Annika* studiert Biologie an der Universität Heidelberg
Eine Fernbeziehung kann ich mir tatsächlich sehr gut vorstellen. Wenn es nicht anders möglich ist und die Gefühle füreinander da sind, dann sollte man dem doch nachgehen. Man würde sich sonst bestimmt in den Ar*** beißen, wenn man es nicht zumindest probiert. Durch die heutzutage zugänglichen Mittel wie Facetime, Zoom, Mail, WhatsApp und Telefon kann man längere Zeiten der räumlichen Trennung gut überbrücken. Außerdem schreibe ich gerne Briefe und versende sie. Das ist zwar etwas oldschool, aber man kann gut selbst reflektieren und der/die andere freut sich auch!
Meinen Freund habe ich auf einer seiner Partys, zu der ich von einer Freundin mitgenommen wurde, kennengelernt. Er war allerdings nur zu Besuch in der Heimat und ist direkt nach dem ersten Aufeinandertreffen für zwei Wochen zurück nach Österreich (700km), seinem momentanen Wohnort, gefahren. Als er danach wieder etwas länger in Heidelberg war, haben wir jede freie Minute miteinander verbracht. Es war von Anfang an klar, dass es nur als Fernbeziehung geht und daher war die Entscheidung nicht für eine Fernbeziehung, sondern eher füreinander.
Höhepunkte gibt es relativ viele. Denn die Male, die man sich sieht, sind ganz besonders und immer umgeben von der unglaublichen Freude, dass man sich endlich wieder sehen kann. Da man den „üblichen Alltag“ nicht miteinander teilt, kann man einfach die Zeit genießen, ohne Streitereien um alltägliche Themen. Jeder Moment ist etwas Besonderes und sehr intensiv. Das ist allerdings auch ein Nachteil, denn man kennt den Partner gar nicht unbedingt in seinem Alltag. Und da der Alltag die üblichen Wege, Verhaltensweisen, etc. einer Person ist, kann ich mir vorstellen, dass man somit doch einiges Wertvolles und Wichtiges (noch) nicht mitbekommt.
Als positive Aspekte nehme ich mit, dass man trotz Beziehung sehr viel Zeit für sich, seinen Freundeskreis und sein Studium hat. Außerdem, dass man den anderen, wenn man sich sieht, unglaublich schätzt und die gemeinsame Zeit sehr intensiv ist. Zudem lernt man auch viel über sich selbst, da man einen gewissen Spagat zwischen der Zeit mit und ohne Partner grätscht. Man lernt, wie schnell man sich an Situationen gewöhnt und wie die Entfernung auch mit der Zeit erträglicher wird.
Als negative Aspekte würde ich definitiv das konstante Gefühl des Vermissens des Partners sehen. Man ist auf eine merkwürdige und unterbewusste Art und Weise immer etwas sehnsüchtig. Allerdings ist es ja auch schön, wenn jemand so wichtig für einen ist, dass man eben diese Sehnsüchte hat. Ich merke selbst – die rosarote Brille ist wirklich sehr stark , vielleicht auch besonders dadurch, dass man sich seltener sieht und die unglaubliche Verliebtheit dadurch etwas länger aufrecht bleibt!
*Name und Studiengang von der Redaktion geändert
Zara studiert Arts and Sciences am University College London
Ich habe meinen damaligen Freund auf einer Party kennengelernt und wir haben beschlossen, uns näher kennenlernen zu wollen. Wir kamen uns näher, wohnten aber ziemlich weit voneinander entfernt. Letztendlich sind wir aber trotz der Entfernung eine Beziehung eingegangen.
Die Höhepunkte sind, dass man die Zeit, die man miteinander verbringt, wirklich schätzt, weil man sich nicht oft sieht. Das bedeutet, dass man unvergessliche Erfahrungen macht und sie mehr zu schätzen weiß. Die Tiefpunkte für mich waren, dass man sich einsam fühlen kann, weil man mehr Zeit mit der Person verbringen möchte und die Zweisamkeit durch die Distanz behindert wird. Ich könnte mir für meine zukünftige Beziehung keine Fernbeziehung mehr vorstellen, es sei denn, es wäre nur vorübergehend. Ich denke, dass mir die sogenannte Quality time zu wichtig ist.
Trotzdem konnte ich positive Erfahrungen sammeln. Ich habe in dieser Fernbeziehung gelernt, meinem Partner zu vertrauen, obwohl dieser so weit von mir entfernt war. Trotzdem hat es im Endeffekt leider nicht wirklich funktioniert. Für mich käme auch keine offene Beziehung in Frage. Ich glaube nicht, dass ich mehreren Menschen gleichzeitig die Liebe geben könnte, die sie verdienen. Das wäre mir zu viel Stress. Eine geschlossene Beziehung mit drei Menschen genauso wenig, da ich glaube, dass es viel Eifersucht geben würde. Ich glaube nicht, dass die Dynamik ausgeglichen wäre.
Cora studiert Grundschullehramt an der Universität Regensburg
Ich hätte Angst, eine Fernbeziehung einzugehen und dass durch die Distanz meine Beziehung zerstört wird. Ich bin mit meinem Freund seit viereinhalb Jahren zusammen. Als wir frisch zusammengekommen sind, war die Idee einer Fernbeziehung für mich sehr fern.
Für mich bedeutet in einer Partnerschaft sein, den Alltag gemeinsam zu verbringen. Ich brauche das, von meinem Freund abends in den Arm genommen und von ihm bei akuten Situationen seelisch unterstützt zu werden. Wenn mein Freund und ich aber dauerhaft in verschiedenen Orten leben würden, wäre das schwer für mich. Ich bin sehr dankbar dafür, dass mein Freund und ich uns dafür entschieden haben, in die gleiche Stadt zu ziehen.
Zwar leben wir nicht in derselben Wohnung, dennoch können wir uns oft sehen und uns Struktur, Hilfe, Nähe und die Liebe, die wir füreinander haben, schenken. Ich würde mich allein fühlen, wenn mein Partner nicht dauerhaft in meiner Nähe wäre. Mit der Zeit hätte ich zudem die Sorge, dass wir uns auseinanderleben. Körperliche Nähe in der Beziehung ist für mich existenziell – es geht gar nicht um Sexualität, sondern darum, dass man sich gegenseitig hat und Kraft schenkt.
Vivien Mirzai studiert Politikwissenschaften und Germanistik im Kulturvergleich seit dem Wintersemester 2019/20. Seit Oktober 2019 schreibt sie für den ruprecht über Wissenschaft, Internationales und Rassismus. Sie wechselt zum Wintersemester 2020 in die Ressortleitung Feuilleton.