zum ruprecht entdeckt und war bis zum Ende ihres Studiums in Heidelberg Teil der Redaktion. Sie leitete das Ressort „Seite 1-3“ und erlebte, wie der ruprecht im Jahr 2021 als beste Studierendenzeitung Deutschlands ausgezeichnet wurde. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihr eine Recherche über das Unternehmen „Heidelberg Materials“ und dessen Umgang mit Menschenrechten in Togo. Lina ist weiterhin journalistisch aktiv und schreibt für das Onlinemagazin Treffpunkteuropa. Zudem ist sie als Podcast Autorin beim BdV tätig und berichtet über Flucht und Vertreibung in Europa.